einer Krankheit oder bey der Wiederherstellung ein- findet. Die Fieber im Sommer und in heißen Län- dern, die heftigen Gallfieber sind meistens mit dieser Aufwallung der Säfte verbunden.
Bey schwächlichen Leuten äußern sich immer- während Zeichen dieser Vollblütigkeit; so arm sie im Grunde an guten Säften sind, so scheinen doch alle ihre Gefäße bey einem geringen Krampfe, einer geringen Ermüdung, oder Gemüthsbewegung zu stro- zen. Nach Tische z. B. besonders wenn die Verdau- ung mühsam von statten geht, schwellen die Adern an den Händen und im Gesichte auf; das Gesicht wird roth und sie empfinden eine lästige Wärme. Wo ei- ne Schärfe obwaltet, ist nebst dem, daß die Ge- sichtsfarbe hochroth ist, der Puls geschwinder und völler, manchmal auch härter, als in der wahren Voll- blütigkeit, wo er unterdrückt ist.
Die Wirkungen in Rücksicht der Entkräftung sind, in sofern die Gefäße gewaltsam ausgedehnt, die Nerven und das Hirn gedruckt werden, die näm- lichen; aber in so fern noch eine andere mehr oder weniger nachtheilige Ursache mitwirkt, können sie un- endlich verschieden und schlimmer seyn.
Man bedient sich zwar in vielen Fällen auch der Aderläße. Allein außer dem Falle, wo eine wah- re Vollblütigkeit mit dieser falschen zusammen trifft, sind sie zuverläßig jedesmal höchst nachtheilig. Ich kann mich hierüber nicht umständlich einlassen; die Natur des Uebels zeigt deutlich genug, daß die Ent- leerungen einer Feuchtigkeit, welche nur deßwegen
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Gall I. Band H h
einer Krankheit oder bey der Wiederherſtellung ein- findet. Die Fieber im Sommer und in heißen Laͤn- dern, die heftigen Gallfieber ſind meiſtens mit dieſer Aufwallung der Saͤfte verbunden.
Bey ſchwaͤchlichen Leuten aͤußern ſich immer- waͤhrend Zeichen dieſer Vollbluͤtigkeit; ſo arm ſie im Grunde an guten Saͤften ſind, ſo ſcheinen doch alle ihre Gefaͤße bey einem geringen Krampfe, einer geringen Ermuͤdung, oder Gemuͤthsbewegung zu ſtro- zen. Nach Tiſche z. B. beſonders wenn die Verdau- ung muͤhſam von ſtatten geht, ſchwellen die Adern an den Haͤnden und im Geſichte auf; das Geſicht wird roth und ſie empfinden eine laͤſtige Waͤrme. Wo ei- ne Schaͤrfe obwaltet, iſt nebſt dem, daß die Ge- ſichtsfarbe hochroth iſt, der Puls geſchwinder und voͤller, manchmal auch haͤrter, als in der wahren Voll- bluͤtigkeit, wo er unterdruͤckt iſt.
Die Wirkungen in Ruͤckſicht der Entkraͤftung ſind, in ſofern die Gefaͤße gewaltſam ausgedehnt, die Nerven und das Hirn gedruckt werden, die naͤm- lichen; aber in ſo fern noch eine andere mehr oder weniger nachtheilige Urſache mitwirkt, koͤnnen ſie un- endlich verſchieden und ſchlimmer ſeyn.
Man bedient ſich zwar in vielen Faͤllen auch der Aderlaͤße. Allein außer dem Falle, wo eine wah- re Vollbluͤtigkeit mit dieſer falſchen zuſammen trifft, ſind ſie zuverlaͤßig jedesmal hoͤchſt nachtheilig. Ich kann mich hieruͤber nicht umſtaͤndlich einlaſſen; die Natur des Uebels zeigt deutlich genug, daß die Ent- leerungen einer Feuchtigkeit, welche nur deßwegen
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Gall I. Band H h
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einer Krankheit oder bey der Wiederherſtellung ein-
findet. Die Fieber im Sommer und in heißen Laͤn-
dern, die heftigen Gallfieber ſind meiſtens mit dieſer
Aufwallung der Saͤfte verbunden.
Bey ſchwaͤchlichen Leuten aͤußern ſich immer-
waͤhrend Zeichen dieſer Vollbluͤtigkeit; ſo arm ſie
im Grunde an guten Saͤften ſind, ſo ſcheinen doch
alle ihre Gefaͤße bey einem geringen Krampfe, einer
geringen Ermuͤdung, oder Gemuͤthsbewegung zu ſtro-
zen. Nach Tiſche z. B. beſonders wenn die Verdau-
ung muͤhſam von ſtatten geht, ſchwellen die Adern
an den Haͤnden und im Geſichte auf; das Geſicht wird
roth und ſie empfinden eine laͤſtige Waͤrme. Wo ei-
ne Schaͤrfe obwaltet, iſt nebſt dem, daß die Ge-
ſichtsfarbe hochroth iſt, der Puls geſchwinder und
voͤller, manchmal auch haͤrter, als in der wahren Voll-
bluͤtigkeit, wo er unterdruͤckt iſt.
Die Wirkungen in Ruͤckſicht der Entkraͤftung
ſind, in ſofern die Gefaͤße gewaltſam ausgedehnt,
die Nerven und das Hirn gedruckt werden, die naͤm-
lichen; aber in ſo fern noch eine andere mehr oder
weniger nachtheilige Urſache mitwirkt, koͤnnen ſie un-
endlich verſchieden und ſchlimmer ſeyn.
Man bedient ſich zwar in vielen Faͤllen auch
der Aderlaͤße. Allein außer dem Falle, wo eine wah-
re Vollbluͤtigkeit mit dieſer falſchen zuſammen trifft,
ſind ſie zuverlaͤßig jedesmal hoͤchſt nachtheilig. Ich
kann mich hieruͤber nicht umſtaͤndlich einlaſſen; die
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Gall, Franz Joseph: Philosophisch-medizinische Untersuchungen über Natur und Kunst im kranken und gesunden Zustand des Menschen. Wien, 1791, S. 481. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gall_untersuchungen_1791/500>, abgerufen am 22.11.2024.
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