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Gall, Franz Joseph: Philosophisch-medizinische Untersuchungen über Natur und Kunst im kranken und gesunden Zustand des Menschen. Wien, 1791.

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Juny 1789. bekam sie ein, die ersten Tage meinem
Urtheile nach, nicht gefährliches Gallfieber. Aber bald
gesellte sich eine große Angst und Kleinmüthigkeit da-
zu, welches ich aber ihrem Karakter zuschrieb. Sie be-
kam gelinde, säuerlichte Abführungen. Den 5ten Tag
war die Zunge trocken, und bis daher alle Nächte
schlaflos. Ich verordnete eine Abkochung der Rinde
etc. Als sie sich den sechsten Tag besser befand,
griff ich wieder zu den auflösenden, gelind abführen-
den Mitteln. Aber den siebenten Tag auf den Abend
kam ein heftiger Anfall mit Zuckungen, allgemeinem
Zittern des Leibes und der Gliedmassen, Sehnenhüp-
fen, Uebelhörigkeit mit heftigen Kopf- und Ohren-
schmerzen, rothen Augen, immerwährendem Drang,
aufrecht zn sitzen, Irreseyn, unbeschreibliche Bangig-
keit und Verzweiflung an der Möglichkeit einer Wie-
dergenesung. Ich berathschlagte mit noch zwey Arzten,
und es wurde wieder die Kina mit Kampfer ohne auf-
lösende und abführende Mittel gegeben. Den achten
und neunten hatte sich alles sehr gebessert. Aber man
ließ sich wieder von den täuschenden Zufällen eines
gallichten Faulfiebers täuschen. Man setzte, kraft ei-
ner neuen Berathschlagung, gegen all mein Bestreben,
die Rinde aus, und fuhr wieder mit den Tamarin-
den fort; nebstbey gab man ein Gerstenwasser mit ei-
nigen Tropfen Schwefelgeist und Kampferpulver. Den
dreyzehnten Tag starb sie sitzend sehr langsam, ihren
Geberden nach mit Bewustseyn, und unter schreck-
lichen Aengsten mit den Zufällen einer Verwerfung
nach dem Herzbeutel. Ich fand den Herzbeutel strot-

zend

Juny 1789. bekam ſie ein, die erſten Tage meinem
Urtheile nach, nicht gefaͤhrliches Gallfieber. Aber bald
geſellte ſich eine große Angſt und Kleinmuͤthigkeit da-
zu, welches ich aber ihrem Karakter zuſchrieb. Sie be-
kam gelinde, ſaͤuerlichte Abfuͤhrungen. Den 5ten Tag
war die Zunge trocken, und bis daher alle Naͤchte
ſchlaflos. Ich verordnete eine Abkochung der Rinde
ꝛc. Als ſie ſich den ſechſten Tag beſſer befand,
griff ich wieder zu den aufloͤſenden, gelind abfuͤhren-
den Mitteln. Aber den ſiebenten Tag auf den Abend
kam ein heftiger Anfall mit Zuckungen, allgemeinem
Zittern des Leibes und der Gliedmaſſen, Sehnenhuͤp-
fen, Uebelhoͤrigkeit mit heftigen Kopf- und Ohren-
ſchmerzen, rothen Augen, immerwaͤhrendem Drang,
aufrecht zn ſitzen, Irreſeyn, unbeſchreibliche Bangig-
keit und Verzweiflung an der Moͤglichkeit einer Wie-
dergeneſung. Ich berathſchlagte mit noch zwey Arzten,
und es wurde wieder die Kina mit Kampfer ohne auf-
loͤſende und abfuͤhrende Mittel gegeben. Den achten
und neunten hatte ſich alles ſehr gebeſſert. Aber man
ließ ſich wieder von den taͤuſchenden Zufaͤllen eines
gallichten Faulfiebers taͤuſchen. Man ſetzte, kraft ei-
ner neuen Berathſchlagung, gegen all mein Beſtreben,
die Rinde aus, und fuhr wieder mit den Tamarin-
den fort; nebſtbey gab man ein Gerſtenwaſſer mit ei-
nigen Tropfen Schwefelgeiſt und Kampferpulver. Den
dreyzehnten Tag ſtarb ſie ſitzend ſehr langſam, ihren
Geberden nach mit Bewuſtſeyn, und unter ſchreck-
lichen Aengſten mit den Zufaͤllen einer Verwerfung
nach dem Herzbeutel. Ich fand den Herzbeutel ſtrot-

zend
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[328/0347] Juny 1789. bekam ſie ein, die erſten Tage meinem Urtheile nach, nicht gefaͤhrliches Gallfieber. Aber bald geſellte ſich eine große Angſt und Kleinmuͤthigkeit da- zu, welches ich aber ihrem Karakter zuſchrieb. Sie be- kam gelinde, ſaͤuerlichte Abfuͤhrungen. Den 5ten Tag war die Zunge trocken, und bis daher alle Naͤchte ſchlaflos. Ich verordnete eine Abkochung der Rinde ꝛc. Als ſie ſich den ſechſten Tag beſſer befand, griff ich wieder zu den aufloͤſenden, gelind abfuͤhren- den Mitteln. Aber den ſiebenten Tag auf den Abend kam ein heftiger Anfall mit Zuckungen, allgemeinem Zittern des Leibes und der Gliedmaſſen, Sehnenhuͤp- fen, Uebelhoͤrigkeit mit heftigen Kopf- und Ohren- ſchmerzen, rothen Augen, immerwaͤhrendem Drang, aufrecht zn ſitzen, Irreſeyn, unbeſchreibliche Bangig- keit und Verzweiflung an der Moͤglichkeit einer Wie- dergeneſung. Ich berathſchlagte mit noch zwey Arzten, und es wurde wieder die Kina mit Kampfer ohne auf- loͤſende und abfuͤhrende Mittel gegeben. Den achten und neunten hatte ſich alles ſehr gebeſſert. Aber man ließ ſich wieder von den taͤuſchenden Zufaͤllen eines gallichten Faulfiebers taͤuſchen. Man ſetzte, kraft ei- ner neuen Berathſchlagung, gegen all mein Beſtreben, die Rinde aus, und fuhr wieder mit den Tamarin- den fort; nebſtbey gab man ein Gerſtenwaſſer mit ei- nigen Tropfen Schwefelgeiſt und Kampferpulver. Den dreyzehnten Tag ſtarb ſie ſitzend ſehr langſam, ihren Geberden nach mit Bewuſtſeyn, und unter ſchreck- lichen Aengſten mit den Zufaͤllen einer Verwerfung nach dem Herzbeutel. Ich fand den Herzbeutel ſtrot- zend

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Zitationshilfe: Gall, Franz Joseph: Philosophisch-medizinische Untersuchungen über Natur und Kunst im kranken und gesunden Zustand des Menschen. Wien, 1791, S. 328. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gall_untersuchungen_1791/347>, abgerufen am 22.11.2024.