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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1798.

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Die unerwartete Entdeckung des leidner Versuchs legte den Physikern der damaligen Zeit ein unerklärbares Räthsel vor. Nollet versuchte seine Hypothese darauf anzuwenden, ohne jedoch gehörige Rücksicht auf die verschiedenen Elektricitäten der beyden Seiten des Glases zu nehmen. So hatte er nicht einmal den richtigen Begrif von der Ladung der Flasche, die er überhaupt nur für Ueberfüllung mit elektrischer Materie annahm. Die Erschütterung beym Entladen erklärt er durch das Zusammenstoßen zweener elektrischen Ströme, deren einer aus der innern, der andere aus der äußern Seite der Flasche komme, die sich im Körper der entladenden Person begegneten, und dadurch die in ihr enthaltene elektrische Materie erschütterten. Ganz wider die Erfahrung nahm er an, man könne auch isolirte Flaschen laden; denn seine Hypothese enthält keinen Grund, warum es unmöglich seyn sollte. Eben so läugnet er beym Entladen die Nothwendigkeit der Verbindung beyder Seiten, und meynt, man dürfe nur die äußere Seite mit dem Conductor der Maschine verbinden, gerade als ob dies nicht auch eine Verbindung beyder Seiten wäre. In seinem Versuche nemlich ist der Conductor mit der innern Seite durch ein Vacuum verbunden, welches so gut als ein Leiter ist.

Sogleich nach dem leidner Versuche ward auch D. Watsons Entdeckung bekannt, daß der geriebene Körper die Clektricität nicht aus sich selbst hervorbringe, sondern aus dem Reibzeuge sammle. Dies änderte die bisherigen Vorstellungen der Physiker von der Erregung der Elektricität, und brachte schon Watson selbst auf den Begrif von Plus- und Minus - elektricität, oder davon, daß die den Funken ziehende Person aus der Kugel eben das erhalte, was ihr das Reibzeug gegeben habe, daher vor dem Ziehen des Funkens die Kugel mehr Elektricitat, das isolirte Reibzeug weniger, als sonst, müsse gehabt haben. Watson hat seine Abhandlungen hierüber (Philos. Trans. Vol. XLIV. XLV.) schon zu Anfange des Jahres 1747 eingereicht.


Die unerwartete Entdeckung des leidner Verſuchs legte den Phyſikern der damaligen Zeit ein unerklaͤrbares Raͤthſel vor. Nollet verſuchte ſeine Hypotheſe darauf anzuwenden, ohne jedoch gehoͤrige Ruͤckſicht auf die verſchiedenen Elektricitaͤten der beyden Seiten des Glaſes zu nehmen. So hatte er nicht einmal den richtigen Begrif von der Ladung der Flaſche, die er uͤberhaupt nur fuͤr Ueberfuͤllung mit elektriſcher Materie annahm. Die Erſchuͤtterung beym Entladen erklaͤrt er durch das Zuſammenſtoßen zweener elektriſchen Stroͤme, deren einer aus der innern, der andere aus der aͤußern Seite der Flaſche komme, die ſich im Koͤrper der entladenden Perſon begegneten, und dadurch die in ihr enthaltene elektriſche Materie erſchuͤtterten. Ganz wider die Erfahrung nahm er an, man koͤnne auch iſolirte Flaſchen laden; denn ſeine Hypothëſe enthaͤlt keinen Grund, warum es unmoͤglich ſeyn ſollte. Eben ſo laͤugnet er beym Entladen die Nothwendigkeit der Verbindung beyder Seiten, und meynt, man duͤrfe nur die aͤußere Seite mit dem Conductor der Maſchine verbinden, gerade als ob dies nicht auch eine Verbindung beyder Seiten waͤre. In ſeinem Verſuche nemlich iſt der Conductor mit der innern Seite durch ein Vacuum verbunden, welches ſo gut als ein Leiter iſt.

Sogleich nach dem leidner Verſuche ward auch D. Watſons Entdeckung bekannt, daß der geriebene Koͤrper die Clektricitaͤt nicht aus ſich ſelbſt hervorbringe, ſondern aus dem Reibzeuge ſammle. Dies aͤnderte die bisherigen Vorſtellungen der Phyſiker von der Erregung der Elektricitaͤt, und brachte ſchon Watſon ſelbſt auf den Begrif von Plus- und Minus - elektricitaͤt, oder davon, daß die den Funken ziehende Perſon aus der Kugel eben das erhalte, was ihr das Reibzeug gegeben habe, daher vor dem Ziehen des Funkens die Kugel mehr Elektricitat, das iſolirte Reibzeug weniger, als ſonſt, muͤſſe gehabt haben. Watſon hat ſeine Abhandlungen hieruͤber (Philoſ. Trans. Vol. XLIV. XLV.) ſchon zu Anfange des Jahres 1747 eingereicht.

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[758/0772] Die unerwartete Entdeckung des leidner Verſuchs legte den Phyſikern der damaligen Zeit ein unerklaͤrbares Raͤthſel vor. Nollet verſuchte ſeine Hypotheſe darauf anzuwenden, ohne jedoch gehoͤrige Ruͤckſicht auf die verſchiedenen Elektricitaͤten der beyden Seiten des Glaſes zu nehmen. So hatte er nicht einmal den richtigen Begrif von der Ladung der Flaſche, die er uͤberhaupt nur fuͤr Ueberfuͤllung mit elektriſcher Materie annahm. Die Erſchuͤtterung beym Entladen erklaͤrt er durch das Zuſammenſtoßen zweener elektriſchen Stroͤme, deren einer aus der innern, der andere aus der aͤußern Seite der Flaſche komme, die ſich im Koͤrper der entladenden Perſon begegneten, und dadurch die in ihr enthaltene elektriſche Materie erſchuͤtterten. Ganz wider die Erfahrung nahm er an, man koͤnne auch iſolirte Flaſchen laden; denn ſeine Hypothëſe enthaͤlt keinen Grund, warum es unmoͤglich ſeyn ſollte. Eben ſo laͤugnet er beym Entladen die Nothwendigkeit der Verbindung beyder Seiten, und meynt, man duͤrfe nur die aͤußere Seite mit dem Conductor der Maſchine verbinden, gerade als ob dies nicht auch eine Verbindung beyder Seiten waͤre. In ſeinem Verſuche nemlich iſt der Conductor mit der innern Seite durch ein Vacuum verbunden, welches ſo gut als ein Leiter iſt. Sogleich nach dem leidner Verſuche ward auch D. Watſons Entdeckung bekannt, daß der geriebene Koͤrper die Clektricitaͤt nicht aus ſich ſelbſt hervorbringe, ſondern aus dem Reibzeuge ſammle. Dies aͤnderte die bisherigen Vorſtellungen der Phyſiker von der Erregung der Elektricitaͤt, und brachte ſchon Watſon ſelbſt auf den Begrif von Plus- und Minus - elektricitaͤt, oder davon, daß die den Funken ziehende Perſon aus der Kugel eben das erhalte, was ihr das Reibzeug gegeben habe, daher vor dem Ziehen des Funkens die Kugel mehr Elektricitat, das iſolirte Reibzeug weniger, als ſonſt, muͤſſe gehabt haben. Watſon hat ſeine Abhandlungen hieruͤber (Philoſ. Trans. Vol. XLIV. XLV.) ſchon zu Anfange des Jahres 1747 eingereicht.

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Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 1. Leipzig, 1798, S. 758. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch01_1798/772>, abgerufen am 24.11.2024.