Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gall, Franz Joseph: Philosophisch-medizinische Untersuchungen über Natur und Kunst im kranken und gesunden Zustand des Menschen. Wien, 1791.

Bild:
<< vorherige Seite

Einige Tage später wurde eine andere, ebenfalls
dicke Frau, welche von langwierigem Kummer und
häuslichen Kränkungen sehr hergenommen war, ge-
nau von den nämlichen Zufällen befallen. Sie war
innerhalb zwey Tagen so kraftlos, daß sie den Kopf
nimmer aufrecht halten konnte. Ich ergriff gleich bit-
tere stärkende Mittel, und Wein. Nach vier Tagen
konnte sie wieder das Bett verlassen.

Eben dieses hat Herz beobachtet.*) In den
Monaten April, May, Juny etc. 1787. herrschten sehr
viele einfache Tertianfieber. Es gab auch hie und da
gutartige Unreinigkeitskrankheiten. Schleimstoff der
ersten Weege war der Zunder sowohl der Wechselfie-
ber als der nachlassenden Fieber mit alltäglichen Ver-
schlimmerungen. Jünglinge, und andere starke Leute
wurden mit auflösenden Mitteln, Erbrechen und Pur-
giren geheilt. Schwächliche aber, besonders Frauen-
zimmer, und jene, welche durch viele Sorgen, Wa-
chen, Gram oder andere anhaltende Gemüthsbewe-
gungen geschwächt waren, genasen nicht so leicht. Die im
Anfange ordentlichen Wechselfieber übergiengen entweder
in Nervenfieber; oder aber sie erschienen nicht einmal in
der Gestalt der nachlassenden oder Wechselfieber; sondern
hatten gleich unordentliche Anfälle, und zeigten sich
deutlich als Nervenfieber. Obschon sie durch Auslee-
rungen von den schleimichten Unreinigkeiten gereinigt
worden waren, so hatten sie doch keine Erleichterung;
sie blieben eben so matt, hatten eben die unstete Hitze

und
*) De febri nervosa p. 108.

Einige Tage ſpaͤter wurde eine andere, ebenfalls
dicke Frau, welche von langwierigem Kummer und
haͤuslichen Kraͤnkungen ſehr hergenommen war, ge-
nau von den naͤmlichen Zufaͤllen befallen. Sie war
innerhalb zwey Tagen ſo kraftlos, daß ſie den Kopf
nimmer aufrecht halten konnte. Ich ergriff gleich bit-
tere ſtaͤrkende Mittel, und Wein. Nach vier Tagen
konnte ſie wieder das Bett verlaſſen.

Eben dieſes hat Herz beobachtet.*) In den
Monaten April, May, Juny ꝛc. 1787. herrſchten ſehr
viele einfache Tertianfieber. Es gab auch hie und da
gutartige Unreinigkeitskrankheiten. Schleimſtoff der
erſten Weege war der Zunder ſowohl der Wechſelfie-
ber als der nachlaſſenden Fieber mit alltaͤglichen Ver-
ſchlimmerungen. Juͤnglinge, und andere ſtarke Leute
wurden mit aufloͤſenden Mitteln, Erbrechen und Pur-
giren geheilt. Schwaͤchliche aber, beſonders Frauen-
zimmer, und jene, welche durch viele Sorgen, Wa-
chen, Gram oder andere anhaltende Gemuͤthsbewe-
gungen geſchwaͤcht waren, genaſen nicht ſo leicht. Die im
Anfange ordentlichen Wechſelfieber uͤbergiengen entweder
in Nervenfieber; oder aber ſie erſchienen nicht einmal in
der Geſtalt der nachlaſſenden oder Wechſelfieber; ſondern
hatten gleich unordentliche Anfaͤlle, und zeigten ſich
deutlich als Nervenfieber. Obſchon ſie durch Auslee-
rungen von den ſchleimichten Unreinigkeiten gereinigt
worden waren, ſo hatten ſie doch keine Erleichterung;
ſie blieben eben ſo matt, hatten eben die unſtete Hitze

und
*) De febri nervoſa p. 108.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <pb facs="#f0375" n="356"/>
              <p>Einige Tage &#x017F;pa&#x0364;ter wurde eine andere, ebenfalls<lb/>
dicke Frau, welche von langwierigem Kummer und<lb/>
ha&#x0364;uslichen Kra&#x0364;nkungen &#x017F;ehr hergenommen war, ge-<lb/>
nau von den na&#x0364;mlichen Zufa&#x0364;llen befallen. Sie war<lb/>
innerhalb zwey Tagen &#x017F;o kraftlos, daß &#x017F;ie den <choice><sic>Kop&#x017F;</sic><corr>Kopf</corr></choice><lb/>
nimmer aufrecht halten konnte. Ich ergriff gleich bit-<lb/>
tere &#x017F;ta&#x0364;rkende Mittel, und Wein. Nach vier Tagen<lb/>
konnte &#x017F;ie wieder das Bett verla&#x017F;&#x017F;en.</p><lb/>
              <p>Eben die&#x017F;es hat <hi rendition="#fr">Herz</hi> beobachtet.<note place="foot" n="*)"><hi rendition="#aq">De febri nervo&#x017F;a p.</hi> 108.</note> In den<lb/>
Monaten April, May, Juny &#xA75B;c. 1787. herr&#x017F;chten &#x017F;ehr<lb/>
viele einfache Tertianfieber. Es gab auch hie und da<lb/>
gutartige Unreinigkeitskrankheiten. Schleim&#x017F;toff der<lb/>
er&#x017F;ten Weege war der Zunder &#x017F;owohl der Wech&#x017F;elfie-<lb/>
ber als der nachla&#x017F;&#x017F;enden Fieber mit allta&#x0364;glichen Ver-<lb/>
&#x017F;chlimmerungen. Ju&#x0364;nglinge, und andere &#x017F;tarke Leute<lb/>
wurden mit auflo&#x0364;&#x017F;enden Mitteln, Erbrechen und Pur-<lb/>
giren geheilt. Schwa&#x0364;chliche aber, be&#x017F;onders Frauen-<lb/>
zimmer, und jene, welche durch viele Sorgen, Wa-<lb/>
chen, Gram oder andere anhaltende Gemu&#x0364;thsbewe-<lb/>
gungen ge&#x017F;chwa&#x0364;cht waren, gena&#x017F;en nicht &#x017F;o leicht. Die im<lb/>
Anfange ordentlichen Wech&#x017F;elfieber u&#x0364;bergiengen entweder<lb/>
in Nervenfieber; oder aber &#x017F;ie er&#x017F;chienen nicht einmal in<lb/>
der Ge&#x017F;talt der nachla&#x017F;&#x017F;enden oder Wech&#x017F;elfieber; &#x017F;ondern<lb/>
hatten gleich unordentliche Anfa&#x0364;lle, und zeigten &#x017F;ich<lb/>
deutlich als Nervenfieber. Ob&#x017F;chon &#x017F;ie durch Auslee-<lb/>
rungen von den &#x017F;chleimichten Unreinigkeiten gereinigt<lb/>
worden waren, &#x017F;o hatten &#x017F;ie doch keine Erleichterung;<lb/>
&#x017F;ie blieben eben &#x017F;o matt, hatten eben die un&#x017F;tete Hitze<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">und</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[356/0375] Einige Tage ſpaͤter wurde eine andere, ebenfalls dicke Frau, welche von langwierigem Kummer und haͤuslichen Kraͤnkungen ſehr hergenommen war, ge- nau von den naͤmlichen Zufaͤllen befallen. Sie war innerhalb zwey Tagen ſo kraftlos, daß ſie den Kopf nimmer aufrecht halten konnte. Ich ergriff gleich bit- tere ſtaͤrkende Mittel, und Wein. Nach vier Tagen konnte ſie wieder das Bett verlaſſen. Eben dieſes hat Herz beobachtet. *) In den Monaten April, May, Juny ꝛc. 1787. herrſchten ſehr viele einfache Tertianfieber. Es gab auch hie und da gutartige Unreinigkeitskrankheiten. Schleimſtoff der erſten Weege war der Zunder ſowohl der Wechſelfie- ber als der nachlaſſenden Fieber mit alltaͤglichen Ver- ſchlimmerungen. Juͤnglinge, und andere ſtarke Leute wurden mit aufloͤſenden Mitteln, Erbrechen und Pur- giren geheilt. Schwaͤchliche aber, beſonders Frauen- zimmer, und jene, welche durch viele Sorgen, Wa- chen, Gram oder andere anhaltende Gemuͤthsbewe- gungen geſchwaͤcht waren, genaſen nicht ſo leicht. Die im Anfange ordentlichen Wechſelfieber uͤbergiengen entweder in Nervenfieber; oder aber ſie erſchienen nicht einmal in der Geſtalt der nachlaſſenden oder Wechſelfieber; ſondern hatten gleich unordentliche Anfaͤlle, und zeigten ſich deutlich als Nervenfieber. Obſchon ſie durch Auslee- rungen von den ſchleimichten Unreinigkeiten gereinigt worden waren, ſo hatten ſie doch keine Erleichterung; ſie blieben eben ſo matt, hatten eben die unſtete Hitze und *) De febri nervoſa p. 108.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Der erste Band von Franz Joseph Galls "Philosophi… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gall_untersuchungen_1791
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gall_untersuchungen_1791/375
Zitationshilfe: Gall, Franz Joseph: Philosophisch-medizinische Untersuchungen über Natur und Kunst im kranken und gesunden Zustand des Menschen. Wien, 1791, S. 356. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gall_untersuchungen_1791/375>, abgerufen am 24.11.2024.