Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 2. Leipzig, 1798.
Bey den Operationen der Chymie erhalten viele Körper, wenn sie aus dem flüßigen Zustande langsam in den festen übergehen, eine regelmäßige Gestalt, welche gewissen Substanzen specifisch eigen ist. Weil diese Körper alsdann, besonders wenn sie durchsichtig sind, Aehnlichkeit mit dem natürlichen Krystalle haben, so hat man zuerst den durchsichtigen, dann aber allen überhaupt den Namen der Krystallen gegeben. Man sagt also nicht allein von den Salzen, welche sich aus ihren Auflösungen unter bestimmten Gestalten niederschlagen, daß sie sich krystallisiren oder in Krystallen anschießen, sondern man gebraucht eben diese Ausdrücke auch von kiesichten, metallischen u. a. Substanzen, und nennt überhaupt alle Mineralien, deren äußere Gestalt regelmäßig gebildet ist, krystallisirte, s. Krystallisation. Krystall, isländischer, Doppelstein, Doppelspath, Crystallus islandica s. duplicans, spathum duplicans, Crystal d' Islande. Ein durchsichtiger blättriger, in rhomboidalischen Stücken brechender Kalkspath, welcher die merkwürdige Eigenschaft hat, die dadurch gesehenen Gegenstände zu verdoppeln. Man findet ihn in Schweden, Island und der Schweiz. Die Stücken, in welche er bricht, sind Parallelepipeda mit rhomboidalischen Seitenslächen, deren stumpse Winkel 101° 52', folglich die spitzigen 78° 8' betragen. Die Neigung der Seitenflächen selbst gegen einander ist 105°. Die ersten Beobachtungen über die Erscheinungen dieses Krystalls sind von Erasmus Bartholin, Professor der Geometrie und Medicin zu Kopenhagen. (Experimenta Crystalli Islandici, quibus mira et insolita refractio detegitur. Hafniae, 1669. 4.). Er bemerkte, daß die Gegenstände A und B (Taf. XII. Fig. 90.), auf welche die Grundfläche eines solchen Krystalls gelegt ward, bey aa und bb doppelt erschienen; daß die beyden Bilder desto
Bey den Operationen der Chymie erhalten viele Koͤrper, wenn ſie aus dem fluͤßigen Zuſtande langſam in den feſten uͤbergehen, eine regelmaͤßige Geſtalt, welche gewiſſen Subſtanzen ſpecifiſch eigen iſt. Weil dieſe Koͤrper alsdann, beſonders wenn ſie durchſichtig ſind, Aehnlichkeit mit dem natuͤrlichen Kryſtalle haben, ſo hat man zuerſt den durchſichtigen, dann aber allen uͤberhaupt den Namen der Kryſtallen gegeben. Man ſagt alſo nicht allein von den Salzen, welche ſich aus ihren Aufloͤſungen unter beſtimmten Geſtalten niederſchlagen, daß ſie ſich kryſtalliſiren oder in Kryſtallen anſchießen, ſondern man gebraucht eben dieſe Ausdruͤcke auch von kieſichten, metalliſchen u. a. Subſtanzen, und nennt uͤberhaupt alle Mineralien, deren aͤußere Geſtalt regelmaͤßig gebildet iſt, kryſtalliſirte, ſ. Kryſtalliſation. Kryſtall, islaͤndiſcher, Doppelſtein, Doppelſpath, Cryſtallus islandica ſ. duplicans, ſpathum duplicans, Cryſtal d' Islande. Ein durchſichtiger blaͤttriger, in rhomboidaliſchen Stuͤcken brechender Kalkſpath, welcher die merkwuͤrdige Eigenſchaft hat, die dadurch geſehenen Gegenſtaͤnde zu verdoppeln. Man findet ihn in Schweden, Island und der Schweiz. Die Stuͤcken, in welche er bricht, ſind Parallelepipeda mit rhomboidaliſchen Seitenſlaͤchen, deren ſtumpſe Winkel 101° 52′, folglich die ſpitzigen 78° 8′ betragen. Die Neigung der Seitenflaͤchen ſelbſt gegen einander iſt 105°. Die erſten Beobachtungen uͤber die Erſcheinungen dieſes Kryſtalls ſind von Eraſmus Bartholin, Profeſſor der Geometrie und Medicin zu Kopenhagen. (Experimenta Cryſtalli Islandici, quibus mira et inſolita refractio detegitur. Hafniae, 1669. 4.). Er bemerkte, daß die Gegenſtaͤnde A und B (Taf. XII. Fig. 90.), auf welche die Grundflaͤche eines ſolchen Kryſtalls gelegt ward, bey aa und bb doppelt erſchienen; daß die beyden Bilder deſto <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0826" xml:id="P.2.820" n="820"/><lb/> (<foreign xml:lang="grc"><gap reason="fm"/><note type="editorial">xruos</note></foreign>, <hi rendition="#aq">glacies)</hi> legten ſie ihm den Namen Kryſtall bey. Das Kryſtallglas, welches ihm nachahmen ſoll, ſ. Glas, erlangt doch niemals die Haͤrte des natuͤrlichen Kryſtalls.</p> <p>Bey den Operationen der Chymie erhalten viele Koͤrper, wenn ſie aus dem fluͤßigen Zuſtande langſam in den feſten uͤbergehen, eine regelmaͤßige Geſtalt, welche gewiſſen Subſtanzen ſpecifiſch eigen iſt. Weil dieſe Koͤrper alsdann, beſonders wenn ſie durchſichtig ſind, Aehnlichkeit mit dem natuͤrlichen Kryſtalle haben, ſo hat man zuerſt den durchſichtigen, dann aber allen uͤberhaupt den Namen der Kryſtallen gegeben. Man ſagt alſo nicht allein von den Salzen, welche ſich aus ihren Aufloͤſungen unter beſtimmten Geſtalten niederſchlagen, daß ſie ſich <hi rendition="#b">kryſtalliſiren</hi> oder in <hi rendition="#b">Kryſtallen anſchießen,</hi> ſondern man gebraucht eben dieſe Ausdruͤcke auch von kieſichten, metalliſchen u. a. Subſtanzen, und nennt uͤberhaupt alle Mineralien, deren aͤußere Geſtalt regelmaͤßig gebildet iſt, kryſtalliſirte, <hi rendition="#b">ſ. Kryſtalliſation.</hi></p> <p><hi rendition="#b">Kryſtall, islaͤndiſcher, Doppelſtein, Doppelſpath,</hi><hi rendition="#aq">Cryſtallus islandica ſ. duplicans, ſpathum duplicans, <hi rendition="#i">Cryſtal d' Islande.</hi></hi> Ein durchſichtiger blaͤttriger, in rhomboidaliſchen Stuͤcken brechender Kalkſpath, welcher die merkwuͤrdige Eigenſchaft hat, die dadurch geſehenen Gegenſtaͤnde zu verdoppeln. Man findet ihn in Schweden, Island und der Schweiz. Die Stuͤcken, in welche er bricht, ſind Parallelepipeda mit rhomboidaliſchen Seitenſlaͤchen, deren ſtumpſe Winkel 101° 52′, folglich die ſpitzigen 78° 8′ betragen. Die Neigung der Seitenflaͤchen ſelbſt gegen einander iſt 105°.</p> <p>Die erſten Beobachtungen uͤber die Erſcheinungen dieſes Kryſtalls ſind von <hi rendition="#b">Eraſmus Bartholin,</hi> Profeſſor der Geometrie und Medicin zu Kopenhagen. <hi rendition="#aq">(Experimenta Cryſtalli Islandici, quibus mira et inſolita refractio detegitur. Hafniae, 1669. 4.).</hi> Er bemerkte, daß die Gegenſtaͤnde <hi rendition="#aq">A</hi> und <hi rendition="#aq">B</hi> (Taf. <hi rendition="#aq">XII.</hi> Fig. 90.), auf welche die Grundflaͤche eines ſolchen Kryſtalls gelegt ward, bey <hi rendition="#aq">aa</hi> und <hi rendition="#aq">bb</hi> doppelt erſchienen; daß die beyden Bilder deſto<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [820/0826]
(_ , glacies) legten ſie ihm den Namen Kryſtall bey. Das Kryſtallglas, welches ihm nachahmen ſoll, ſ. Glas, erlangt doch niemals die Haͤrte des natuͤrlichen Kryſtalls.
Bey den Operationen der Chymie erhalten viele Koͤrper, wenn ſie aus dem fluͤßigen Zuſtande langſam in den feſten uͤbergehen, eine regelmaͤßige Geſtalt, welche gewiſſen Subſtanzen ſpecifiſch eigen iſt. Weil dieſe Koͤrper alsdann, beſonders wenn ſie durchſichtig ſind, Aehnlichkeit mit dem natuͤrlichen Kryſtalle haben, ſo hat man zuerſt den durchſichtigen, dann aber allen uͤberhaupt den Namen der Kryſtallen gegeben. Man ſagt alſo nicht allein von den Salzen, welche ſich aus ihren Aufloͤſungen unter beſtimmten Geſtalten niederſchlagen, daß ſie ſich kryſtalliſiren oder in Kryſtallen anſchießen, ſondern man gebraucht eben dieſe Ausdruͤcke auch von kieſichten, metalliſchen u. a. Subſtanzen, und nennt uͤberhaupt alle Mineralien, deren aͤußere Geſtalt regelmaͤßig gebildet iſt, kryſtalliſirte, ſ. Kryſtalliſation.
Kryſtall, islaͤndiſcher, Doppelſtein, Doppelſpath, Cryſtallus islandica ſ. duplicans, ſpathum duplicans, Cryſtal d' Islande. Ein durchſichtiger blaͤttriger, in rhomboidaliſchen Stuͤcken brechender Kalkſpath, welcher die merkwuͤrdige Eigenſchaft hat, die dadurch geſehenen Gegenſtaͤnde zu verdoppeln. Man findet ihn in Schweden, Island und der Schweiz. Die Stuͤcken, in welche er bricht, ſind Parallelepipeda mit rhomboidaliſchen Seitenſlaͤchen, deren ſtumpſe Winkel 101° 52′, folglich die ſpitzigen 78° 8′ betragen. Die Neigung der Seitenflaͤchen ſelbſt gegen einander iſt 105°.
Die erſten Beobachtungen uͤber die Erſcheinungen dieſes Kryſtalls ſind von Eraſmus Bartholin, Profeſſor der Geometrie und Medicin zu Kopenhagen. (Experimenta Cryſtalli Islandici, quibus mira et inſolita refractio detegitur. Hafniae, 1669. 4.). Er bemerkte, daß die Gegenſtaͤnde A und B (Taf. XII. Fig. 90.), auf welche die Grundflaͤche eines ſolchen Kryſtalls gelegt ward, bey aa und bb doppelt erſchienen; daß die beyden Bilder deſto
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