Physique du monde, sind dieser Meinung zugethan. Es lassen sich aber hiegegen sehr gegründete Einwendungen machen. Die lockersten Körper z. B. nehmen eben den Grad der fühlbaren Wärme an und pflanzen ihn fort, den die benachbarten viel dichtern haben; alle Körper, selbst die, welche nur eine schwache Elasticität besitzen, pflanzen dennoch die Wärme leicht durch sich fort, obgleich sonst alle schwingende Bewegungen durch die Dazwischenkunft weicher unelastischer Körper gedämpft und aufgehoben werden. Endlich wird eine jede Bewegung desto langsamer, schwächer und unmerklicher, je größer die Masse ist, durch welche sie sich vertheilt; das Feuer hingegen verbreitet sich mit gleicher Stärke seiner Wirkungen aus den geringsten Massen in die größten, und kann ganze Städte verheeren, wenn es auch nur aus einem Fünkgen glimmender Asche entstanden ist. Diesen letztern Einwurf findet selbst Euler (Diss. de igne im Recueil des pieces, qui ont remporte le prix a l'Acad. roy. des Sc. ann. 1738.), ein sonst sehr cartesianisch gesinnter Physiker, so stark, daß er es für nothwendig hält, ein elastisches Feuerwesen anzunehmen. Auch möchten sich wohl die Phänomene der Verbrennung aus einer bloßen innern Bewegung der Theile schwerlich so befriedigend erklären lassen, als dies bey einigen der neuern Hypothesen, welche ein eignes Feuerwesen voraussetzen, möglich ist. Aus diesen Gründen wird das Daseyn einer solchen Substanz anjetzt mit fast allgemeiner Uebereinstimmung angenommen.
Desto größer aber ist die Verschiedenheit der Meinungen über die Beschaffenheit dieses Feuerwesens, über seine Verhältnisse gegen andere Stoffe, und über die Art und Weise, wie es die Erscheinungen der Wärme, die Verdampfung, Schmelzung und Verbrennung der Körper bewirkt. Einige halten das Elementarfeuer für nichts anders als für die Materie des Lichts; andere unterscheiden es von derselben, oder sehen doch das Licht als eine eigne neue Modifikation des Feuerwesens an. Viele haben das, was die Körper entzündlich oder verbrennlich macht, das sogenannte Phlogiston für ein in den Körpern befindliches gebundenes Feuer gehalten, andere aber haben Feuer und Phlogiston
Phyſique du monde, ſind dieſer Meinung zugethan. Es laſſen ſich aber hiegegen ſehr gegruͤndete Einwendungen machen. Die lockerſten Koͤrper z. B. nehmen eben den Grad der fuͤhlbaren Waͤrme an und pflanzen ihn fort, den die benachbarten viel dichtern haben; alle Koͤrper, ſelbſt die, welche nur eine ſchwache Elaſticitaͤt beſitzen, pflanzen dennoch die Waͤrme leicht durch ſich fort, obgleich ſonſt alle ſchwingende Bewegungen durch die Dazwiſchenkunft weicher unelaſtiſcher Koͤrper gedaͤmpft und aufgehoben werden. Endlich wird eine jede Bewegung deſto langſamer, ſchwaͤcher und unmerklicher, je groͤßer die Maſſe iſt, durch welche ſie ſich vertheilt; das Feuer hingegen verbreitet ſich mit gleicher Staͤrke ſeiner Wirkungen aus den geringſten Maſſen in die groͤßten, und kann ganze Staͤdte verheeren, wenn es auch nur aus einem Fuͤnkgen glimmender Aſche entſtanden iſt. Dieſen letztern Einwurf findet ſelbſt Euler (Diſſ. de igne im Recueil des pieces, qui ont remporté le prix à l'Acad. roy. des Sc. ann. 1738.), ein ſonſt ſehr carteſianiſch geſinnter Phyſiker, ſo ſtark, daß er es fuͤr nothwendig haͤlt, ein elaſtiſches Feuerweſen anzunehmen. Auch moͤchten ſich wohl die Phaͤnomene der Verbrennung aus einer bloßen innern Bewegung der Theile ſchwerlich ſo befriedigend erklaͤren laſſen, als dies bey einigen der neuern Hypotheſen, welche ein eignes Feuerweſen vorausſetzen, moͤglich iſt. Aus dieſen Gruͤnden wird das Daſeyn einer ſolchen Subſtanz anjetzt mit faſt allgemeiner Uebereinſtimmung angenommen.
Deſto groͤßer aber iſt die Verſchiedenheit der Meinungen uͤber die Beſchaffenheit dieſes Feuerweſens, uͤber ſeine Verhaͤltniſſe gegen andere Stoffe, und uͤber die Art und Weiſe, wie es die Erſcheinungen der Waͤrme, die Verdampfung, Schmelzung und Verbrennung der Koͤrper bewirkt. Einige halten das Elementarfeuer fuͤr nichts anders als fuͤr die Materie des Lichts; andere unterſcheiden es von derſelben, oder ſehen doch das Licht als eine eigne neue Modifikation des Feuerweſens an. Viele haben das, was die Koͤrper entzuͤndlich oder verbrennlich macht, das ſogenannte Phlogiſton fuͤr ein in den Koͤrpern befindliches gebundenes Feuer gehalten, andere aber haben Feuer und Phlogiſton
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Phyſique du monde, ſind dieſer Meinung zugethan. Es laſſen ſich aber hiegegen ſehr gegruͤndete Einwendungen machen. Die lockerſten Koͤrper z. B. nehmen eben den Grad der fuͤhlbaren Waͤrme an und pflanzen ihn fort, den die benachbarten viel dichtern haben; alle Koͤrper, ſelbſt die, welche nur eine ſchwache Elaſticitaͤt beſitzen, pflanzen dennoch die Waͤrme leicht durch ſich fort, obgleich ſonſt alle ſchwingende Bewegungen durch die Dazwiſchenkunft weicher unelaſtiſcher Koͤrper gedaͤmpft und aufgehoben werden. Endlich wird eine jede Bewegung deſto langſamer, ſchwaͤcher und unmerklicher, je groͤßer die Maſſe iſt, durch welche ſie ſich vertheilt; das Feuer hingegen verbreitet ſich mit gleicher Staͤrke ſeiner Wirkungen aus den geringſten Maſſen in die groͤßten, und kann ganze Staͤdte verheeren, wenn es auch nur aus einem Fuͤnkgen glimmender Aſche entſtanden iſt. Dieſen letztern Einwurf findet ſelbſt Euler (Diſſ. de igne im Recueil des pieces, qui ont remporté le prix à l'Acad. roy. des Sc. ann. 1738.), ein ſonſt ſehr carteſianiſch geſinnter Phyſiker, ſo ſtark, daß er es fuͤr nothwendig haͤlt, ein elaſtiſches Feuerweſen anzunehmen. Auch moͤchten ſich wohl die Phaͤnomene der Verbrennung aus einer bloßen innern Bewegung der Theile ſchwerlich ſo befriedigend erklaͤren laſſen, als dies bey einigen der neuern Hypotheſen, welche ein eignes Feuerweſen vorausſetzen, moͤglich iſt. Aus dieſen Gruͤnden wird das Daſeyn einer ſolchen Subſtanz anjetzt mit faſt allgemeiner Uebereinſtimmung angenommen.
Deſto groͤßer aber iſt die Verſchiedenheit der Meinungen uͤber die Beſchaffenheit dieſes Feuerweſens, uͤber ſeine Verhaͤltniſſe gegen andere Stoffe, und uͤber die Art und Weiſe, wie es die Erſcheinungen der Waͤrme, die Verdampfung, Schmelzung und Verbrennung der Koͤrper bewirkt. Einige halten das Elementarfeuer fuͤr nichts anders als fuͤr die Materie des Lichts; andere unterſcheiden es von derſelben, oder ſehen doch das Licht als eine eigne neue Modifikation des Feuerweſens an. Viele haben das, was die Koͤrper entzuͤndlich oder verbrennlich macht, das ſogenannte Phlogiſton fuͤr ein in den Koͤrpern befindliches gebundenes Feuer gehalten, andere aber haben Feuer und Phlogiſton
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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1798, S. 209. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch02_1798/215>, abgerufen am 27.11.2024.
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