Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1798.
Wenn man reine kieselartige Steine mit vier Theilen Weinsteinsalz, oder auch gutes weißes Glas mit drey Theilen desselben schmelzet, so erhält man eine durchsichtige, alkalisch schmeckende Masse, welche an der Luft zerfließt, und dadurch die Kieselfeuchtigkeit (liquor silicum) giebt. Das Laugensalz läßt hiebey die Luftsäure fahren, welche seine Vereinigung mit der Kieselerde hinderte, und wird das Zwischenmittel der Verbindung des Wassers mit der Kieselerde. Aus der Kieselfeuchtigkeit schlägt jede Säure die Erde wiederum nieder, und man bedient sich dieses Mittels, die Kieselerde so rein zu erhalten, als die Natur sie nie liefert, indem man Vitriolsäure im Uebermaaße zusetzt, in welcher sich die beygemischten fremden Erden auflösen. Bergmann (De terra silicea, in Opusc. Vol. II.) giebt die specifische Schwere dieser getrockneten reinen Kieselerde 1,975 an. Da die Kieselerde die Eigenschaften, welche die Erden vornehmlich auszeichnen, als Härte, Schwere, Unschmelzbarkeit, Feuerbeständigkeit rc. in vorzüglich hohem Grade besitzt, so ist sie von einigen Chymikern, welche Elemente anzunehmen geneigt sind, z. B. von Macquer, als die einfachste und elementarische Erde betrachtet worden, aus welcher die Natur erst in der Folge durch Organisation in thierischen Körpern und Pflanzen, und durch andere Bearbeitungen, die übrigen Erden hervorgebracht habe. Es ist aber überhaupt mißlich, von Elementen zu sprechen, und überdies kan man durch keinen Versuch zeigen, wie sich Kieselerde in Thon- oder Kalkerde verwandeln könne. Was man dafür hat anführen wollen, daß der aus der Kieselfeuchtigkeit bereitete Niederschlag einen Antheil von Alaunerde gebe, das kam nach Bergmann (Physik. Erdbeschr. Th. II. S. 258.) und Leonhardi (Anm. zum
Wenn man reine kieſelartige Steine mit vier Theilen Weinſteinſalz, oder auch gutes weißes Glas mit drey Theilen deſſelben ſchmelzet, ſo erhaͤlt man eine durchſichtige, alkaliſch ſchmeckende Maſſe, welche an der Luft zerfließt, und dadurch die Kieſelfeuchtigkeit (liquor ſilicum) giebt. Das Laugenſalz laͤßt hiebey die Luftſaͤure fahren, welche ſeine Vereinigung mit der Kieſelerde hinderte, und wird das Zwiſchenmittel der Verbindung des Waſſers mit der Kieſelerde. Aus der Kieſelfeuchtigkeit ſchlaͤgt jede Saͤure die Erde wiederum nieder, und man bedient ſich dieſes Mittels, die Kieſelerde ſo rein zu erhalten, als die Natur ſie nie liefert, indem man Vitriolſaͤure im Uebermaaße zuſetzt, in welcher ſich die beygemiſchten fremden Erden aufloͤſen. Bergmann (De terra ſilicea, in Opuſc. Vol. II.) giebt die ſpecifiſche Schwere dieſer getrockneten reinen Kieſelerde 1,975 an. Da die Kieſelerde die Eigenſchaften, welche die Erden vornehmlich auszeichnen, als Haͤrte, Schwere, Unſchmelzbarkeit, Feuerbeſtaͤndigkeit rc. in vorzuͤglich hohem Grade beſitzt, ſo iſt ſie von einigen Chymikern, welche Elemente anzunehmen geneigt ſind, z. B. von Macquer, als die einfachſte und elementariſche Erde betrachtet worden, aus welcher die Natur erſt in der Folge durch Organiſation in thieriſchen Koͤrpern und Pflanzen, und durch andere Bearbeitungen, die uͤbrigen Erden hervorgebracht habe. Es iſt aber uͤberhaupt mißlich, von Elementen zu ſprechen, und uͤberdies kan man durch keinen Verſuch zeigen, wie ſich Kieſelerde in Thon- oder Kalkerde verwandeln koͤnne. Was man dafuͤr hat anfuͤhren wollen, daß der aus der Kieſelfeuchtigkeit bereitete Niederſchlag einen Antheil von Alaunerde gebe, das kam nach Bergmann (Phyſik. Erdbeſchr. Th. II. S. 258.) und Leonhardi (Anm. zum <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0762" xml:id="P.2.756" n="756"/><lb/> fuͤr die einzigen Aufloͤſungsmittel derſelben; neuere Entdeckungen aber haben gelehrt, daß die Flußſpathſaͤure ebenfalls zu denſelben gehoͤre, <hi rendition="#b">ſ. Flußſpathſaͤure.</hi> Beym Zuſammenſchmelzen der Kieſelerde mit den Laugenſalzen entſteht ein ſtarkes Aufſchwellen und Aufbrauſen, wobey eine Menge Luftſaͤure entbunden wird.</p> <p>Wenn man reine kieſelartige Steine mit vier Theilen Weinſteinſalz, oder auch gutes weißes Glas mit drey Theilen deſſelben ſchmelzet, ſo erhaͤlt man eine durchſichtige, alkaliſch ſchmeckende Maſſe, welche an der Luft zerfließt, und dadurch die <hi rendition="#b">Kieſelfeuchtigkeit</hi> <hi rendition="#aq">(liquor ſilicum)</hi> giebt. Das Laugenſalz laͤßt hiebey die Luftſaͤure fahren, welche ſeine Vereinigung mit der Kieſelerde hinderte, und wird das Zwiſchenmittel der Verbindung des Waſſers mit der Kieſelerde. Aus der Kieſelfeuchtigkeit ſchlaͤgt jede Saͤure die Erde wiederum nieder, und man bedient ſich dieſes Mittels, die Kieſelerde ſo rein zu erhalten, als die Natur ſie nie liefert, indem man Vitriolſaͤure im Uebermaaße zuſetzt, in welcher ſich die beygemiſchten fremden Erden aufloͤſen. <hi rendition="#b">Bergmann</hi> <hi rendition="#aq">(De terra ſilicea, in Opuſc. Vol. II.)</hi> giebt die ſpecifiſche Schwere dieſer getrockneten reinen Kieſelerde 1,975 an.</p> <p>Da die Kieſelerde die Eigenſchaften, welche die Erden vornehmlich auszeichnen, als Haͤrte, Schwere, Unſchmelzbarkeit, Feuerbeſtaͤndigkeit rc. in vorzuͤglich hohem Grade beſitzt, ſo iſt ſie von einigen Chymikern, welche Elemente anzunehmen geneigt ſind, z. B. von <hi rendition="#b">Macquer,</hi> als die einfachſte und elementariſche Erde betrachtet worden, aus welcher die Natur erſt in der Folge durch Organiſation in thieriſchen Koͤrpern und Pflanzen, und durch andere Bearbeitungen, die uͤbrigen Erden hervorgebracht habe. Es iſt aber uͤberhaupt mißlich, von Elementen zu ſprechen, und uͤberdies kan man durch keinen Verſuch zeigen, wie ſich Kieſelerde in Thon- oder Kalkerde verwandeln koͤnne. Was man dafuͤr hat anfuͤhren wollen, daß der aus der Kieſelfeuchtigkeit bereitete Niederſchlag einen Antheil von Alaunerde gebe, das kam nach <hi rendition="#b">Bergmann</hi> (Phyſik. Erdbeſchr. Th. <hi rendition="#aq">II.</hi> S. 258.) und <hi rendition="#b">Leonhardi</hi> (Anm. zum<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [756/0762]
fuͤr die einzigen Aufloͤſungsmittel derſelben; neuere Entdeckungen aber haben gelehrt, daß die Flußſpathſaͤure ebenfalls zu denſelben gehoͤre, ſ. Flußſpathſaͤure. Beym Zuſammenſchmelzen der Kieſelerde mit den Laugenſalzen entſteht ein ſtarkes Aufſchwellen und Aufbrauſen, wobey eine Menge Luftſaͤure entbunden wird.
Wenn man reine kieſelartige Steine mit vier Theilen Weinſteinſalz, oder auch gutes weißes Glas mit drey Theilen deſſelben ſchmelzet, ſo erhaͤlt man eine durchſichtige, alkaliſch ſchmeckende Maſſe, welche an der Luft zerfließt, und dadurch die Kieſelfeuchtigkeit (liquor ſilicum) giebt. Das Laugenſalz laͤßt hiebey die Luftſaͤure fahren, welche ſeine Vereinigung mit der Kieſelerde hinderte, und wird das Zwiſchenmittel der Verbindung des Waſſers mit der Kieſelerde. Aus der Kieſelfeuchtigkeit ſchlaͤgt jede Saͤure die Erde wiederum nieder, und man bedient ſich dieſes Mittels, die Kieſelerde ſo rein zu erhalten, als die Natur ſie nie liefert, indem man Vitriolſaͤure im Uebermaaße zuſetzt, in welcher ſich die beygemiſchten fremden Erden aufloͤſen. Bergmann (De terra ſilicea, in Opuſc. Vol. II.) giebt die ſpecifiſche Schwere dieſer getrockneten reinen Kieſelerde 1,975 an.
Da die Kieſelerde die Eigenſchaften, welche die Erden vornehmlich auszeichnen, als Haͤrte, Schwere, Unſchmelzbarkeit, Feuerbeſtaͤndigkeit rc. in vorzuͤglich hohem Grade beſitzt, ſo iſt ſie von einigen Chymikern, welche Elemente anzunehmen geneigt ſind, z. B. von Macquer, als die einfachſte und elementariſche Erde betrachtet worden, aus welcher die Natur erſt in der Folge durch Organiſation in thieriſchen Koͤrpern und Pflanzen, und durch andere Bearbeitungen, die uͤbrigen Erden hervorgebracht habe. Es iſt aber uͤberhaupt mißlich, von Elementen zu ſprechen, und uͤberdies kan man durch keinen Verſuch zeigen, wie ſich Kieſelerde in Thon- oder Kalkerde verwandeln koͤnne. Was man dafuͤr hat anfuͤhren wollen, daß der aus der Kieſelfeuchtigkeit bereitete Niederſchlag einen Antheil von Alaunerde gebe, das kam nach Bergmann (Phyſik. Erdbeſchr. Th. II. S. 258.) und Leonhardi (Anm. zum
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