nig um die Ankömmlinge, sondern waren be- schäftigt die Anker zu lichten, und die Segel bei zu setzen, um mit dem eben umsetzenden Winde in See zu gehen. Der Mond war auf- gegangen, und erhellte wechselnd den wolkigen Himmel; die Freunde waren auf dem Verdeck, und betrachteten das eilende Gewölk. Da blitzte in Pinelli's Seele ein Gedanke an Rettung auf. Unvermerkt ergriff er ein da liegendes Tau, schlang es um seinen Freund, und stürzte sich muthig mit ihm über Bord. Die Wellen schlu- gen hoch auf, der kühne Schwimmer arbeitete sich jedoch mächtig empor, und zog den Gefähr- ten mit sich, welcher sich bald begriff, und eben- falls seine Kräfte anstrengte, ihm zu folgen. Gewölk verdunkelte den Mond, und man ward die Schwimmer vom Schiffe aus nicht gewahr. Sie nahmen ihre Richtung den absegelnde Fre- gatten zu, welche sie auch bald erreichten, und von welchen sie, bei einem aufblitzenden Licht- strahle, bemerkt wurden. Man warf ihnen ein Tau zu, und brachte sie glücklich an Bord. Hier ga- ben sie Kunde von ihrem Schicksal, und von der fal- schen Flagge des Engländers, ihre Rettung war
nig um die Ankoͤmmlinge, ſondern waren be- ſchaͤftigt die Anker zu lichten, und die Segel bei zu ſetzen, um mit dem eben umſetzenden Winde in See zu gehen. Der Mond war auf- gegangen, und erhellte wechſelnd den wolkigen Himmel; die Freunde waren auf dem Verdeck, und betrachteten das eilende Gewoͤlk. Da blitzte in Pinelli’s Seele ein Gedanke an Rettung auf. Unvermerkt ergriff er ein da liegendes Tau, ſchlang es um ſeinen Freund, und ſtuͤrzte ſich muthig mit ihm uͤber Bord. Die Wellen ſchlu- gen hoch auf, der kuͤhne Schwimmer arbeitete ſich jedoch maͤchtig empor, und zog den Gefaͤhr- ten mit ſich, welcher ſich bald begriff, und eben- falls ſeine Kraͤfte anſtrengte, ihm zu folgen. Gewoͤlk verdunkelte den Mond, und man ward die Schwimmer vom Schiffe aus nicht gewahr. Sie nahmen ihre Richtung den abſegelnde Fre- gatten zu, welche ſie auch bald erreichten, und von welchen ſie, bei einem aufblitzenden Licht- ſtrahle, bemerkt wurden. Man warf ihnen ein Tau zu, und brachte ſie gluͤcklich an Bord. Hier ga- ben ſie Kunde von ihrem Schickſal, und von der fal- ſchen Flagge des Englaͤnders, ihre Rettung war
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0070"n="60"/>
nig um die Ankoͤmmlinge, ſondern waren be-<lb/>ſchaͤftigt die Anker zu lichten, und die Segel<lb/>
bei zu ſetzen, um mit dem eben umſetzenden<lb/>
Winde in See zu gehen. Der Mond war auf-<lb/>
gegangen, und erhellte wechſelnd den wolkigen<lb/>
Himmel; die Freunde waren auf dem Verdeck,<lb/>
und betrachteten das eilende Gewoͤlk. Da blitzte<lb/>
in Pinelli’s Seele ein Gedanke an Rettung auf.<lb/>
Unvermerkt ergriff er ein da liegendes Tau,<lb/>ſchlang es um ſeinen Freund, und ſtuͤrzte ſich<lb/>
muthig mit ihm uͤber Bord. Die Wellen ſchlu-<lb/>
gen hoch auf, der kuͤhne Schwimmer arbeitete<lb/>ſich jedoch maͤchtig empor, und zog den Gefaͤhr-<lb/>
ten mit ſich, welcher ſich bald begriff, und eben-<lb/>
falls ſeine Kraͤfte anſtrengte, ihm zu folgen.<lb/>
Gewoͤlk verdunkelte den Mond, und man ward<lb/>
die Schwimmer vom Schiffe aus nicht gewahr.<lb/>
Sie nahmen ihre Richtung den abſegelnde Fre-<lb/>
gatten zu, welche ſie auch bald erreichten, und<lb/>
von welchen ſie, bei einem aufblitzenden Licht-<lb/>ſtrahle, bemerkt wurden. Man warf ihnen ein<lb/>
Tau zu, und brachte ſie gluͤcklich an Bord. Hier ga-<lb/>
ben ſie Kunde von ihrem Schickſal, und von der fal-<lb/>ſchen Flagge des Englaͤnders, ihre Rettung war<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[60/0070]
nig um die Ankoͤmmlinge, ſondern waren be-
ſchaͤftigt die Anker zu lichten, und die Segel
bei zu ſetzen, um mit dem eben umſetzenden
Winde in See zu gehen. Der Mond war auf-
gegangen, und erhellte wechſelnd den wolkigen
Himmel; die Freunde waren auf dem Verdeck,
und betrachteten das eilende Gewoͤlk. Da blitzte
in Pinelli’s Seele ein Gedanke an Rettung auf.
Unvermerkt ergriff er ein da liegendes Tau,
ſchlang es um ſeinen Freund, und ſtuͤrzte ſich
muthig mit ihm uͤber Bord. Die Wellen ſchlu-
gen hoch auf, der kuͤhne Schwimmer arbeitete
ſich jedoch maͤchtig empor, und zog den Gefaͤhr-
ten mit ſich, welcher ſich bald begriff, und eben-
falls ſeine Kraͤfte anſtrengte, ihm zu folgen.
Gewoͤlk verdunkelte den Mond, und man ward
die Schwimmer vom Schiffe aus nicht gewahr.
Sie nahmen ihre Richtung den abſegelnde Fre-
gatten zu, welche ſie auch bald erreichten, und
von welchen ſie, bei einem aufblitzenden Licht-
ſtrahle, bemerkt wurden. Man warf ihnen ein
Tau zu, und brachte ſie gluͤcklich an Bord. Hier ga-
ben ſie Kunde von ihrem Schickſal, und von der fal-
ſchen Flagge des Englaͤnders, ihre Rettung war
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Frölich, Henriette: Virginia oder die Kolonie von Kentucky. Bd. 2. Hrsg. v. Jerta. Berlin, 1820, S. 60. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/froelich_virginia02_1820/70>, abgerufen am 29.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.