Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1798.
Cavendish verpuffte ferner 18500 Gran-Maaße entzündbare Luft mit 9750 dephlogistisirter aus rothem Präcipitat; bey einem zweyten Versuche setzte er jenem Gemische noch 2500 Gran-Maaße Luft zu, die durch Eisenfeile und Schwefel phlogistisirt worden war. Das entstandne Wasser war in beyden Versuchen sauer, allein im letztern offenbar weit stärker, als im erstern, daß also die phlogistisirte Luft unstreitig die Säure hergegeben hatte. Endlich sand er bey Fortsetzung der Versuche, daß aus einem Gemische von 7 Theilen dephlogistisirter Luft, die ohne Salpetersäure bereitet war, und 3 Theilen phlogistisirter, durch den elektrischen Funken Salpetersäure erhalten ward, woraus er entscheidend folgert, daß die in der Atmosphäre befindliche phlogistisirte Luft nichts anders, als eine mit Phlogiston gesättigte Salpetersäure sey. Priestley findet gegen diesen letztern Versuch keine Einwendung zu machen, und erklärt ihn für eine der grösten Entdeckungen, die je in Rücksicht auf die Luft gemacht worden sind. Inzwischen gesteht er doch, nicht recht zu wissen, wie er sich die Versuche erklären solle, bey welchen ohne allen Beytritt der Salpetersäure phlogistisirte Luft zum Vorschein kömmt, z. B. bey Erhitzung der Holzkohlen und des rothen Präcipitats, bey Zersetzung der laugenartigen Luft u. s. w. Sollte diese Luft eben so, wie die in der Atmosphäre, in Salpetersäure umgeändert werden können, so würde uns diese Erscheinung in große Verlegenheit setzen, und wir würden die Elemente der Salpetersäure in Körpern finden, worinn wir sie am wenigsten vermuthet hätten. Vielleicht würde die Schwierigkeit einigermaßen gehoben, wenn man annähme, daß die dephlogistisirte Luft den sauren
Cavendiſh verpuffte ferner 18500 Gran-Maaße entzuͤndbare Luft mit 9750 dephlogiſtiſirter aus rothem Praͤcipitat; bey einem zweyten Verſuche ſetzte er jenem Gemiſche noch 2500 Gran-Maaße Luft zu, die durch Eiſenfeile und Schwefel phlogiſtiſirt worden war. Das entſtandne Waſſer war in beyden Verſuchen ſauer, allein im letztern offenbar weit ſtaͤrker, als im erſtern, daß alſo die phlogiſtiſirte Luft unſtreitig die Saͤure hergegeben hatte. Endlich ſand er bey Fortſetzung der Verſuche, daß aus einem Gemiſche von 7 Theilen dephlogiſtiſirter Luft, die ohne Salpeterſaͤure bereitet war, und 3 Theilen phlogiſtiſirter, durch den elektriſchen Funken Salpeterſaͤure erhalten ward, woraus er entſcheidend folgert, daß die in der Atmoſphaͤre befindliche phlogiſtiſirte Luft nichts anders, als eine mit Phlogiſton geſaͤttigte Salpeterſaͤure ſey. Prieſtley findet gegen dieſen letztern Verſuch keine Einwendung zu machen, und erklaͤrt ihn fuͤr eine der groͤſten Entdeckungen, die je in Ruͤckſicht auf die Luft gemacht worden ſind. Inzwiſchen geſteht er doch, nicht recht zu wiſſen, wie er ſich die Verſuche erklaͤren ſolle, bey welchen ohne allen Beytritt der Salpeterſaͤure phlogiſtiſirte Luft zum Vorſchein koͤmmt, z. B. bey Erhitzung der Holzkohlen und des rothen Praͤcipitats, bey Zerſetzung der laugenartigen Luft u. ſ. w. Sollte dieſe Luft eben ſo, wie die in der Atmoſphaͤre, in Salpeterſaͤure umgeaͤndert werden koͤnnen, ſo wuͤrde uns dieſe Erſcheinung in große Verlegenheit ſetzen, und wir wuͤrden die Elemente der Salpeterſaͤure in Koͤrpern finden, worinn wir ſie am wenigſten vermuthet haͤtten. Vielleicht wuͤrde die Schwierigkeit einigermaßen gehoben, wenn man annaͤhme, daß die dephlogiſtiſirte Luft den ſauren <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0416" xml:id="P.2.410" n="410"/><lb/> das daraus erzeugte Waſſer einen ſauren Geſchmack hatte, und mit fixem Alkali geſaͤttigt nach dem Abdampfen einen wahren Salpeter gab. Dies geſchahe auch, wenn gleich zur Bereitung der reinen Luft nicht Salpeterſaͤure, ſondern Vitrioloͤl gebraucht worden war. So giebt auch der Salpeter mit Kohlen verpuft, und die Salpeterſaͤure, wenn ſie in hohem Grade phlogiſtiſirt wird, faſt lauter phlogiſtiſirte Luft.</p> <p><hi rendition="#b">Cavendiſh</hi> verpuffte ferner 18500 Gran-Maaße entzuͤndbare Luft mit 9750 dephlogiſtiſirter aus rothem Praͤcipitat; bey einem zweyten Verſuche ſetzte er jenem Gemiſche noch 2500 Gran-Maaße Luft zu, die durch Eiſenfeile und Schwefel phlogiſtiſirt worden war. Das entſtandne Waſſer war in beyden Verſuchen ſauer, allein im letztern offenbar weit ſtaͤrker, als im erſtern, daß alſo die phlogiſtiſirte Luft unſtreitig die Saͤure hergegeben hatte. Endlich ſand er bey Fortſetzung der Verſuche, daß aus einem Gemiſche von 7 Theilen dephlogiſtiſirter Luft, die ohne Salpeterſaͤure bereitet war, und 3 Theilen phlogiſtiſirter, durch den elektriſchen Funken Salpeterſaͤure erhalten ward, woraus er entſcheidend folgert, daß die in der Atmoſphaͤre befindliche phlogiſtiſirte Luft nichts anders, als eine mit Phlogiſton geſaͤttigte Salpeterſaͤure ſey.</p> <p><hi rendition="#b">Prieſtley</hi> findet gegen dieſen letztern Verſuch keine Einwendung zu machen, und erklaͤrt ihn fuͤr eine der groͤſten Entdeckungen, die je in Ruͤckſicht auf die Luft gemacht worden ſind. Inzwiſchen geſteht er doch, nicht recht zu wiſſen, wie er ſich die Verſuche erklaͤren ſolle, bey welchen ohne allen Beytritt der Salpeterſaͤure phlogiſtiſirte Luft zum Vorſchein koͤmmt, z. B. bey Erhitzung der Holzkohlen und des rothen Praͤcipitats, bey Zerſetzung der laugenartigen Luft u. ſ. w. Sollte dieſe Luft eben ſo, wie die in der Atmoſphaͤre, in Salpeterſaͤure umgeaͤndert werden koͤnnen, ſo wuͤrde uns dieſe Erſcheinung in große Verlegenheit ſetzen, und wir wuͤrden die Elemente der Salpeterſaͤure in Koͤrpern finden, worinn wir ſie am wenigſten vermuthet haͤtten. Vielleicht wuͤrde die Schwierigkeit einigermaßen gehoben, wenn man annaͤhme, daß die dephlogiſtiſirte Luft den ſauren<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [410/0416]
das daraus erzeugte Waſſer einen ſauren Geſchmack hatte, und mit fixem Alkali geſaͤttigt nach dem Abdampfen einen wahren Salpeter gab. Dies geſchahe auch, wenn gleich zur Bereitung der reinen Luft nicht Salpeterſaͤure, ſondern Vitrioloͤl gebraucht worden war. So giebt auch der Salpeter mit Kohlen verpuft, und die Salpeterſaͤure, wenn ſie in hohem Grade phlogiſtiſirt wird, faſt lauter phlogiſtiſirte Luft.
Cavendiſh verpuffte ferner 18500 Gran-Maaße entzuͤndbare Luft mit 9750 dephlogiſtiſirter aus rothem Praͤcipitat; bey einem zweyten Verſuche ſetzte er jenem Gemiſche noch 2500 Gran-Maaße Luft zu, die durch Eiſenfeile und Schwefel phlogiſtiſirt worden war. Das entſtandne Waſſer war in beyden Verſuchen ſauer, allein im letztern offenbar weit ſtaͤrker, als im erſtern, daß alſo die phlogiſtiſirte Luft unſtreitig die Saͤure hergegeben hatte. Endlich ſand er bey Fortſetzung der Verſuche, daß aus einem Gemiſche von 7 Theilen dephlogiſtiſirter Luft, die ohne Salpeterſaͤure bereitet war, und 3 Theilen phlogiſtiſirter, durch den elektriſchen Funken Salpeterſaͤure erhalten ward, woraus er entſcheidend folgert, daß die in der Atmoſphaͤre befindliche phlogiſtiſirte Luft nichts anders, als eine mit Phlogiſton geſaͤttigte Salpeterſaͤure ſey.
Prieſtley findet gegen dieſen letztern Verſuch keine Einwendung zu machen, und erklaͤrt ihn fuͤr eine der groͤſten Entdeckungen, die je in Ruͤckſicht auf die Luft gemacht worden ſind. Inzwiſchen geſteht er doch, nicht recht zu wiſſen, wie er ſich die Verſuche erklaͤren ſolle, bey welchen ohne allen Beytritt der Salpeterſaͤure phlogiſtiſirte Luft zum Vorſchein koͤmmt, z. B. bey Erhitzung der Holzkohlen und des rothen Praͤcipitats, bey Zerſetzung der laugenartigen Luft u. ſ. w. Sollte dieſe Luft eben ſo, wie die in der Atmoſphaͤre, in Salpeterſaͤure umgeaͤndert werden koͤnnen, ſo wuͤrde uns dieſe Erſcheinung in große Verlegenheit ſetzen, und wir wuͤrden die Elemente der Salpeterſaͤure in Koͤrpern finden, worinn wir ſie am wenigſten vermuthet haͤtten. Vielleicht wuͤrde die Schwierigkeit einigermaßen gehoben, wenn man annaͤhme, daß die dephlogiſtiſirte Luft den ſauren
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