Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite


Zimmers ist eine Rolle befestiget, über welche ein Faden, mit einem Gewichte beschweret, so gezogen wird, daß er lothrecht auf einen Punkt einer gerade darunter gezognen richtigen Mittagslinie herabspielt. Das andere Ende des über die Rolle gezognen Fadens wird schief herabgezogen, und in einem andern Punkte dieser Mittagslinie befestiget. So bilden beyde Fäden mit dem Theile der Mittagslinie, der zwischen ihnen liegt, ein rechtwinklichtes in der Mittagsfläche liegendes Dreyeck, und wenn dem Auge des Beobachters beyde Fäden sich selbst und einen Stern decken, so ist dieser Stern im Mittagskreise. Der Augenblick, da dieses geschieht, an einer Uhr beobachtet, giebt die Zeit der Culmination. Genauer leisten dieses eigne Fernröhre, deren Axe sich nur in der Mittagsfläche auf und nieder bewegen, aber nie aus dieser Fläche verrücken läst. Ein Stern, der durch ein solches Fernrohr im Mittelpunkte des Gesichtsfeldes gesehen wird, muß also in diesem Augenblicke im Mittagskreise seyn. Dergleichen Instrumente heißen Durchgangsfernröhre, Mittagsfernröhre, Passageninstrumente (Culminatoria, Instrumens de passage). Man kan sich hiezu auch des Mauerquadranten bedienen, der noch überdies zugleich die Höhe des Gestirns im Augenblicke des Durchgangs, d. i. die Mittagshöhe, angiebt. Endlich läst sich die Zeit der Culmination auch durch Beobachtung übereinstimmender oder gleicher Höhen eines Gestirns auf der Morgen- und Abendseite, vermittelst beweglicher Quadranten, finden, wenn man die Zeitpunkte, in denen das Gestirn gleiche Höhen hat, an der Uhr beobachtet, und die Hälfte der Zwischenzeit zu dem Zeitpunkte der Beobachtung auf der Morgenseite hinzusetzt, welche Methode jedoch für Gestirne, die eigne Bewegungen haben, einer Correction bedarf.

Die Zeit der Culmination des Mittelpunkts der Sonne bestimmt den Augenblick des Mittags, der also durch alle im vorigen angegebne Methoden beobachtet werden kan. Nur ist hiebey darauf Rücksicht zu nehmen, daß sich die Sonne nicht als ein Punkt, sondern als eine Scheibe, darstellt, deren Mittelpunkt durch nichts bezeichnet ist.


Zimmers iſt eine Rolle befeſtiget, uͤber welche ein Faden, mit einem Gewichte beſchweret, ſo gezogen wird, daß er lothrecht auf einen Punkt einer gerade darunter gezognen richtigen Mittagslinie herabſpielt. Das andere Ende des uͤber die Rolle gezognen Fadens wird ſchief herabgezogen, und in einem andern Punkte dieſer Mittagslinie befeſtiget. So bilden beyde Faͤden mit dem Theile der Mittagslinie, der zwiſchen ihnen liegt, ein rechtwinklichtes in der Mittagsflaͤche liegendes Dreyeck, und wenn dem Auge des Beobachters beyde Faͤden ſich ſelbſt und einen Stern decken, ſo iſt dieſer Stern im Mittagskreiſe. Der Augenblick, da dieſes geſchieht, an einer Uhr beobachtet, giebt die Zeit der Culmination. Genauer leiſten dieſes eigne Fernroͤhre, deren Axe ſich nur in der Mittagsflaͤche auf und nieder bewegen, aber nie aus dieſer Flaͤche verruͤcken laͤſt. Ein Stern, der durch ein ſolches Fernrohr im Mittelpunkte des Geſichtsfeldes geſehen wird, muß alſo in dieſem Augenblicke im Mittagskreiſe ſeyn. Dergleichen Inſtrumente heißen Durchgangsfernroͤhre, Mittagsfernroͤhre, Paſſageninſtrumente (Culminatoria, Inſtrumens de paſſage). Man kan ſich hiezu auch des Mauerquadranten bedienen, der noch uͤberdies zugleich die Hoͤhe des Geſtirns im Augenblicke des Durchgangs, d. i. die Mittagshoͤhe, angiebt. Endlich laͤſt ſich die Zeit der Culmination auch durch Beobachtung uͤbereinſtimmender oder gleicher Hoͤhen eines Geſtirns auf der Morgen- und Abendſeite, vermittelſt beweglicher Quadranten, finden, wenn man die Zeitpunkte, in denen das Geſtirn gleiche Hoͤhen hat, an der Uhr beobachtet, und die Haͤlfte der Zwiſchenzeit zu dem Zeitpunkte der Beobachtung auf der Morgenſeite hinzuſetzt, welche Methode jedoch fuͤr Geſtirne, die eigne Bewegungen haben, einer Correction bedarf.

Die Zeit der Culmination des Mittelpunkts der Sonne beſtimmt den Augenblick des Mittags, der alſo durch alle im vorigen angegebne Methoden beobachtet werden kan. Nur iſt hiebey darauf Ruͤckſicht zu nehmen, daß ſich die Sonne nicht als ein Punkt, ſondern als eine Scheibe, darſtellt, deren Mittelpunkt durch nichts bezeichnet iſt.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0560" xml:id="P.1.546" n="546"/><lb/>
Zimmers i&#x017F;t eine Rolle befe&#x017F;tiget, u&#x0364;ber welche ein Faden, mit einem Gewichte be&#x017F;chweret, &#x017F;o gezogen wird, daß er lothrecht auf einen Punkt einer gerade darunter gezognen richtigen Mittagslinie herab&#x017F;pielt. Das andere Ende des u&#x0364;ber die Rolle gezognen Fadens wird &#x017F;chief herabgezogen, und in einem andern Punkte die&#x017F;er Mittagslinie befe&#x017F;tiget. So bilden beyde Fa&#x0364;den mit dem Theile der Mittagslinie, der zwi&#x017F;chen ihnen liegt, ein rechtwinklichtes in der Mittagsfla&#x0364;che liegendes Dreyeck, und wenn dem Auge des Beobachters beyde Fa&#x0364;den &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t und einen Stern decken, &#x017F;o i&#x017F;t die&#x017F;er Stern im Mittagskrei&#x017F;e. Der Augenblick, da die&#x017F;es ge&#x017F;chieht, an einer Uhr beobachtet, giebt die Zeit der Culmination. Genauer lei&#x017F;ten die&#x017F;es eigne Fernro&#x0364;hre, deren Axe &#x017F;ich nur in der Mittagsfla&#x0364;che auf und nieder bewegen, aber nie aus die&#x017F;er Fla&#x0364;che verru&#x0364;cken la&#x0364;&#x017F;t. Ein Stern, der durch ein &#x017F;olches Fernrohr im Mittelpunkte des Ge&#x017F;ichtsfeldes ge&#x017F;ehen wird, muß al&#x017F;o in die&#x017F;em Augenblicke im Mittagskrei&#x017F;e &#x017F;eyn. Dergleichen In&#x017F;trumente heißen <hi rendition="#b">Durchgangsfernro&#x0364;hre, Mittagsfernro&#x0364;hre, Pa&#x017F;&#x017F;agenin&#x017F;trumente</hi> <hi rendition="#aq">(Culminatoria, <hi rendition="#i">In&#x017F;trumens de pa&#x017F;&#x017F;age</hi>).</hi> Man kan &#x017F;ich hiezu auch des <hi rendition="#b">Mauerquadranten</hi> bedienen, der noch u&#x0364;berdies zugleich die Ho&#x0364;he des Ge&#x017F;tirns im Augenblicke des Durchgangs, d. i. die Mittagsho&#x0364;he, angiebt. Endlich la&#x0364;&#x017F;t &#x017F;ich die Zeit der Culmination auch durch Beobachtung u&#x0364;berein&#x017F;timmender oder gleicher Ho&#x0364;hen eines Ge&#x017F;tirns auf der Morgen- und Abend&#x017F;eite, vermittel&#x017F;t beweglicher Quadranten, finden, wenn man die Zeitpunkte, in denen das Ge&#x017F;tirn gleiche Ho&#x0364;hen hat, an der Uhr beobachtet, und die Ha&#x0364;lfte der Zwi&#x017F;chenzeit zu dem Zeitpunkte der Beobachtung auf der Morgen&#x017F;eite hinzu&#x017F;etzt, welche Methode jedoch fu&#x0364;r Ge&#x017F;tirne, die eigne Bewegungen haben, einer Correction bedarf.</p>
          <p>Die Zeit der Culmination des Mittelpunkts der Sonne be&#x017F;timmt den Augenblick des Mittags, der al&#x017F;o durch alle im vorigen angegebne Methoden beobachtet werden kan. Nur i&#x017F;t hiebey darauf Ru&#x0364;ck&#x017F;icht zu nehmen, daß &#x017F;ich die Sonne nicht als ein Punkt, &#x017F;ondern als eine Scheibe, dar&#x017F;tellt, deren Mittelpunkt durch nichts bezeichnet i&#x017F;t.<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[546/0560] Zimmers iſt eine Rolle befeſtiget, uͤber welche ein Faden, mit einem Gewichte beſchweret, ſo gezogen wird, daß er lothrecht auf einen Punkt einer gerade darunter gezognen richtigen Mittagslinie herabſpielt. Das andere Ende des uͤber die Rolle gezognen Fadens wird ſchief herabgezogen, und in einem andern Punkte dieſer Mittagslinie befeſtiget. So bilden beyde Faͤden mit dem Theile der Mittagslinie, der zwiſchen ihnen liegt, ein rechtwinklichtes in der Mittagsflaͤche liegendes Dreyeck, und wenn dem Auge des Beobachters beyde Faͤden ſich ſelbſt und einen Stern decken, ſo iſt dieſer Stern im Mittagskreiſe. Der Augenblick, da dieſes geſchieht, an einer Uhr beobachtet, giebt die Zeit der Culmination. Genauer leiſten dieſes eigne Fernroͤhre, deren Axe ſich nur in der Mittagsflaͤche auf und nieder bewegen, aber nie aus dieſer Flaͤche verruͤcken laͤſt. Ein Stern, der durch ein ſolches Fernrohr im Mittelpunkte des Geſichtsfeldes geſehen wird, muß alſo in dieſem Augenblicke im Mittagskreiſe ſeyn. Dergleichen Inſtrumente heißen Durchgangsfernroͤhre, Mittagsfernroͤhre, Paſſageninſtrumente (Culminatoria, Inſtrumens de paſſage). Man kan ſich hiezu auch des Mauerquadranten bedienen, der noch uͤberdies zugleich die Hoͤhe des Geſtirns im Augenblicke des Durchgangs, d. i. die Mittagshoͤhe, angiebt. Endlich laͤſt ſich die Zeit der Culmination auch durch Beobachtung uͤbereinſtimmender oder gleicher Hoͤhen eines Geſtirns auf der Morgen- und Abendſeite, vermittelſt beweglicher Quadranten, finden, wenn man die Zeitpunkte, in denen das Geſtirn gleiche Hoͤhen hat, an der Uhr beobachtet, und die Haͤlfte der Zwiſchenzeit zu dem Zeitpunkte der Beobachtung auf der Morgenſeite hinzuſetzt, welche Methode jedoch fuͤr Geſtirne, die eigne Bewegungen haben, einer Correction bedarf. Die Zeit der Culmination des Mittelpunkts der Sonne beſtimmt den Augenblick des Mittags, der alſo durch alle im vorigen angegebne Methoden beobachtet werden kan. Nur iſt hiebey darauf Ruͤckſicht zu nehmen, daß ſich die Sonne nicht als ein Punkt, ſondern als eine Scheibe, darſtellt, deren Mittelpunkt durch nichts bezeichnet iſt.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Bibliothek des Max-Planck-Instituts für Wissenschaftsgeschichte : Bereitstellung der Texttranskription. (2015-09-02T12:13:09Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2015-09-02T12:13:09Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): keine Angabe; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch01_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch01_1798/560
Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1798, S. 546. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch01_1798/560>, abgerufen am 29.06.2024.