Gemüths, daß es ein Mahl empfangene Eindrücke mit fast starrer Treue bewahrt. Jch kann durch- aus nicht wechseln mit Neigung und Abneigung, vielleicht mit daher, weil meine Neigung so ganz frei von aller Selbstsucht entsteht. Die Welt liebt und haßt nur nach eigenem Vortheil; sie ver- göttert, was ihr zu frommen scheint, verdammt, was ihr schädlich zu werden droht; und scheint sie auch ein Mahl für eine Jdee zu handeln, gewiß liegen hinter dieser Jdee, Wohlleben, Glanz und Putz, als Grundursachen derselben tief versteckt.
Ruhe, Wohlstand und Ordnung wurde im- mer mehr in Frankreich hergestellt und gesichert. Das Volk fühlte sich geehrt und glücklich; es wünschte sich den Schutzgott seines Glücks auf immer zu erhalten, und kam den Wünschen Na- poleons entgegen, welcher endlich den Kaisertitel annahm, und sich mit allem Glanze des Thrones umgab, wodurch er sich vielleicht einen siche- rern, Ehrfurcht gebietenden Standpunkt ge- gen das Ausland und seine Ränke zu geben glaubte. Gewiß hatte desselben rastlose Einwirkung
Erster Theil. [6]
Gemuͤths, daß es ein Mahl empfangene Eindruͤcke mit faſt ſtarrer Treue bewahrt. Jch kann durch- aus nicht wechſeln mit Neigung und Abneigung, vielleicht mit daher, weil meine Neigung ſo ganz frei von aller Selbſtſucht entſteht. Die Welt liebt und haßt nur nach eigenem Vortheil; ſie ver- goͤttert, was ihr zu frommen ſcheint, verdammt, was ihr ſchaͤdlich zu werden droht; und ſcheint ſie auch ein Mahl fuͤr eine Jdee zu handeln, gewiß liegen hinter dieſer Jdee, Wohlleben, Glanz und Putz, als Grundurſachen derſelben tief verſteckt.
Ruhe, Wohlſtand und Ordnung wurde im- mer mehr in Frankreich hergeſtellt und geſichert. Das Volk fuͤhlte ſich geehrt und gluͤcklich; es wuͤnſchte ſich den Schutzgott ſeines Gluͤcks auf immer zu erhalten, und kam den Wuͤnſchen Na- poleons entgegen, welcher endlich den Kaiſertitel annahm, und ſich mit allem Glanze des Thrones umgab, wodurch er ſich vielleicht einen ſiche- rern, Ehrfurcht gebietenden Standpunkt ge- gen das Ausland und ſeine Raͤnke zu geben glaubte. Gewiß hatte deſſelben raſtloſe Einwirkung
Erſter Theil. [6]
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Gemuͤths, daß es ein Mahl empfangene Eindruͤcke
mit faſt ſtarrer Treue bewahrt. Jch kann durch-
aus nicht wechſeln mit Neigung und Abneigung,
vielleicht mit daher, weil meine Neigung ſo
ganz frei von aller Selbſtſucht entſteht. Die Welt
liebt und haßt nur nach eigenem Vortheil; ſie ver-
goͤttert, was ihr zu frommen ſcheint, verdammt,
was ihr ſchaͤdlich zu werden droht; und ſcheint ſie
auch ein Mahl fuͤr eine Jdee zu handeln, gewiß
liegen hinter dieſer Jdee, Wohlleben, Glanz und
Putz, als Grundurſachen derſelben tief verſteckt.
Ruhe, Wohlſtand und Ordnung wurde im-
mer mehr in Frankreich hergeſtellt und geſichert.
Das Volk fuͤhlte ſich geehrt und gluͤcklich; es
wuͤnſchte ſich den Schutzgott ſeines Gluͤcks auf
immer zu erhalten, und kam den Wuͤnſchen Na-
poleons entgegen, welcher endlich den Kaiſertitel
annahm, und ſich mit allem Glanze des Thrones
umgab, wodurch er ſich vielleicht einen ſiche-
rern, Ehrfurcht gebietenden Standpunkt ge-
gen das Ausland und ſeine Raͤnke zu geben
glaubte. Gewiß hatte deſſelben raſtloſe Einwirkung
Erſter Theil. [6]
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Frölich, Henriette: Virginia oder die Kolonie von Kentucky. Bd. 1. Hrsg. v. Jerta. Berlin, 1820, S. 81. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/froelich_virginia01_1820/91>, abgerufen am 16.02.2025.
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