da hingegen das rechte in ziemliche Entfernungen deutlich sieht. Ich habe mich gewöhnt, blos das |rechte Auge zu brauchen, und fühle daher, wenn ich dasselbe zuschließe, um mit dem kurzsichtigen allein etwas in der Nähe zu betrachten, eine schmerzhafte Anstrengung, während welcher mir der Gegenstand weiter wegzurücken, und etwas größer zu werden scheint, bis das Bild deutlich wird. Wenn ich alsdann das rechte Auge wieder öfne, so fühle ich die Anstrengung in diesem, das Object scheint mir näher zu kommen, und sich gleichsam zusammenzuziehen. Verdrücke ich ein Auge mit dem Finger so, daß ich zwey Bilder sehe, so stellt sich mir das undeutliche Bild durch das kurzsichtige Auge merklich entfernter und größer dar, als das deutliche. Einer meiner Freunde, der unter unsere aufgeklärtesten Aerzte gehört, und eben so ungleiche Augen hat, versichert mich, daß er mit dem kurzsichtigen Auge alle Gegenstände um (1/24) kleiner, als mit dem andern, sehe. Dies ist meiner Erfahrung entgegen; es solgt aber daraus nichts weiter, als daß wir beyde über scheinbare Entfernung und Größe auf verschiedene Art urtheilen.
Es giebt auch Augen, welche alle, sowohl nahe, als entfernte Gegenstände undeutlich sehen, wenn sie sich nicht erhabner Gläser bedienen. Von dieser Art sind die am grauen Stahr operirten Augen. Fanin (Memoires et Obs. sur l'oeil, Paris 1772. 8. p. 429.) führt ein Beyspiel von Augen an, welche von Natur so beschaffen waren, und sucht die Ursache dieses Fehlers in einer allzuplatten Krystallinse.
Das Schiefsehen(Luscitas Boerh. Visus obliquus), wobey das Auge nur das, was ihm zur Seite steht, deutlich siehet, und sich also, um gerade vor ihm stehende Dinge zu betrachten, seitwärts wenden muß, kan von einer schiefen Lage der Pupille oder Krystallinse, von einer Undurchsichtigkeit des vordern Theils der Hornhaut, oder von einer Unempfindlichkeit des in der Augenaxe liegenden Theils der Netzhaut herrühren. Das Schielen(Strabismus Luscitas relativa), welches hievon verschieden ist, wird unter einem besondern Artikel abgehandelt werden.
da hingegen das rechte in ziemliche Entfernungen deutlich ſieht. Ich habe mich gewoͤhnt, blos das |rechte Auge zu brauchen, und fuͤhle daher, wenn ich daſſelbe zuſchließe, um mit dem kurzſichtigen allein etwas in der Naͤhe zu betrachten, eine ſchmerzhafte Anſtrengung, waͤhrend welcher mir der Gegenſtand weiter wegzuruͤcken, und etwas groͤßer zu werden ſcheint, bis das Bild deutlich wird. Wenn ich alsdann das rechte Auge wieder oͤfne, ſo fuͤhle ich die Anſtrengung in dieſem, das Object ſcheint mir naͤher zu kommen, und ſich gleichſam zuſammenzuziehen. Verdruͤcke ich ein Auge mit dem Finger ſo, daß ich zwey Bilder ſehe, ſo ſtellt ſich mir das undeutliche Bild durch das kurzſichtige Auge merklich entfernter und groͤßer dar, als das deutliche. Einer meiner Freunde, der unter unſere aufgeklaͤrteſten Aerzte gehoͤrt, und eben ſo ungleiche Augen hat, verſichert mich, daß er mit dem kurzſichtigen Auge alle Gegenſtaͤnde um (1/24) kleiner, als mit dem andern, ſehe. Dies iſt meiner Erfahrung entgegen; es ſolgt aber daraus nichts weiter, als daß wir beyde uͤber ſcheinbare Entfernung und Groͤße auf verſchiedene Art urtheilen.
Es giebt auch Augen, welche alle, ſowohl nahe, als entfernte Gegenſtaͤnde undeutlich ſehen, wenn ſie ſich nicht erhabner Glaͤſer bedienen. Von dieſer Art ſind die am grauen Stahr operirten Augen. Fanin (Mémoires et Obſ. ſur l'oeil, Paris 1772. 8. p. 429.) fuͤhrt ein Beyſpiel von Augen an, welche von Natur ſo beſchaffen waren, und ſucht die Urſache dieſes Fehlers in einer allzuplatten Kryſtallinſe.
Das Schiefſehen(Luſcitas Boerh. Viſus obliquus), wobey das Auge nur das, was ihm zur Seite ſteht, deutlich ſiehet, und ſich alſo, um gerade vor ihm ſtehende Dinge zu betrachten, ſeitwaͤrts wenden muß, kan von einer ſchiefen Lage der Pupille oder Kryſtallinſe, von einer Undurchſichtigkeit des vordern Theils der Hornhaut, oder von einer Unempfindlichkeit des in der Augenaxe liegenden Theils der Netzhaut herruͤhren. Das Schielen(Strabiſmus Luſcitas relativa), welches hievon verſchieden iſt, wird unter einem beſondern Artikel abgehandelt werden.
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da hingegen das rechte in ziemliche Entfernungen deutlich ſieht. Ich habe mich gewoͤhnt, blos das |rechte Auge zu brauchen, und fuͤhle daher, wenn ich daſſelbe zuſchließe, um mit dem kurzſichtigen allein etwas in der Naͤhe zu betrachten, eine ſchmerzhafte Anſtrengung, waͤhrend welcher mir der Gegenſtand weiter wegzuruͤcken, und etwas groͤßer zu werden ſcheint, bis das Bild deutlich wird. Wenn ich alsdann das rechte Auge wieder oͤfne, ſo fuͤhle ich die Anſtrengung in dieſem, das Object ſcheint mir naͤher zu kommen, und ſich gleichſam zuſammenzuziehen. Verdruͤcke ich ein Auge mit dem Finger ſo, daß ich zwey Bilder ſehe, ſo ſtellt ſich mir das undeutliche Bild durch das kurzſichtige Auge merklich entfernter und groͤßer dar, als das deutliche. Einer meiner Freunde, der unter unſere aufgeklaͤrteſten Aerzte gehoͤrt, und eben ſo ungleiche Augen hat, verſichert mich, daß er mit dem kurzſichtigen Auge alle Gegenſtaͤnde um (1/24) kleiner, als mit dem andern, ſehe. Dies iſt meiner Erfahrung entgegen; es ſolgt aber daraus nichts weiter, als daß wir beyde uͤber ſcheinbare Entfernung und Groͤße auf verſchiedene Art urtheilen.</p><p>Es giebt auch Augen, welche alle, ſowohl nahe, als entfernte Gegenſtaͤnde undeutlich ſehen, wenn ſie ſich nicht erhabner Glaͤſer bedienen. Von dieſer Art ſind die am grauen Stahr operirten Augen. <hirendition="#aq"><hirendition="#i">Fanin</hi> (Mémoires et Obſ. ſur l'oeil, Paris 1772. 8. p. 429.)</hi> fuͤhrt ein Beyſpiel von Augen an, welche von Natur ſo beſchaffen waren, und ſucht die Urſache dieſes Fehlers in einer allzuplatten Kryſtallinſe.</p><p>Das <hirendition="#b">Schiefſehen</hi><hirendition="#aq">(Luſcitas <hirendition="#i">Boerh.</hi> Viſus obliquus),</hi> wobey das Auge nur das, was ihm zur Seite ſteht, deutlich ſiehet, und ſich alſo, um gerade vor ihm ſtehende Dinge zu betrachten, ſeitwaͤrts wenden muß, kan von einer ſchiefen Lage der Pupille oder Kryſtallinſe, von einer Undurchſichtigkeit des vordern Theils der Hornhaut, oder von einer Unempfindlichkeit des in der Augenaxe liegenden Theils der Netzhaut herruͤhren. Das <hirendition="#b">Schielen</hi><hirendition="#aq">(Strabiſmus Luſcitas relativa),</hi> welches hievon verſchieden iſt, wird unter einem beſondern Artikel abgehandelt werden.<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
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da hingegen das rechte in ziemliche Entfernungen deutlich ſieht. Ich habe mich gewoͤhnt, blos das |rechte Auge zu brauchen, und fuͤhle daher, wenn ich daſſelbe zuſchließe, um mit dem kurzſichtigen allein etwas in der Naͤhe zu betrachten, eine ſchmerzhafte Anſtrengung, waͤhrend welcher mir der Gegenſtand weiter wegzuruͤcken, und etwas groͤßer zu werden ſcheint, bis das Bild deutlich wird. Wenn ich alsdann das rechte Auge wieder oͤfne, ſo fuͤhle ich die Anſtrengung in dieſem, das Object ſcheint mir naͤher zu kommen, und ſich gleichſam zuſammenzuziehen. Verdruͤcke ich ein Auge mit dem Finger ſo, daß ich zwey Bilder ſehe, ſo ſtellt ſich mir das undeutliche Bild durch das kurzſichtige Auge merklich entfernter und groͤßer dar, als das deutliche. Einer meiner Freunde, der unter unſere aufgeklaͤrteſten Aerzte gehoͤrt, und eben ſo ungleiche Augen hat, verſichert mich, daß er mit dem kurzſichtigen Auge alle Gegenſtaͤnde um (1/24) kleiner, als mit dem andern, ſehe. Dies iſt meiner Erfahrung entgegen; es ſolgt aber daraus nichts weiter, als daß wir beyde uͤber ſcheinbare Entfernung und Groͤße auf verſchiedene Art urtheilen.
Es giebt auch Augen, welche alle, ſowohl nahe, als entfernte Gegenſtaͤnde undeutlich ſehen, wenn ſie ſich nicht erhabner Glaͤſer bedienen. Von dieſer Art ſind die am grauen Stahr operirten Augen. Fanin (Mémoires et Obſ. ſur l'oeil, Paris 1772. 8. p. 429.) fuͤhrt ein Beyſpiel von Augen an, welche von Natur ſo beſchaffen waren, und ſucht die Urſache dieſes Fehlers in einer allzuplatten Kryſtallinſe.
Das Schiefſehen (Luſcitas Boerh. Viſus obliquus), wobey das Auge nur das, was ihm zur Seite ſteht, deutlich ſiehet, und ſich alſo, um gerade vor ihm ſtehende Dinge zu betrachten, ſeitwaͤrts wenden muß, kan von einer ſchiefen Lage der Pupille oder Kryſtallinſe, von einer Undurchſichtigkeit des vordern Theils der Hornhaut, oder von einer Unempfindlichkeit des in der Augenaxe liegenden Theils der Netzhaut herruͤhren. Das Schielen (Strabiſmus Luſcitas relativa), welches hievon verſchieden iſt, wird unter einem beſondern Artikel abgehandelt werden.
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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1798, S. 480. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch02_1798/486>, abgerufen am 22.11.2024.
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