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Gall, Franz Joseph: Philosophisch-medizinische Untersuchungen über Natur und Kunst im kranken und gesunden Zustand des Menschen. Wien, 1791.

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zend voll Wasser; die Gefäße des Gehirns sehr vom
Blut angefüllt; alle Eingeweide weich, schlapp, mürb,
nirgendwo geronnenes Blut.

Um die nämliche Zeit erkrankte Franz B ***
ein acht und vierzig jähriger Mann auf die nämliche
Art, nur daß alle Zufälle vom ersten Anfange an,
viel heftiger waren. Dieser war von Kindheit auf
ungesund; hatte seine Leibesbeschaffenheit durch jugend-
liche Ausschweifungen gewaltthätig verdorben. Die
geringste zufällige Verwundung, mit einer Nadel z.
B. verursachte ihm hartnäckige, schlimme Geschwü-
re. Schon viermal hatte er theils regelmäßige, theils
unregelmäßige Anfälle eines viertägigen Fiebers, wel-
ches zwar jedesmal sorgfältig, aber höchst unweislich
ersticket wurde. Nebstbey war er gichtischen Schmer-
zen, und dem ganzen Heere der hypochondrischen Be-
schwerden unterworfen; seit einigen Jahren hatten
ihn sehr verdrüßliche Gemüthsangelegenheiten stark
hergenommen. Schon der Anfall seiner Krank-
heit war mit einer ihm unbeschreiblich grossen Angst
verbunden. Da noch an einem andern Orte die Re-
de davon seyn wird, so begnüge ich mich hier zu sa-
gen, daß ich die Heilart mehr nach meinem Sinne ein-
richtete, als bey der vorigen Kranken. Er bekam
Wein, Kampfer und die Rinde; aber auch nebenher
immerfort das Tamarindenmark; fünfmal äusserten
sich an den richtigen Tagen, den 11, 17. u. s. w
Zeichen der Kochung -- Jedesmal verschwanden bey-
nahe alle gefährlichen Zufälle; und fünfmal war er

nach

zend voll Waſſer; die Gefaͤße des Gehirns ſehr vom
Blut angefuͤllt; alle Eingeweide weich, ſchlapp, muͤrb,
nirgendwo geronnenes Blut.

Um die naͤmliche Zeit erkrankte Franz B ***
ein acht und vierzig jaͤhriger Mann auf die naͤmliche
Art, nur daß alle Zufaͤlle vom erſten Anfange an,
viel heftiger waren. Dieſer war von Kindheit auf
ungeſund; hatte ſeine Leibesbeſchaffenheit durch jugend-
liche Ausſchweifungen gewaltthaͤtig verdorben. Die
geringſte zufaͤllige Verwundung, mit einer Nadel z.
B. verurſachte ihm hartnaͤckige, ſchlimme Geſchwuͤ-
re. Schon viermal hatte er theils regelmaͤßige, theils
unregelmaͤßige Anfaͤlle eines viertaͤgigen Fiebers, wel-
ches zwar jedesmal ſorgfaͤltig, aber hoͤchſt unweiſlich
erſticket wurde. Nebſtbey war er gichtiſchen Schmer-
zen, und dem ganzen Heere der hypochondriſchen Be-
ſchwerden unterworfen; ſeit einigen Jahren hatten
ihn ſehr verdruͤßliche Gemuͤthsangelegenheiten ſtark
hergenommen. Schon der Anfall ſeiner Krank-
heit war mit einer ihm unbeſchreiblich groſſen Angſt
verbunden. Da noch an einem andern Orte die Re-
de davon ſeyn wird, ſo begnuͤge ich mich hier zu ſa-
gen, daß ich die Heilart mehr nach meinem Sinne ein-
richtete, als bey der vorigen Kranken. Er bekam
Wein, Kampfer und die Rinde; aber auch nebenher
immerfort das Tamarindenmark; fuͤnfmal aͤuſſerten
ſich an den richtigen Tagen, den 11, 17. u. ſ. w
Zeichen der Kochung — Jedesmal verſchwanden bey-
nahe alle gefaͤhrlichen Zufaͤlle; und fuͤnfmal war er

nach
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[329/0348] zend voll Waſſer; die Gefaͤße des Gehirns ſehr vom Blut angefuͤllt; alle Eingeweide weich, ſchlapp, muͤrb, nirgendwo geronnenes Blut. Um die naͤmliche Zeit erkrankte Franz B *** ein acht und vierzig jaͤhriger Mann auf die naͤmliche Art, nur daß alle Zufaͤlle vom erſten Anfange an, viel heftiger waren. Dieſer war von Kindheit auf ungeſund; hatte ſeine Leibesbeſchaffenheit durch jugend- liche Ausſchweifungen gewaltthaͤtig verdorben. Die geringſte zufaͤllige Verwundung, mit einer Nadel z. B. verurſachte ihm hartnaͤckige, ſchlimme Geſchwuͤ- re. Schon viermal hatte er theils regelmaͤßige, theils unregelmaͤßige Anfaͤlle eines viertaͤgigen Fiebers, wel- ches zwar jedesmal ſorgfaͤltig, aber hoͤchſt unweiſlich erſticket wurde. Nebſtbey war er gichtiſchen Schmer- zen, und dem ganzen Heere der hypochondriſchen Be- ſchwerden unterworfen; ſeit einigen Jahren hatten ihn ſehr verdruͤßliche Gemuͤthsangelegenheiten ſtark hergenommen. Schon der Anfall ſeiner Krank- heit war mit einer ihm unbeſchreiblich groſſen Angſt verbunden. Da noch an einem andern Orte die Re- de davon ſeyn wird, ſo begnuͤge ich mich hier zu ſa- gen, daß ich die Heilart mehr nach meinem Sinne ein- richtete, als bey der vorigen Kranken. Er bekam Wein, Kampfer und die Rinde; aber auch nebenher immerfort das Tamarindenmark; fuͤnfmal aͤuſſerten ſich an den richtigen Tagen, den 11, 17. u. ſ. w Zeichen der Kochung — Jedesmal verſchwanden bey- nahe alle gefaͤhrlichen Zufaͤlle; und fuͤnfmal war er nach

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Zitationshilfe: Gall, Franz Joseph: Philosophisch-medizinische Untersuchungen über Natur und Kunst im kranken und gesunden Zustand des Menschen. Wien, 1791, S. 329. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gall_untersuchungen_1791/348>, abgerufen am 22.11.2024.