Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1798.
Man sieht hieraus leicht, warum gewölbte Gebäude, Säle, Gänge u. dgl. so stark wiederschallen, ohne doch ein deutliches Echo zu vernrsachen. Die Mauern sind zum Theil zu nahe, und zum Theil machen sie eine ununterbrochene Reihewon verschiedentlich entfernten Flächen aus, und das Ohr kan weder den ursprünglichen Schall vom erften Echo, noch die vielen unmittelbar in einander fließenden Wiederlaute von einander selbst unterscheiden. Stehen hingegen mehrere einzelne zurückwerfende Flächen in verschiedenen Entfernungen, so kan jede derselben ein eignes Echo veranlassen, und es kan aus allen zusammen ein vielfaches Echo entstehen, in welchem jedoch die ersten Wiederholungen gewöhnlich stärker, als die letztern, seyn werden, weil der Schall durch einen weitern Fortgang in der Luft geschwächt wird. Doch können auch unter den folgenden Wiederholungen stärkere vorkommen, wenn die Flächen, von denen sie kommen, mehr Schalllinien auffassen und zurückbringen, als die nähern Flächen. Da der Schall nach eben den Gesetzen zurückgeworfen wird, nach welchen das Licht zurückprallet, und auf denen die Katoptrik beruht, so nennen einige die Lehre vom Echo Katoptrik des Schalls, besser Kataphonik oder Katakustik. Der Ort des schallenden Körpers wird der phonische, und der zurückwerfende Ort oder Gegenstand der phonokamptische Mittelpunkt genannt.
Man ſieht hieraus leicht, warum gewoͤlbte Gebaͤude, Saͤle, Gaͤnge u. dgl. ſo ſtark wiederſchallen, ohne doch ein deutliches Echo zu vernrſachen. Die Mauern ſind zum Theil zu nahe, und zum Theil machen ſie eine ununterbrochene Reihewon verſchiedentlich entfernten Flaͤchen aus, und das Ohr kan weder den urſpruͤnglichen Schall vom erften Echo, noch die vielen unmittelbar in einander fließenden Wiederlaute von einander ſelbſt unterſcheiden. Stehen hingegen mehrere einzelne zuruͤckwerfende Flaͤchen in verſchiedenen Entfernungen, ſo kan jede derſelben ein eignes Echo veranlaſſen, und es kan aus allen zuſammen ein vielfaches Echo entſtehen, in welchem jedoch die erſten Wiederholungen gewoͤhnlich ſtaͤrker, als die letztern, ſeyn werden, weil der Schall durch einen weitern Fortgang in der Luft geſchwaͤcht wird. Doch koͤnnen auch unter den folgenden Wiederholungen ſtaͤrkere vorkommen, wenn die Flaͤchen, von denen ſie kommen, mehr Schalllinien auffaſſen und zuruͤckbringen, als die naͤhern Flaͤchen. Da der Schall nach eben den Geſetzen zuruͤckgeworfen wird, nach welchen das Licht zuruͤckprallet, und auf denen die Katoptrik beruht, ſo nennen einige die Lehre vom Echo Katoptrik des Schalls, beſſer Kataphonik oder Katakuſtik. Der Ort des ſchallenden Koͤrpers wird der phoniſche, und der zuruͤckwerfende Ort oder Gegenſtand der phonokamptiſche Mittelpunkt genannt. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0678" xml:id="P.1.664" n="664"/><lb/> der Weg des zuruͤckgeworfenen Schalles laͤnger, als der gerade Weg vom ſchallenden Koͤrper bis zum Zuhoͤrer, ſeyn muß. Wird der Schall wieder in ſeine vorige Richtung zuruͤckgeworfen, und ſteht der Zuhoͤrer beym ſchallenden Koͤrper ſelbſt, oder ruft er ſelbſt, ſo muß die Entfernung des zuruͤckwerfenden Gegenſtands wenigſtens 35 Ellen ſeyn, damit durch den Hin- und Hergang des Schalles der Weg von 69 Ellen herauskomme, der in 1/9 Sec. Zeit durchlaufen wird. Der P. <hi rendition="#b">Merſenne</hi> erfordert eine Entfernung von 69 pariſer Fuß.</p> <p>Man ſieht hieraus leicht, warum gewoͤlbte Gebaͤude, Saͤle, Gaͤnge u. dgl. ſo ſtark wiederſchallen, ohne doch ein deutliches Echo zu vernrſachen. Die Mauern ſind zum Theil zu nahe, und zum Theil machen ſie eine ununterbrochene Reihewon verſchiedentlich entfernten Flaͤchen aus, und das Ohr kan weder den urſpruͤnglichen Schall vom erften Echo, noch die vielen unmittelbar in einander fließenden Wiederlaute von einander ſelbſt unterſcheiden.</p> <p>Stehen hingegen mehrere einzelne zuruͤckwerfende Flaͤchen in verſchiedenen Entfernungen, ſo kan jede derſelben ein eignes Echo veranlaſſen, und es kan aus allen zuſammen ein vielfaches Echo entſtehen, in welchem jedoch die erſten Wiederholungen gewoͤhnlich ſtaͤrker, als die letztern, ſeyn werden, weil der Schall durch einen weitern Fortgang in der Luft geſchwaͤcht wird. Doch koͤnnen auch unter den folgenden Wiederholungen ſtaͤrkere vorkommen, wenn die Flaͤchen, von denen ſie kommen, mehr Schalllinien auffaſſen und zuruͤckbringen, als die naͤhern Flaͤchen.</p> <p>Da der Schall nach eben den Geſetzen zuruͤckgeworfen wird, nach welchen das Licht zuruͤckprallet, und auf denen die Katoptrik beruht, ſo nennen einige die Lehre vom Echo <hi rendition="#b">Katoptrik des Schalls,</hi> beſſer <hi rendition="#b">Kataphonik</hi> oder <hi rendition="#b">Katakuſtik.</hi> Der Ort des ſchallenden Koͤrpers wird der <hi rendition="#b">phoniſche,</hi> und der zuruͤckwerfende Ort oder Gegenſtand der <hi rendition="#b">phonokamptiſche Mittelpunkt</hi> genannt.<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [664/0678]
der Weg des zuruͤckgeworfenen Schalles laͤnger, als der gerade Weg vom ſchallenden Koͤrper bis zum Zuhoͤrer, ſeyn muß. Wird der Schall wieder in ſeine vorige Richtung zuruͤckgeworfen, und ſteht der Zuhoͤrer beym ſchallenden Koͤrper ſelbſt, oder ruft er ſelbſt, ſo muß die Entfernung des zuruͤckwerfenden Gegenſtands wenigſtens 35 Ellen ſeyn, damit durch den Hin- und Hergang des Schalles der Weg von 69 Ellen herauskomme, der in 1/9 Sec. Zeit durchlaufen wird. Der P. Merſenne erfordert eine Entfernung von 69 pariſer Fuß.
Man ſieht hieraus leicht, warum gewoͤlbte Gebaͤude, Saͤle, Gaͤnge u. dgl. ſo ſtark wiederſchallen, ohne doch ein deutliches Echo zu vernrſachen. Die Mauern ſind zum Theil zu nahe, und zum Theil machen ſie eine ununterbrochene Reihewon verſchiedentlich entfernten Flaͤchen aus, und das Ohr kan weder den urſpruͤnglichen Schall vom erften Echo, noch die vielen unmittelbar in einander fließenden Wiederlaute von einander ſelbſt unterſcheiden.
Stehen hingegen mehrere einzelne zuruͤckwerfende Flaͤchen in verſchiedenen Entfernungen, ſo kan jede derſelben ein eignes Echo veranlaſſen, und es kan aus allen zuſammen ein vielfaches Echo entſtehen, in welchem jedoch die erſten Wiederholungen gewoͤhnlich ſtaͤrker, als die letztern, ſeyn werden, weil der Schall durch einen weitern Fortgang in der Luft geſchwaͤcht wird. Doch koͤnnen auch unter den folgenden Wiederholungen ſtaͤrkere vorkommen, wenn die Flaͤchen, von denen ſie kommen, mehr Schalllinien auffaſſen und zuruͤckbringen, als die naͤhern Flaͤchen.
Da der Schall nach eben den Geſetzen zuruͤckgeworfen wird, nach welchen das Licht zuruͤckprallet, und auf denen die Katoptrik beruht, ſo nennen einige die Lehre vom Echo Katoptrik des Schalls, beſſer Kataphonik oder Katakuſtik. Der Ort des ſchallenden Koͤrpers wird der phoniſche, und der zuruͤckwerfende Ort oder Gegenſtand der phonokamptiſche Mittelpunkt genannt.
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