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Frölich, Henriette: Virginia oder die Kolonie von Kentucky. Bd. 1. Hrsg. v. Jerta. Berlin, 1820.

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und die Sitten waren einfach. Welch ein
Unterschied in Frankreich, wo Uebervölkerung,
Ueberbildung und Luxus die höchste Reibung
hervor bringen mußten. Amerika war durch Meere
gesichert, Frankreich rings von schelsüchtigen,
schlagfertigen Nachbarn umgeben, es bedurfte
eines Heldenarmes, zu seiner Aufrechthal-
tung. Aber dieser Führer durfte nicht dem
Wechsel unterworfen bleiben, wenn die innere
Ruhe nicht gefährdet werden sollte; er mußte
mit Glanz umgeben werden, weil leider Eitel-
keit, die Schoßsünde meines Volkes ist."

So weit der Pfarrer. Er ehrte vorzüglich
Napoleon, weil dieser die Religion schützte und
aufrecht hielt; auch meine Mutter nahm deß-
halb lebhaft seine Partei. Mein Vater ehrte
die Religion, und das höchste Wesen mit der
größten Jnnigkeit; er behauptete aber, jene be-
dürfe keines besonderen Schutzes, der herschende
Kultus sey nur das Kleid, nicht das Wesen der
Religion. Jch schwieg zu allen diesen Ver-
handlungen, aber meine Ueberzeugung war auf
Seiten des Pfarrers. Damahls hatte ich die
Geschichte Cäsars und seines Zeitalters flei-

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und die Sitten waren einfach. Welch ein
Unterſchied in Frankreich, wo Uebervoͤlkerung,
Ueberbildung und Luxus die hoͤchſte Reibung
hervor bringen mußten. Amerika war durch Meere
geſichert, Frankreich rings von ſchelſuͤchtigen,
ſchlagfertigen Nachbarn umgeben, es bedurfte
eines Heldenarmes, zu ſeiner Aufrechthal-
tung. Aber dieſer Fuͤhrer durfte nicht dem
Wechſel unterworfen bleiben, wenn die innere
Ruhe nicht gefaͤhrdet werden ſollte; er mußte
mit Glanz umgeben werden, weil leider Eitel-
keit, die Schoßſuͤnde meines Volkes iſt.‟

So weit der Pfarrer. Er ehrte vorzuͤglich
Napoleon, weil dieſer die Religion ſchuͤtzte und
aufrecht hielt; auch meine Mutter nahm deß-
halb lebhaft ſeine Partei. Mein Vater ehrte
die Religion, und das hoͤchſte Weſen mit der
groͤßten Jnnigkeit; er behauptete aber, jene be-
duͤrfe keines beſonderen Schutzes, der herſchende
Kultus ſey nur das Kleid, nicht das Weſen der
Religion. Jch ſchwieg zu allen dieſen Ver-
handlungen, aber meine Ueberzeugung war auf
Seiten des Pfarrers. Damahls hatte ich die
Geſchichte Caͤſars und ſeines Zeitalters flei-

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[83/0093] und die Sitten waren einfach. Welch ein Unterſchied in Frankreich, wo Uebervoͤlkerung, Ueberbildung und Luxus die hoͤchſte Reibung hervor bringen mußten. Amerika war durch Meere geſichert, Frankreich rings von ſchelſuͤchtigen, ſchlagfertigen Nachbarn umgeben, es bedurfte eines Heldenarmes, zu ſeiner Aufrechthal- tung. Aber dieſer Fuͤhrer durfte nicht dem Wechſel unterworfen bleiben, wenn die innere Ruhe nicht gefaͤhrdet werden ſollte; er mußte mit Glanz umgeben werden, weil leider Eitel- keit, die Schoßſuͤnde meines Volkes iſt.‟ So weit der Pfarrer. Er ehrte vorzuͤglich Napoleon, weil dieſer die Religion ſchuͤtzte und aufrecht hielt; auch meine Mutter nahm deß- halb lebhaft ſeine Partei. Mein Vater ehrte die Religion, und das hoͤchſte Weſen mit der groͤßten Jnnigkeit; er behauptete aber, jene be- duͤrfe keines beſonderen Schutzes, der herſchende Kultus ſey nur das Kleid, nicht das Weſen der Religion. Jch ſchwieg zu allen dieſen Ver- handlungen, aber meine Ueberzeugung war auf Seiten des Pfarrers. Damahls hatte ich die Geſchichte Caͤſars und ſeines Zeitalters flei- *

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Zitationshilfe: Frölich, Henriette: Virginia oder die Kolonie von Kentucky. Bd. 1. Hrsg. v. Jerta. Berlin, 1820, S. 83. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/froelich_virginia01_1820/93>, abgerufen am 24.11.2024.