Unter Farbwaren oder Farbmaterialien werden alle diejenigen natürlich vor- kommenden oder künstlich erzeugten Stoffe verstanden, welche einen Farbstoff ent- halten und im stande sind, entweder für sich allein oder in Gemeinschaft mit an- dern Stoffen eine Farbe zu erzeugen und eine Gespinnst- oder Gewebefaser zu färben. Von einzelnen Autoren werden diese Körper auch mit dem direkten Namen "Farbstoffe" belegt. Ich dagegen verstehe unter Farbstoff nicht das Farbmaterial selbst, sondern das daraus isolierte färbende Prin- zip. Für den Zweck dieses Handbuches kommt es auf eine so haarspalterische Erklärung übrigens nicht an. Ich will mich daher auch in Zukunft des land- läufigeren, wenn auch meiner Ansicht nicht ganz richtigen Ausdrucks Farb- stoffe für Farbmaterialien bedienen.
Die Zahl der zum Färben sich eignenden Stoffe ist eine viel größere, als die meisten wohl glauben; von der großen Menge ist jedoch nur eine verhältnismäßig kleine Anzahl wirklich in Verwendung gezogen und die Ent- wickelung der chemischen Farbstoffindustrie sorgt dafür, daß die von der Natur dargebotenen, bislang noch nicht benutzten Farbwaren wohl auch in Zukunft unbenutzt bleiben werden. Um in die immerhin noch große Zahl der Farb- waren ein System zu bringen, wollen wir dieselben einteilen in
1. Natürliche Farbstoffe, d. h. solche, welche uns die Natur liefert, und welche je nach ihrer Herkunft wieder sich einteilen lassen in
a) tierische Farbstoffe, welche das Tierreich liefert,
b) pflanzliche Farbstoffe, welche von Pflanzen abstammen,
c) mineralische, welche das Mineralreich liefert.
2. Farbstoffpräparate, welche aus den natürlichen Farbstoffen mittels chemischer Methoden gewonnen werden.
3. Künstliche Farbstoffe, welche durch besondere chemischen Vorgänge aus anderen Chemikalien gewonnen werden.
Diese Einteilung in natürliche und künstliche Farbstoffe wird sich selbst- redend nur so lange aufrecht erhalten lassen, als es nicht gelingt, die natür- lichen auch künstlich zu gewinnen, was bei einer kleinen Anzahl ja bekannt- lich vollauf gelungen ist.
Farbwarenkunde.
§ 22. Begriff und Einteilung der Farbſtoffe.
Unter Farbwaren oder Farbmaterialien werden alle diejenigen natürlich vor- kommenden oder künſtlich erzeugten Stoffe verſtanden, welche einen Farbſtoff ent- halten und im ſtande ſind, entweder für ſich allein oder in Gemeinſchaft mit an- dern Stoffen eine Farbe zu erzeugen und eine Geſpinnſt- oder Gewebefaſer zu färben. Von einzelnen Autoren werden dieſe Körper auch mit dem direkten Namen „Farbſtoffe“ belegt. Ich dagegen verſtehe unter Farbſtoff nicht das Farbmaterial ſelbſt, ſondern das daraus iſolierte färbende Prin- zip. Für den Zweck dieſes Handbuches kommt es auf eine ſo haarſpalteriſche Erklärung übrigens nicht an. Ich will mich daher auch in Zukunft des land- läufigeren, wenn auch meiner Anſicht nicht ganz richtigen Ausdrucks Farb- ſtoffe für Farbmaterialien bedienen.
Die Zahl der zum Färben ſich eignenden Stoffe iſt eine viel größere, als die meiſten wohl glauben; von der großen Menge iſt jedoch nur eine verhältnismäßig kleine Anzahl wirklich in Verwendung gezogen und die Ent- wickelung der chemiſchen Farbſtoffinduſtrie ſorgt dafür, daß die von der Natur dargebotenen, bislang noch nicht benutzten Farbwaren wohl auch in Zukunft unbenutzt bleiben werden. Um in die immerhin noch große Zahl der Farb- waren ein Syſtem zu bringen, wollen wir dieſelben einteilen in
1. Natürliche Farbſtoffe, d. h. ſolche, welche uns die Natur liefert, und welche je nach ihrer Herkunft wieder ſich einteilen laſſen in
a) tieriſche Farbſtoffe, welche das Tierreich liefert,
b) pflanzliche Farbſtoffe, welche von Pflanzen abſtammen,
c) mineraliſche, welche das Mineralreich liefert.
2. Farbſtoffpräparate, welche aus den natürlichen Farbſtoffen mittels chemiſcher Methoden gewonnen werden.
3. Künſtliche Farbſtoffe, welche durch beſondere chemiſchen Vorgänge aus anderen Chemikalien gewonnen werden.
Dieſe Einteilung in natürliche und künſtliche Farbſtoffe wird ſich ſelbſt- redend nur ſo lange aufrecht erhalten laſſen, als es nicht gelingt, die natür- lichen auch künſtlich zu gewinnen, was bei einer kleinen Anzahl ja bekannt- lich vollauf gelungen iſt.
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Farbwarenkunde.
§ 22. Begriff und Einteilung der Farbſtoffe.
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halten und im ſtande ſind, entweder für ſich allein oder in Gemeinſchaft mit an-
dern Stoffen eine Farbe zu erzeugen und eine Geſpinnſt- oder Gewebefaſer zu
färben. Von einzelnen Autoren werden dieſe Körper auch mit dem direkten
Namen „Farbſtoffe“ belegt. Ich dagegen verſtehe unter Farbſtoff nicht
das Farbmaterial ſelbſt, ſondern das daraus iſolierte färbende Prin-
zip. Für den Zweck dieſes Handbuches kommt es auf eine ſo haarſpalteriſche
Erklärung übrigens nicht an. Ich will mich daher auch in Zukunft des land-
läufigeren, wenn auch meiner Anſicht nicht ganz richtigen Ausdrucks Farb-
ſtoffe für Farbmaterialien bedienen.
Die Zahl der zum Färben ſich eignenden Stoffe iſt eine viel größere,
als die meiſten wohl glauben; von der großen Menge iſt jedoch nur eine
verhältnismäßig kleine Anzahl wirklich in Verwendung gezogen und die Ent-
wickelung der chemiſchen Farbſtoffinduſtrie ſorgt dafür, daß die von der Natur
dargebotenen, bislang noch nicht benutzten Farbwaren wohl auch in Zukunft
unbenutzt bleiben werden. Um in die immerhin noch große Zahl der Farb-
waren ein Syſtem zu bringen, wollen wir dieſelben einteilen in
1. Natürliche Farbſtoffe, d. h. ſolche, welche uns die Natur liefert,
und welche je nach ihrer Herkunft wieder ſich einteilen laſſen in
a) tieriſche Farbſtoffe, welche das Tierreich liefert,
b) pflanzliche Farbſtoffe, welche von Pflanzen abſtammen,
c) mineraliſche, welche das Mineralreich liefert.
2. Farbſtoffpräparate, welche aus den natürlichen Farbſtoffen
mittels chemiſcher Methoden gewonnen werden.
3. Künſtliche Farbſtoffe, welche durch beſondere chemiſchen Vorgänge
aus anderen Chemikalien gewonnen werden.
Dieſe Einteilung in natürliche und künſtliche Farbſtoffe wird ſich ſelbſt-
redend nur ſo lange aufrecht erhalten laſſen, als es nicht gelingt, die natür-
lichen auch künſtlich zu gewinnen, was bei einer kleinen Anzahl ja bekannt-
lich vollauf gelungen iſt.
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Ganswindt, Albert: Handbuch der Färberei und der damit verwandten vorbereitenden und vollendenden Gewerbe. Weimar, 1889, S. [91]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ganswindt_faerberei_1889/117>, abgerufen am 23.11.2024.
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