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Ganswindt, Albert: Handbuch der Färberei und der damit verwandten vorbereitenden und vollendenden Gewerbe. Weimar, 1889.

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§ 28. Safflor.

Unter Safflor versteht man die getrockneten Blumenblätter der Färber-
distel, Carthamus tinctorius L., einer einjährigen, zu den Compositen ge-
hörigen und in Nordafrika und Asien heimischen, in Aegypten, Ostindien,
Kleinasien, Spanien, im Elsaß, in Oesterreich und Thüringen gebauten
Pflanze. Sobald die Blütenköpfchen aufbrechen, müssen auch die Blumenblät-
ter thunlichst von Staubfäden und Kelchblättern befreit, ausgezupft werden.

Im Handel kommen mehrere Sorten vor:

Aegyptischer Safflor, Alexandriner Safflor, die farbstoffreichste
Handelsmarke, kommt in dunkelrotbraunen Massen vor.

Ostindischer Safflor, bildet bis 150 kg schwere, innen rosenrote
Kuchen oder kleine runde Brote. -- Bei der vorigen wie bei dieser Sorte
werden die Blumenblätter mit Wasser geknetet, wodurch sie dunkler werden.
In Aegypten trocknet man den gewaschenen Safflor zwischen Matten im
Schatten, bei Nacht ohne Bedeckung; in Ostindien preßt man ihn noch und
formt daraus die Kuchen oder Brote.

Spanischer Safflor, aus Andalusien und von Valencia kommend,
riecht sehr stark, ist locker und von dunkelroter Farbe.

Deutscher Safflor, die geringste Sorte; die Blumen kommen ohne
weitere Vorbereitung in den Handel.

Safflorfarbstoffe. Der Safflor enthält zwei Farbstoffe, einen in
Wasser leicht löslichen gelben, das Safflorgelb, ohne technisches Interesse
(es zersetzt sich an der Luft sehr schnell unter Bräunung), und einen roten,
in Wasser unlöslichen, in warmem Alkohol etwas löslichen, das Safflorrot
oder Karthamin oder Rouge vegetale. Beim Kneten des Safflors mit
Wasser wird der gelbe Farbstoff entfernt; daher enthält der ägyptische und
ostindische auch fast nur Karthamin und ist daher wertvoller. Das Karthamin,
C14 H16 O7, wird neuerdings rein dargestellt und kommt als Teller- oder
Tassenrot, in feiner, reinster Form als Safflorkarmin in den Handel.
Näheres siehe Farbstoffpräparate.

Anwendung. Der Safflor wird auch heute noch in der Seiden-
und Baumwollenfärberei, seltener in der Wollenfärberei verwendet; die mit
Safflor erzeugten Rosafärbungen sind sehr unbeständige, sollen aber immer-
hin noch beständiger sein, als die mit Eosin, Magdalarot oder Safranin ge-
wonnenen.

Die Prüfung und Wertbestimmung ist die gleiche wie beim Krapp.

§ 29. Orseille und Persio.

Diese beiden gehören in die Klasse der Flechtenfarbstoffe, welche
Flechten ihren Ursprung verdanken. Orseille und Persio sind nicht ein und
dasselbe Farbmaterial, aber sie stammen von den gleichen Flechten ab und
geben beim Färben den gleichen Farbenton. Beide werden aus einigen Arten
der Gattung Roccella gewonnen (R. tinctoria DC., R. fuciformis DC.,

§ 28. Safflor.

Unter Safflor verſteht man die getrockneten Blumenblätter der Färber-
diſtel, Carthamus tinctorius L., einer einjährigen, zu den Compositen ge-
hörigen und in Nordafrika und Aſien heimiſchen, in Aegypten, Oſtindien,
Kleinaſien, Spanien, im Elſaß, in Oeſterreich und Thüringen gebauten
Pflanze. Sobald die Blütenköpfchen aufbrechen, müſſen auch die Blumenblät-
ter thunlichſt von Staubfäden und Kelchblättern befreit, ausgezupft werden.

Im Handel kommen mehrere Sorten vor:

Aegyptiſcher Safflor, Alexandriner Safflor, die farbſtoffreichſte
Handelsmarke, kommt in dunkelrotbraunen Maſſen vor.

Oſtindiſcher Safflor, bildet bis 150 kg ſchwere, innen roſenrote
Kuchen oder kleine runde Brote. — Bei der vorigen wie bei dieſer Sorte
werden die Blumenblätter mit Waſſer geknetet, wodurch ſie dunkler werden.
In Aegypten trocknet man den gewaſchenen Safflor zwiſchen Matten im
Schatten, bei Nacht ohne Bedeckung; in Oſtindien preßt man ihn noch und
formt daraus die Kuchen oder Brote.

Spaniſcher Safflor, aus Andaluſien und von Valencia kommend,
riecht ſehr ſtark, iſt locker und von dunkelroter Farbe.

Deutſcher Safflor, die geringſte Sorte; die Blumen kommen ohne
weitere Vorbereitung in den Handel.

Safflorfarbſtoffe. Der Safflor enthält zwei Farbſtoffe, einen in
Waſſer leicht löslichen gelben, das Safflorgelb, ohne techniſches Intereſſe
(es zerſetzt ſich an der Luft ſehr ſchnell unter Bräunung), und einen roten,
in Waſſer unlöslichen, in warmem Alkohol etwas löslichen, das Safflorrot
oder Karthamin oder Rouge végétale. Beim Kneten des Safflors mit
Waſſer wird der gelbe Farbſtoff entfernt; daher enthält der ägyptiſche und
oſtindiſche auch faſt nur Karthamin und iſt daher wertvoller. Das Karthamin,
C14 H16 O7, wird neuerdings rein dargeſtellt und kommt als Teller- oder
Taſſenrot, in feiner, reinſter Form als Safflorkarmin in den Handel.
Näheres ſiehe Farbſtoffpräparate.

Anwendung. Der Safflor wird auch heute noch in der Seiden-
und Baumwollenfärberei, ſeltener in der Wollenfärberei verwendet; die mit
Safflor erzeugten Roſafärbungen ſind ſehr unbeſtändige, ſollen aber immer-
hin noch beſtändiger ſein, als die mit Eoſin, Magdalarot oder Safranin ge-
wonnenen.

Die Prüfung und Wertbeſtimmung iſt die gleiche wie beim Krapp.

§ 29. Orſeille und Perſio.

Dieſe beiden gehören in die Klaſſe der Flechtenfarbſtoffe, welche
Flechten ihren Urſprung verdanken. Orſeille und Perſio ſind nicht ein und
dasſelbe Farbmaterial, aber ſie ſtammen von den gleichen Flechten ab und
geben beim Färben den gleichen Farbenton. Beide werden aus einigen Arten
der Gattung Roccella gewonnen (R. tinctoria DC., R. fuciformis DC.,

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[105/0131] § 28. Safflor. Unter Safflor verſteht man die getrockneten Blumenblätter der Färber- diſtel, Carthamus tinctorius L., einer einjährigen, zu den Compositen ge- hörigen und in Nordafrika und Aſien heimiſchen, in Aegypten, Oſtindien, Kleinaſien, Spanien, im Elſaß, in Oeſterreich und Thüringen gebauten Pflanze. Sobald die Blütenköpfchen aufbrechen, müſſen auch die Blumenblät- ter thunlichſt von Staubfäden und Kelchblättern befreit, ausgezupft werden. Im Handel kommen mehrere Sorten vor: Aegyptiſcher Safflor, Alexandriner Safflor, die farbſtoffreichſte Handelsmarke, kommt in dunkelrotbraunen Maſſen vor. Oſtindiſcher Safflor, bildet bis 150 kg ſchwere, innen roſenrote Kuchen oder kleine runde Brote. — Bei der vorigen wie bei dieſer Sorte werden die Blumenblätter mit Waſſer geknetet, wodurch ſie dunkler werden. In Aegypten trocknet man den gewaſchenen Safflor zwiſchen Matten im Schatten, bei Nacht ohne Bedeckung; in Oſtindien preßt man ihn noch und formt daraus die Kuchen oder Brote. Spaniſcher Safflor, aus Andaluſien und von Valencia kommend, riecht ſehr ſtark, iſt locker und von dunkelroter Farbe. Deutſcher Safflor, die geringſte Sorte; die Blumen kommen ohne weitere Vorbereitung in den Handel. Safflorfarbſtoffe. Der Safflor enthält zwei Farbſtoffe, einen in Waſſer leicht löslichen gelben, das Safflorgelb, ohne techniſches Intereſſe (es zerſetzt ſich an der Luft ſehr ſchnell unter Bräunung), und einen roten, in Waſſer unlöslichen, in warmem Alkohol etwas löslichen, das Safflorrot oder Karthamin oder Rouge végétale. Beim Kneten des Safflors mit Waſſer wird der gelbe Farbſtoff entfernt; daher enthält der ägyptiſche und oſtindiſche auch faſt nur Karthamin und iſt daher wertvoller. Das Karthamin, C14 H16 O7, wird neuerdings rein dargeſtellt und kommt als Teller- oder Taſſenrot, in feiner, reinſter Form als Safflorkarmin in den Handel. Näheres ſiehe Farbſtoffpräparate. Anwendung. Der Safflor wird auch heute noch in der Seiden- und Baumwollenfärberei, ſeltener in der Wollenfärberei verwendet; die mit Safflor erzeugten Roſafärbungen ſind ſehr unbeſtändige, ſollen aber immer- hin noch beſtändiger ſein, als die mit Eoſin, Magdalarot oder Safranin ge- wonnenen. Die Prüfung und Wertbeſtimmung iſt die gleiche wie beim Krapp. § 29. Orſeille und Perſio. Dieſe beiden gehören in die Klaſſe der Flechtenfarbſtoffe, welche Flechten ihren Urſprung verdanken. Orſeille und Perſio ſind nicht ein und dasſelbe Farbmaterial, aber ſie ſtammen von den gleichen Flechten ab und geben beim Färben den gleichen Farbenton. Beide werden aus einigen Arten der Gattung Roccella gewonnen (R. tinctoria DC., R. fuciformis DC.,

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Zitationshilfe: Ganswindt, Albert: Handbuch der Färberei und der damit verwandten vorbereitenden und vollendenden Gewerbe. Weimar, 1889, S. 105. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ganswindt_faerberei_1889/131>, abgerufen am 23.11.2024.