das Verfahren ausgedehnte Anwendung, bei der Karbonisation wollener Lumpen, wobei die Baumwollfaser vollständig zerstört wird (vergl. auch S. 18). Konzentrierte Säuren wirken je nach ihrer Natur und Stärke schneller oder langsamer zerstörend; Anwendung von Wärme beschleunigt den Zerfall.
In konzentrierter Schwefelsäure quillt die Baumwolle auf und bildet schließlich eine gallertartige Masse; fügt man Jodlösung hinzu, so färbt sich die Masse unter Verflüssigung rein himmelblau. -- Konzentrierte Salpetersäure, kalt angewendet (am besten unter Zusatz von etwas Schwefelsäure), führt die Baumwolle in Nitrocellulose über, ohne die Form oder die Farbe derselben zu verändern (Unterschied von der Wolle, welche dabei bekanntlich gelb wird). Beim Kochen mit konzentrierter Sal- petersäure oxydiert sich die Baumwolle zu Oxalsäure, unter Hinterlassung eines in Alkalien löslichen Rückstandes (von Oxycellulose?). Die durch Oxy- dation auf kaltem Wege erhaltene Nitrocellulose ist unter dem Namen Schieß- baumwolle bekannt und wird zur Bereitung von Kollodium, wie für sprengtechnische Zwecke in großem Maßstab dargestellt, hat aber für die Färberei weiter kein Interesse. -- Aehnlich wie die Schwefelsäure verhalten sich auch konzentrierte Salzsäure und Phosphorsäure, doch gibt das Reak- tionsprodukt mit Jodlösung keine blaue Färbung. -- Bei konzentrierter Essigsäure hat eine ähnliche Einwirkung nicht bemerkt werden können. -- Auch Lösungen von Oxalsäure, Weinsäure oder Zitronensäure wirken je nach ihrer Konzentration mehr oder minder zerstörend auf die Faser ein, besonders bei Anwendung von Wärme.
Verdünnte Lösungen von Aetzalkalien (Kali und Natron) wirken bei Luftabschluß nicht auf Baumwolle ein, selbst bei längerem Kochen nicht, wenn dieselbe stets völlig in der Flüssigkeit steckt; wird sie dagegen abwechselnd der Einwirkung von alkalischer Lösung und Luft ausgesetzt, so findet eine Schwächung der Faser statt, sie wird morsch. Hummel schreibt diese Ver- änderung einer Umwandlung in Oxycellulose zu. In konzentrierter Kali- oder Natronlauge quillt die Baumwolle stark auf und wird durchscheinend, ohne sich zu lösen (Unterschied von Wolle, welche sich in konzentrierten Al- kalien quantitativ löst). Die so behandelte Faser behält auch nach dem voll- ständigen Auswaschen mit Wasser ein verändertes Aussehen; sie bleibt dick und durchscheinend und zeigt in diesem Zustande eine wesentlich größere Ver- wandtschaft zu Farbstoffen, als vor der Behandlung mit Alkalien. Dieses Verhalten der Baumwolle gegen starke Alkalien ist zuerst von Mercer be- obachtet und im Kattundruck praktisch angewendet worden; das von ihm an- gewandte Verfahren wird als Mercerisieren bezeichnet, hat aber in der Färberei sich nicht allgemein einzuführen vermocht. -- Ammoniak ist ohne alle Einwirkung auf Baumwolle. -- Kalkmilch wirkt sowohl kalt wie warm ganz ähnlich, wie die verdünnten Lösungen von Kali und Natron; es ist dem- nach bei etwaiger Behandlung mit Kalkmilch der gleichzeitige Luftzutritt zu vermeiden. -- Lösungen von Alkalicarbonaten (Pottasche, Soda) zeigen selbst bei größerer Stärke wenig oder gar keine Einwirkung, mindestens ist eine solche bis jetzt experimentell nicht nachgewiesen; ebensowenig bewirkt Seifenlösung eine nachweisbare Veränderung. -- Gegen Lösungen von neutralen Metallsalzen verhält sich Baumwolle ganz oder fast ganz in- different; nur auf die sauren Salze der Erden oder Schwermetalle wirkt sie
das Verfahren ausgedehnte Anwendung, bei der Karboniſation wollener Lumpen, wobei die Baumwollfaſer vollſtändig zerſtört wird (vergl. auch S. 18). Konzentrierte Säuren wirken je nach ihrer Natur und Stärke ſchneller oder langſamer zerſtörend; Anwendung von Wärme beſchleunigt den Zerfall.
In konzentrierter Schwefelſäure quillt die Baumwolle auf und bildet ſchließlich eine gallertartige Maſſe; fügt man Jodlöſung hinzu, ſo färbt ſich die Maſſe unter Verflüſſigung rein himmelblau. — Konzentrierte Salpeterſäure, kalt angewendet (am beſten unter Zuſatz von etwas Schwefelſäure), führt die Baumwolle in Nitrocelluloſe über, ohne die Form oder die Farbe derſelben zu verändern (Unterſchied von der Wolle, welche dabei bekanntlich gelb wird). Beim Kochen mit konzentrierter Sal- peterſäure oxydiert ſich die Baumwolle zu Oxalſäure, unter Hinterlaſſung eines in Alkalien löslichen Rückſtandes (von Oxycelluloſe?). Die durch Oxy- dation auf kaltem Wege erhaltene Nitrocelluloſe iſt unter dem Namen Schieß- baumwolle bekannt und wird zur Bereitung von Kollodium, wie für ſprengtechniſche Zwecke in großem Maßſtab dargeſtellt, hat aber für die Färberei weiter kein Intereſſe. — Aehnlich wie die Schwefelſäure verhalten ſich auch konzentrierte Salzſäure und Phosphorſäure, doch gibt das Reak- tionsprodukt mit Jodlöſung keine blaue Färbung. — Bei konzentrierter Eſſigſäure hat eine ähnliche Einwirkung nicht bemerkt werden können. — Auch Löſungen von Oxalſäure, Weinſäure oder Zitronenſäure wirken je nach ihrer Konzentration mehr oder minder zerſtörend auf die Faſer ein, beſonders bei Anwendung von Wärme.
Verdünnte Löſungen von Aetzalkalien (Kali und Natron) wirken bei Luftabſchluß nicht auf Baumwolle ein, ſelbſt bei längerem Kochen nicht, wenn dieſelbe ſtets völlig in der Flüſſigkeit ſteckt; wird ſie dagegen abwechſelnd der Einwirkung von alkaliſcher Löſung und Luft ausgeſetzt, ſo findet eine Schwächung der Faſer ſtatt, ſie wird morſch. Hummel ſchreibt dieſe Ver- änderung einer Umwandlung in Oxycelluloſe zu. In konzentrierter Kali- oder Natronlauge quillt die Baumwolle ſtark auf und wird durchſcheinend, ohne ſich zu löſen (Unterſchied von Wolle, welche ſich in konzentrierten Al- kalien quantitativ löſt). Die ſo behandelte Faſer behält auch nach dem voll- ſtändigen Auswaſchen mit Waſſer ein verändertes Ausſehen; ſie bleibt dick und durchſcheinend und zeigt in dieſem Zuſtande eine weſentlich größere Ver- wandtſchaft zu Farbſtoffen, als vor der Behandlung mit Alkalien. Dieſes Verhalten der Baumwolle gegen ſtarke Alkalien iſt zuerſt von Mercer be- obachtet und im Kattundruck praktiſch angewendet worden; das von ihm an- gewandte Verfahren wird als Merceriſieren bezeichnet, hat aber in der Färberei ſich nicht allgemein einzuführen vermocht. — Ammoniak iſt ohne alle Einwirkung auf Baumwolle. — Kalkmilch wirkt ſowohl kalt wie warm ganz ähnlich, wie die verdünnten Löſungen von Kali und Natron; es iſt dem- nach bei etwaiger Behandlung mit Kalkmilch der gleichzeitige Luftzutritt zu vermeiden. — Löſungen von Alkalicarbonaten (Pottaſche, Soda) zeigen ſelbſt bei größerer Stärke wenig oder gar keine Einwirkung, mindeſtens iſt eine ſolche bis jetzt experimentell nicht nachgewieſen; ebenſowenig bewirkt Seifenlöſung eine nachweisbare Veränderung. — Gegen Löſungen von neutralen Metallſalzen verhält ſich Baumwolle ganz oder faſt ganz in- different; nur auf die ſauren Salze der Erden oder Schwermetalle wirkt ſie
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[58/0084]
das Verfahren ausgedehnte Anwendung, bei der Karboniſation wollener
Lumpen, wobei die Baumwollfaſer vollſtändig zerſtört wird (vergl. auch
S. 18). Konzentrierte Säuren wirken je nach ihrer Natur und Stärke
ſchneller oder langſamer zerſtörend; Anwendung von Wärme beſchleunigt den
Zerfall.
In konzentrierter Schwefelſäure quillt die Baumwolle auf und
bildet ſchließlich eine gallertartige Maſſe; fügt man Jodlöſung hinzu, ſo färbt
ſich die Maſſe unter Verflüſſigung rein himmelblau. — Konzentrierte
Salpeterſäure, kalt angewendet (am beſten unter Zuſatz von etwas
Schwefelſäure), führt die Baumwolle in Nitrocelluloſe über, ohne die Form
oder die Farbe derſelben zu verändern (Unterſchied von der Wolle, welche
dabei bekanntlich gelb wird). Beim Kochen mit konzentrierter Sal-
peterſäure oxydiert ſich die Baumwolle zu Oxalſäure, unter Hinterlaſſung
eines in Alkalien löslichen Rückſtandes (von Oxycelluloſe?). Die durch Oxy-
dation auf kaltem Wege erhaltene Nitrocelluloſe iſt unter dem Namen Schieß-
baumwolle bekannt und wird zur Bereitung von Kollodium, wie für
ſprengtechniſche Zwecke in großem Maßſtab dargeſtellt, hat aber für die Färberei
weiter kein Intereſſe. — Aehnlich wie die Schwefelſäure verhalten ſich auch
konzentrierte Salzſäure und Phosphorſäure, doch gibt das Reak-
tionsprodukt mit Jodlöſung keine blaue Färbung. — Bei konzentrierter
Eſſigſäure hat eine ähnliche Einwirkung nicht bemerkt werden können. —
Auch Löſungen von Oxalſäure, Weinſäure oder Zitronenſäure wirken
je nach ihrer Konzentration mehr oder minder zerſtörend auf die Faſer ein,
beſonders bei Anwendung von Wärme.
Verdünnte Löſungen von Aetzalkalien (Kali und Natron) wirken
bei Luftabſchluß nicht auf Baumwolle ein, ſelbſt bei längerem Kochen nicht,
wenn dieſelbe ſtets völlig in der Flüſſigkeit ſteckt; wird ſie dagegen abwechſelnd
der Einwirkung von alkaliſcher Löſung und Luft ausgeſetzt, ſo findet eine
Schwächung der Faſer ſtatt, ſie wird morſch. Hummel ſchreibt dieſe Ver-
änderung einer Umwandlung in Oxycelluloſe zu. In konzentrierter Kali-
oder Natronlauge quillt die Baumwolle ſtark auf und wird durchſcheinend,
ohne ſich zu löſen (Unterſchied von Wolle, welche ſich in konzentrierten Al-
kalien quantitativ löſt). Die ſo behandelte Faſer behält auch nach dem voll-
ſtändigen Auswaſchen mit Waſſer ein verändertes Ausſehen; ſie bleibt dick
und durchſcheinend und zeigt in dieſem Zuſtande eine weſentlich größere Ver-
wandtſchaft zu Farbſtoffen, als vor der Behandlung mit Alkalien. Dieſes
Verhalten der Baumwolle gegen ſtarke Alkalien iſt zuerſt von Mercer be-
obachtet und im Kattundruck praktiſch angewendet worden; das von ihm an-
gewandte Verfahren wird als Merceriſieren bezeichnet, hat aber in der
Färberei ſich nicht allgemein einzuführen vermocht. — Ammoniak iſt ohne
alle Einwirkung auf Baumwolle. — Kalkmilch wirkt ſowohl kalt wie warm
ganz ähnlich, wie die verdünnten Löſungen von Kali und Natron; es iſt dem-
nach bei etwaiger Behandlung mit Kalkmilch der gleichzeitige Luftzutritt zu
vermeiden. — Löſungen von Alkalicarbonaten (Pottaſche, Soda) zeigen
ſelbſt bei größerer Stärke wenig oder gar keine Einwirkung, mindeſtens iſt
eine ſolche bis jetzt experimentell nicht nachgewieſen; ebenſowenig bewirkt
Seifenlöſung eine nachweisbare Veränderung. — Gegen Löſungen von
neutralen Metallſalzen verhält ſich Baumwolle ganz oder faſt ganz in-
different; nur auf die ſauren Salze der Erden oder Schwermetalle wirkt ſie
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Ganswindt, Albert: Handbuch der Färberei und der damit verwandten vorbereitenden und vollendenden Gewerbe. Weimar, 1889, S. 58. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ganswindt_faerberei_1889/84>, abgerufen am 23.11.2024.
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