Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1798.
Gegenstände des Gefühls sind alle Körper, welche die Oberfläche der Haut erschüttern und unsere Nerven bewegen können. Wir erkennen durchs Gefühl ihr Volumen, ihre Gestalt, Ruhe, Bewegung, Härte, Weichheit, Flüssigkeit, Wärme, Kälte, Trockenheit, Feuchtigkeit u. s. w. Der Sinn des Gefühls ist zugleich thätig und leidend. Wir fühlen zwar mehrentheils Dinge außer uns, aber wenn ein Glied des Körpers das andere berührt, so fühlen beyde und werden gefühlt; beyde sind Gegenstand und Werkzeug zugleich. Sind die Nervenspitzen durch Verbrennung zerstört, mit einer fremden Materie bedeckt, durch die Kälte zusammengezogen, gelähmt rc., so verliert der Theil, den dies betrift, das Gefühl so lange, bis sie wieder in ihren natürlichen Zustand zurückkehren. Ein besonderes Phänomen des Gefühls ist der Kitzel, eine leichte Erschütterung der Nervenspitzen, welche jedoch lebhaft genug ist, um eine unangenehme Empfindung zu erregen, und die in besonders genauer Verbindung mit der Einbildungskraft steht. Nollet Lecons de physique. Paris, 1743. 12. To. I. p. 151. sq. Le Cat Traite des sens. Paris, 1767. 8. p. 203. Gegenfüßler, Antipoden Antipodes, Antichthones, Antipodes. Diesen Namen giebt man den Bewohnern solcher Länder, welche auf der Erdfläche einander dem Durchmesser nach gegenüber stehen. Die in o, Taf. VIII. Fig. 2. sind derer in n, und diese jener Antipoden. Das Zenith jener ist das Nadir dieser, und umgekehrt. Beyde treibt die Schwere nach C, dem Mittelpunkte der Erde, oder vielmehr lothrecht gegen die Erdfläche, auf der ihre Füße stehen. Beyde stehen also fest, und es ist bey einer sehr mäßigen Aufmerksamkeit leicht zu übersehen, daß die in n weder herabfallen können, noch etwa die Köpfe unterwärts
Gegenſtaͤnde des Gefuͤhls ſind alle Koͤrper, welche die Oberflaͤche der Haut erſchuͤttern und unſere Nerven bewegen koͤnnen. Wir erkennen durchs Gefuͤhl ihr Volumen, ihre Geſtalt, Ruhe, Bewegung, Haͤrte, Weichheit, Fluͤſſigkeit, Waͤrme, Kaͤlte, Trockenheit, Feuchtigkeit u. ſ. w. Der Sinn des Gefuͤhls iſt zugleich thaͤtig und leidend. Wir fuͤhlen zwar mehrentheils Dinge außer uns, aber wenn ein Glied des Koͤrpers das andere beruͤhrt, ſo fuͤhlen beyde und werden gefuͤhlt; beyde ſind Gegenſtand und Werkzeug zugleich. Sind die Nervenſpitzen durch Verbrennung zerſtoͤrt, mit einer fremden Materie bedeckt, durch die Kaͤlte zuſammengezogen, gelaͤhmt rc., ſo verliert der Theil, den dies betrift, das Gefuͤhl ſo lange, bis ſie wieder in ihren natuͤrlichen Zuſtand zuruͤckkehren. Ein beſonderes Phaͤnomen des Gefuͤhls iſt der Kitzel, eine leichte Erſchuͤtterung der Nervenſpitzen, welche jedoch lebhaft genug iſt, um eine unangenehme Empfindung zu erregen, und die in beſonders genauer Verbindung mit der Einbildungskraft ſteht. Nollet Leçons de phyſique. Paris, 1743. 12. To. I. p. 151. ſq. Le Cat Traité des ſens. Paris, 1767. 8. p. 203. Gegenfuͤßler, Antipoden Antipodes, Antichthones, Antipodes. Dieſen Namen giebt man den Bewohnern ſolcher Laͤnder, welche auf der Erdflaͤche einander dem Durchmeſſer nach gegenuͤber ſtehen. Die in o, Taf. VIII. Fig. 2. ſind derer in n, und dieſe jener Antipoden. Das Zenith jener iſt das Nadir dieſer, und umgekehrt. Beyde treibt die Schwere nach C, dem Mittelpunkte der Erde, oder vielmehr lothrecht gegen die Erdflaͤche, auf der ihre Fuͤße ſtehen. Beyde ſtehen alſo feſt, und es iſt bey einer ſehr maͤßigen Aufmerkſamkeit leicht zu uͤberſehen, daß die in n weder herabfallen koͤnnen, noch etwa die Koͤpfe unterwaͤrts <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0445" xml:id="P.2.439" n="439"/><lb/> hinauslaufen. Er kan durch Aufmerkſamkeit und Uebung ſo verfeinert werden, daß durch ihn oft Blinde fuͤr den Mangel des Geſichts großentheils entſchaͤdiget worden ſind.</p> <p>Gegenſtaͤnde des Gefuͤhls ſind alle Koͤrper, welche die Oberflaͤche der Haut erſchuͤttern und unſere Nerven bewegen koͤnnen. Wir erkennen durchs Gefuͤhl ihr Volumen, ihre Geſtalt, Ruhe, Bewegung, Haͤrte, Weichheit, Fluͤſſigkeit, Waͤrme, Kaͤlte, Trockenheit, Feuchtigkeit u. ſ. w.</p> <p>Der Sinn des Gefuͤhls iſt zugleich thaͤtig und leidend. Wir fuͤhlen zwar mehrentheils Dinge außer uns, aber wenn ein Glied des Koͤrpers das andere beruͤhrt, ſo fuͤhlen beyde und werden gefuͤhlt; beyde ſind Gegenſtand und Werkzeug zugleich.</p> <p>Sind die Nervenſpitzen durch Verbrennung zerſtoͤrt, mit einer fremden Materie bedeckt, durch die Kaͤlte zuſammengezogen, gelaͤhmt rc., ſo verliert der Theil, den dies betrift, das Gefuͤhl ſo lange, bis ſie wieder in ihren natuͤrlichen Zuſtand zuruͤckkehren.</p> <p>Ein beſonderes Phaͤnomen des Gefuͤhls iſt der <hi rendition="#b">Kitzel,</hi> eine leichte Erſchuͤtterung der Nervenſpitzen, welche jedoch lebhaft genug iſt, um eine unangenehme Empfindung zu erregen, und die in beſonders genauer Verbindung mit der Einbildungskraft ſteht.</p> <p> <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Nollet</hi> Leçons de phyſique. Paris, 1743. 12. To. I. p. 151. ſq.</hi> </p> <p> <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Le Cat</hi> Traité des ſens. Paris, 1767. 8. p. 203.</hi> </p> </div> <div n="2"> <head>Gegenfuͤßler, Antipoden</head><lb/> <p><hi rendition="#aq">Antipodes, Antichthones, <hi rendition="#i">Antipodes.</hi></hi> Dieſen Namen giebt man den Bewohnern ſolcher Laͤnder, welche auf der Erdflaͤche einander dem Durchmeſſer nach gegenuͤber ſtehen. Die in <hi rendition="#aq">o,</hi> Taf. <hi rendition="#aq">VIII.</hi> Fig. 2. ſind derer in <hi rendition="#aq">n,</hi> und dieſe jener Antipoden. Das Zenith jener iſt das Nadir dieſer, und umgekehrt. Beyde treibt die Schwere nach <hi rendition="#aq">C,</hi> dem Mittelpunkte der Erde, oder vielmehr lothrecht gegen die Erdflaͤche, auf der ihre Fuͤße ſtehen. Beyde ſtehen alſo feſt, und es iſt bey einer ſehr maͤßigen Aufmerkſamkeit leicht zu uͤberſehen, daß die in <hi rendition="#aq">n</hi> weder herabfallen koͤnnen, noch etwa die Koͤpfe unterwaͤrts<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [439/0445]
hinauslaufen. Er kan durch Aufmerkſamkeit und Uebung ſo verfeinert werden, daß durch ihn oft Blinde fuͤr den Mangel des Geſichts großentheils entſchaͤdiget worden ſind.
Gegenſtaͤnde des Gefuͤhls ſind alle Koͤrper, welche die Oberflaͤche der Haut erſchuͤttern und unſere Nerven bewegen koͤnnen. Wir erkennen durchs Gefuͤhl ihr Volumen, ihre Geſtalt, Ruhe, Bewegung, Haͤrte, Weichheit, Fluͤſſigkeit, Waͤrme, Kaͤlte, Trockenheit, Feuchtigkeit u. ſ. w.
Der Sinn des Gefuͤhls iſt zugleich thaͤtig und leidend. Wir fuͤhlen zwar mehrentheils Dinge außer uns, aber wenn ein Glied des Koͤrpers das andere beruͤhrt, ſo fuͤhlen beyde und werden gefuͤhlt; beyde ſind Gegenſtand und Werkzeug zugleich.
Sind die Nervenſpitzen durch Verbrennung zerſtoͤrt, mit einer fremden Materie bedeckt, durch die Kaͤlte zuſammengezogen, gelaͤhmt rc., ſo verliert der Theil, den dies betrift, das Gefuͤhl ſo lange, bis ſie wieder in ihren natuͤrlichen Zuſtand zuruͤckkehren.
Ein beſonderes Phaͤnomen des Gefuͤhls iſt der Kitzel, eine leichte Erſchuͤtterung der Nervenſpitzen, welche jedoch lebhaft genug iſt, um eine unangenehme Empfindung zu erregen, und die in beſonders genauer Verbindung mit der Einbildungskraft ſteht.
Nollet Leçons de phyſique. Paris, 1743. 12. To. I. p. 151. ſq.
Le Cat Traité des ſens. Paris, 1767. 8. p. 203.
Gegenfuͤßler, Antipoden
Antipodes, Antichthones, Antipodes. Dieſen Namen giebt man den Bewohnern ſolcher Laͤnder, welche auf der Erdflaͤche einander dem Durchmeſſer nach gegenuͤber ſtehen. Die in o, Taf. VIII. Fig. 2. ſind derer in n, und dieſe jener Antipoden. Das Zenith jener iſt das Nadir dieſer, und umgekehrt. Beyde treibt die Schwere nach C, dem Mittelpunkte der Erde, oder vielmehr lothrecht gegen die Erdflaͤche, auf der ihre Fuͤße ſtehen. Beyde ſtehen alſo feſt, und es iſt bey einer ſehr maͤßigen Aufmerkſamkeit leicht zu uͤberſehen, daß die in n weder herabfallen koͤnnen, noch etwa die Koͤpfe unterwaͤrts
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