herrliche Erscheinung. Sie zeigt, was die Tu- gend unter den Menschen vermag; sie beweist, was bey Beobachtung einzelner Personen zweifel- haft werden könnte, daß die Menschen den Werth moralischer Vortrefflichkeit kennen, und, wo sie nicht durch Vorurtheile gehindert werden, die Rechtschaffenheit, mehr als irgend einen andern Vorzug, für den eigentlichen Gegenstand der Hoch- achtung halten.
In der That wäre Gellert für seine Freunde und für sein Land immer ein merkwürdiger Mann, wenn er auch kein großer Schriftsteller gewesen wäre. Derjenigen Menschen, die es zu dem Hauptgeschäffte des Lebens machen, gut zu seyn, und Gutes zu thun, dieser Menschen giebt es noch zu wenig, als daß wir nicht aufmerksam werden sollten, wenn wir so glücklich sind, auf dem Wege unsers Lebens einen derselben anzutreffen. Die Grundfeste dieses Charakters war die Religion; und nur die Religion kann einen solchen Charak- ter hervorbringen.
deſſen Schriften und Charakter.
herrliche Erſcheinung. Sie zeigt, was die Tu- gend unter den Menſchen vermag; ſie beweiſt, was bey Beobachtung einzelner Perſonen zweifel- haft werden koͤnnte, daß die Menſchen den Werth moraliſcher Vortrefflichkeit kennen, und, wo ſie nicht durch Vorurtheile gehindert werden, die Rechtſchaffenheit, mehr als irgend einen andern Vorzug, fuͤr den eigentlichen Gegenſtand der Hoch- achtung halten.
In der That waͤre Gellert fuͤr ſeine Freunde und fuͤr ſein Land immer ein merkwuͤrdiger Mann, wenn er auch kein großer Schriftſteller geweſen waͤre. Derjenigen Menſchen, die es zu dem Hauptgeſchaͤffte des Lebens machen, gut zu ſeyn, und Gutes zu thun, dieſer Menſchen giebt es noch zu wenig, als daß wir nicht aufmerkſam werden ſollten, wenn wir ſo gluͤcklich ſind, auf dem Wege unſers Lebens einen derſelben anzutreffen. Die Grundfeſte dieſes Charakters war die Religion; und nur die Religion kann einen ſolchen Charak- ter hervorbringen.
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deſſen Schriften und Charakter.
herrliche Erſcheinung. Sie zeigt, was die Tu-
gend unter den Menſchen vermag; ſie beweiſt,
was bey Beobachtung einzelner Perſonen zweifel-
haft werden koͤnnte, daß die Menſchen den Werth
moraliſcher Vortrefflichkeit kennen, und, wo ſie
nicht durch Vorurtheile gehindert werden, die
Rechtſchaffenheit, mehr als irgend einen andern
Vorzug, fuͤr den eigentlichen Gegenſtand der Hoch-
achtung halten.
In der That waͤre Gellert fuͤr ſeine Freunde
und fuͤr ſein Land immer ein merkwuͤrdiger Mann,
wenn er auch kein großer Schriftſteller geweſen
waͤre. Derjenigen Menſchen, die es zu dem
Hauptgeſchaͤffte des Lebens machen, gut zu ſeyn,
und Gutes zu thun, dieſer Menſchen giebt es noch
zu wenig, als daß wir nicht aufmerkſam werden
ſollten, wenn wir ſo gluͤcklich ſind, auf dem Wege
unſers Lebens einen derſelben anzutreffen. Die
Grundfeſte dieſes Charakters war die Religion;
und nur die Religion kann einen ſolchen Charak-
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Garve, Christian: Sammlung einiger Abhandlungen. Leipzig, 1779, S. 235. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/garve_sammlung_1779/241>, abgerufen am 21.11.2024.
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