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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1798.

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Höhe scheinen. Die Ursache ist die scheinbare Gestalt des Himmels, oder, was eben soviel sagen will, weil sie das Auge nach den gewöhnlichen Regeln des Sehens am Horizonte für entfernter nimmt. Smith giebt über dieses Verhältniß der scheinbaren Entfernungen OA, Oa, OB, OD, OC, welches zugleich das Verhältniß der scheinbaren Grössen ist, folgende Tabelle:

HöhenScheinbare Entfernungen.
--100
15--68
30--50
45--40
60--34
75--31
90--30
Er erklärt auch hieraus die elliptische Gestalt der Halonen, welche Newton, Whiston (Philos. Trans. no. 369.) und er selbst, bemerkt hatten, indem der untere Halbmesser des Hofs jederzeit größer, als der obere, erscheint, welches den verticalen Durchmesser ändert, indem der horizontale ungeändert bleibt. Endlich bestätigt er diese sehr richtige Theorie noch durch die Beyspiele der Kometenschweife und eines von Cotes gesehenen Meteors.

Nach dem Anführen des Roger Baco (Perspectiv. p. 118. ed. Combach.) soll schon Ptolemäus, in seiner verlohren gegangenen Schrift von der Optik, die scheinbare Vergrößerung der Sonne und des Monds am Horizonte auf diese Art erklärt haben, ob er sie gleich in seinem Almagest (L. I. c. 3.), so wie Strabo (Geogr. L. III. sub init.), unrichtig aus der Stralenbrechung durch die Dünste herleitet. Alhazen im siebenden Buche zeigt, daß die Stralenbrechung vielmehr eine Verkleinerung bewirken müßte, und erklärt das Phänomen für einen Gesichtsbetrug aus der größern scheinbaren Entfernung des Himmels am Horizonte. Diese sehr vernünftige Erklärung, welche auch Hobbes und Gassendi angenommen hatten, ward vom P. Gouye (Mem. de Paris, 1700.) und von Molyneux (Phil. Trans. no. 187.) wieder bestritten, von De-


Hoͤhe ſcheinen. Die Urſache iſt die ſcheinbare Geſtalt des Himmels, oder, was eben ſoviel ſagen will, weil ſie das Auge nach den gewoͤhnlichen Regeln des Sehens am Horizonte fuͤr entfernter nimmt. Smith giebt uͤber dieſes Verhaͤltniß der ſcheinbaren Entfernungen OA, Oa, OB, OD, OC, welches zugleich das Verhaͤltniß der ſcheinbaren Groͤſſen iſt, folgende Tabelle:

HoͤhenScheinbare Entfernungen.
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Er erklaͤrt auch hieraus die elliptiſche Geſtalt der Halonen, welche Newton, Whiſton (Philoſ. Trans. no. 369.) und er ſelbſt, bemerkt hatten, indem der untere Halbmeſſer des Hofs jederzeit groͤßer, als der obere, erſcheint, welches den verticalen Durchmeſſer aͤndert, indem der horizontale ungeaͤndert bleibt. Endlich beſtaͤtigt er dieſe ſehr richtige Theorie noch durch die Beyſpiele der Kometenſchweife und eines von Cotes geſehenen Meteors.

Nach dem Anfuͤhren des Roger Baco (Perſpectiv. p. 118. ed. Combach.) ſoll ſchon Ptolemaͤus, in ſeiner verlohren gegangenen Schrift von der Optik, die ſcheinbare Vergroͤßerung der Sonne und des Monds am Horizonte auf dieſe Art erklaͤrt haben, ob er ſie gleich in ſeinem Almageſt (L. I. c. 3.), ſo wie Strabo (Geogr. L. III. ſub init.), unrichtig aus der Stralenbrechung durch die Duͤnſte herleitet. Alhazen im ſiebenden Buche zeigt, daß die Stralenbrechung vielmehr eine Verkleinerung bewirken muͤßte, und erklaͤrt das Phaͤnomen fuͤr einen Geſichtsbetrug aus der groͤßern ſcheinbaren Entfernung des Himmels am Horizonte. Dieſe ſehr vernuͤnftige Erklaͤrung, welche auch Hobbes und Gaſſendi angenommen hatten, ward vom P. Gouye (Mém. de Paris, 1700.) und von Molyneux (Phil. Trans. no. 187.) wieder beſtritten, von De-

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[595/0601] Hoͤhe ſcheinen. Die Urſache iſt die ſcheinbare Geſtalt des Himmels, oder, was eben ſoviel ſagen will, weil ſie das Auge nach den gewoͤhnlichen Regeln des Sehens am Horizonte fuͤr entfernter nimmt. Smith giebt uͤber dieſes Verhaͤltniß der ſcheinbaren Entfernungen OA, Oa, OB, OD, OC, welches zugleich das Verhaͤltniß der ſcheinbaren Groͤſſen iſt, folgende Tabelle: Hoͤhen Scheinbare Entfernungen. 0° — 100 15 — 68 30 — 50 45 — 40 60 — 34 75 — 31 90 — 30 Er erklaͤrt auch hieraus die elliptiſche Geſtalt der Halonen, welche Newton, Whiſton (Philoſ. Trans. no. 369.) und er ſelbſt, bemerkt hatten, indem der untere Halbmeſſer des Hofs jederzeit groͤßer, als der obere, erſcheint, welches den verticalen Durchmeſſer aͤndert, indem der horizontale ungeaͤndert bleibt. Endlich beſtaͤtigt er dieſe ſehr richtige Theorie noch durch die Beyſpiele der Kometenſchweife und eines von Cotes geſehenen Meteors. Nach dem Anfuͤhren des Roger Baco (Perſpectiv. p. 118. ed. Combach.) ſoll ſchon Ptolemaͤus, in ſeiner verlohren gegangenen Schrift von der Optik, die ſcheinbare Vergroͤßerung der Sonne und des Monds am Horizonte auf dieſe Art erklaͤrt haben, ob er ſie gleich in ſeinem Almageſt (L. I. c. 3.), ſo wie Strabo (Geogr. L. III. ſub init.), unrichtig aus der Stralenbrechung durch die Duͤnſte herleitet. Alhazen im ſiebenden Buche zeigt, daß die Stralenbrechung vielmehr eine Verkleinerung bewirken muͤßte, und erklaͤrt das Phaͤnomen fuͤr einen Geſichtsbetrug aus der groͤßern ſcheinbaren Entfernung des Himmels am Horizonte. Dieſe ſehr vernuͤnftige Erklaͤrung, welche auch Hobbes und Gaſſendi angenommen hatten, ward vom P. Gouye (Mém. de Paris, 1700.) und von Molyneux (Phil. Trans. no. 187.) wieder beſtritten, von De-

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Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1798, S. 595. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch02_1798/601>, abgerufen am 22.11.2024.