Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1798.

Bild:
<< vorherige Seite


Die größern dunkeln Flecken des Monds stellen sich, wenn sie von der Grenzlinie der Erleuchtung durchschnitten werden, allezeit glatt, und ohne hervorragende Theile dar. Sie scheinen also Ebenen zu seyn, deren Materie das Sonnenlicht nicht so stark zurückwirft, sondern mehr in sich nimmt oder durchläßt. Es war natürlich, bey einer durchsichtigen Materie mit ebner Oberfläche an Wasser zu denken, und so diese Flecken für Meere im Monde zu halten. Dafür nehmen sie auch Hevel und Kiccioli wirklich an, und legen ihnen Namen von Meeren bey. Allein da es auch feste Materien giebt, die bey gleicher Beleuchtung dunkler, als andere aussehen, so ist dieser Schluß nicht völlig sicher, so allgemein man ihn sonst auch annahm. Huygens (Cosmotheor. L. II. ed. Hag. 1698. 4. p. 114.) hat mit größern Fernröhren Vertiefungen in diesen Flecken wahrgenommen (cavitates exiguas ro tundas, umbris intus cadentibus, quod maris superficiei convenire nequit), und läugnet daher die Meere im Monde gänzlich. Auch müßten aus so viel Wasser, das 14 Tage lang von der Sonne beschienen wird, häufige Dünste aufsteigen, und den Mond trüb machen, wovon man doch nichts bemerkt. Diese Flecken scheinen also zwar größtentheils Ebenen, aber nicht Meere zu seyn, ob man ihnen gleich die einmal angenommenen Namen der Meere lassen muß.

In den hellern Theilen der Mondscheibe zeigt sich die Grenzlinie der Erleuchtung durch Fernröhre allezeit höckricht und auf verschiedene Art gebogen. Dies zeigt offenbar Unebenheit oder Höhen und Tiefen, Berge und Thäler, an, dergleichen durch gute Fernröhre auch außerhalb der Erleuchtungsgrenze häufig in die Augen fallen. Bianchini (Hesperi et Phosphori nova phaenomena. Romae, 1728. fol. p. 6.) bildet eine durch lange Fernröhre betrachtete Gegend der Mondscheibe ab, auf die man nur einen Blick werfen darf, um ansehnliche Höhen und Tiefen darinn zu erkennen. Ueberdies erscheinen neben der Grenzlinie der Erleuchtung häufige helle Puncte, die eigentlich noch in dem unerleuchteten Theile der Mondkugel liegen, und nichts anders seyn können, als hohe Spitzen, welche die Senne


Die groͤßern dunkeln Flecken des Monds ſtellen ſich, wenn ſie von der Grenzlinie der Erleuchtung durchſchnitten werden, allezeit glatt, und ohne hervorragende Theile dar. Sie ſcheinen alſo Ebenen zu ſeyn, deren Materie das Sonnenlicht nicht ſo ſtark zuruͤckwirft, ſondern mehr in ſich nimmt oder durchlaͤßt. Es war natuͤrlich, bey einer durchſichtigen Materie mit ebner Oberflaͤche an Waſſer zu denken, und ſo dieſe Flecken fuͤr Meere im Monde zu halten. Dafuͤr nehmen ſie auch Hevel und Kiccioli wirklich an, und legen ihnen Namen von Meeren bey. Allein da es auch feſte Materien giebt, die bey gleicher Beleuchtung dunkler, als andere ausſehen, ſo iſt dieſer Schluß nicht voͤllig ſicher, ſo allgemein man ihn ſonſt auch annahm. Huygens (Coſmotheor. L. II. ed. Hag. 1698. 4. p. 114.) hat mit groͤßern Fernroͤhren Vertiefungen in dieſen Flecken wahrgenommen (cavitates exiguas ro tundas, umbris intus cadentibus, quod maris ſuperficiei convenire nequit), und laͤugnet daher die Meere im Monde gaͤnzlich. Auch muͤßten aus ſo viel Waſſer, das 14 Tage lang von der Sonne beſchienen wird, haͤufige Duͤnſte aufſteigen, und den Mond truͤb machen, wovon man doch nichts bemerkt. Dieſe Flecken ſcheinen alſo zwar groͤßtentheils Ebenen, aber nicht Meere zu ſeyn, ob man ihnen gleich die einmal angenommenen Namen der Meere laſſen muß.

In den hellern Theilen der Mondſcheibe zeigt ſich die Grenzlinie der Erleuchtung durch Fernroͤhre allezeit hoͤckricht und auf verſchiedene Art gebogen. Dies zeigt offenbar Unebenheit oder Hoͤhen und Tiefen, Berge und Thaͤler, an, dergleichen durch gute Fernroͤhre auch außerhalb der Erleuchtungsgrenze haͤufig in die Augen fallen. Bianchini (Heſperi et Phoſphori nova phaenomena. Romae, 1728. fol. p. 6.) bildet eine durch lange Fernroͤhre betrachtete Gegend der Mondſcheibe ab, auf die man nur einen Blick werfen darf, um anſehnliche Hoͤhen und Tiefen darinn zu erkennen. Ueberdies erſcheinen neben der Grenzlinie der Erleuchtung haͤufige helle Puncte, die eigentlich noch in dem unerleuchteten Theile der Mondkugel liegen, und nichts anders ſeyn koͤnnen, als hohe Spitzen, welche die Senne

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p>
              <pb facs="#f0289" xml:id="P.3.283" n="283"/><lb/>
            </p>
            <p>Die gro&#x0364;ßern dunkeln Flecken des Monds &#x017F;tellen &#x017F;ich, wenn &#x017F;ie von der Grenzlinie der Erleuchtung durch&#x017F;chnitten werden, allezeit glatt, und ohne hervorragende Theile dar. Sie &#x017F;cheinen al&#x017F;o <hi rendition="#b">Ebenen</hi> zu &#x017F;eyn, deren Materie das Sonnenlicht nicht &#x017F;o &#x017F;tark zuru&#x0364;ckwirft, &#x017F;ondern mehr in &#x017F;ich nimmt oder durchla&#x0364;ßt. Es war natu&#x0364;rlich, bey einer durch&#x017F;ichtigen Materie mit ebner Oberfla&#x0364;che an <hi rendition="#b">Wa&#x017F;&#x017F;er</hi> zu denken, und &#x017F;o die&#x017F;e Flecken fu&#x0364;r <hi rendition="#b">Meere</hi> im Monde zu halten. Dafu&#x0364;r nehmen &#x017F;ie auch <hi rendition="#b">Hevel</hi> und <hi rendition="#b">Kiccioli</hi> wirklich an, und legen ihnen Namen von Meeren bey. Allein da es auch fe&#x017F;te Materien giebt, die bey gleicher Beleuchtung dunkler, als andere aus&#x017F;ehen, &#x017F;o i&#x017F;t die&#x017F;er Schluß nicht vo&#x0364;llig &#x017F;icher, &#x017F;o allgemein man ihn &#x017F;on&#x017F;t auch annahm. <hi rendition="#b">Huygens</hi> <hi rendition="#aq">(Co&#x017F;motheor. L. II. ed. Hag. 1698. 4. p. 114.)</hi> hat mit gro&#x0364;ßern Fernro&#x0364;hren Vertiefungen in die&#x017F;en Flecken wahrgenommen <hi rendition="#aq">(cavitates exiguas ro tundas, umbris intus cadentibus, quod maris &#x017F;uperficiei convenire nequit),</hi> und la&#x0364;ugnet daher die Meere im Monde ga&#x0364;nzlich. Auch mu&#x0364;ßten aus &#x017F;o viel Wa&#x017F;&#x017F;er, das 14 Tage lang von der Sonne be&#x017F;chienen wird, ha&#x0364;ufige Du&#x0364;n&#x017F;te auf&#x017F;teigen, und den Mond tru&#x0364;b machen, wovon man doch nichts bemerkt. Die&#x017F;e Flecken &#x017F;cheinen al&#x017F;o zwar gro&#x0364;ßtentheils Ebenen, aber nicht Meere zu &#x017F;eyn, ob man ihnen gleich die einmal angenommenen Namen der Meere la&#x017F;&#x017F;en muß.</p>
            <p>In den hellern Theilen der Mond&#x017F;cheibe zeigt &#x017F;ich die Grenzlinie der Erleuchtung durch Fernro&#x0364;hre allezeit ho&#x0364;ckricht und auf ver&#x017F;chiedene Art gebogen. Dies zeigt offenbar <hi rendition="#b">Unebenheit</hi> oder Ho&#x0364;hen und Tiefen, Berge und Tha&#x0364;ler, an, dergleichen durch gute Fernro&#x0364;hre auch außerhalb der Erleuchtungsgrenze ha&#x0364;ufig in die Augen fallen. Bianchini <hi rendition="#aq">(He&#x017F;peri et Pho&#x017F;phori nova phaenomena. Romae, 1728. fol. p. 6.)</hi> bildet eine durch lange Fernro&#x0364;hre betrachtete Gegend der Mond&#x017F;cheibe ab, auf die man nur einen Blick werfen darf, um an&#x017F;ehnliche Ho&#x0364;hen und Tiefen darinn zu erkennen. Ueberdies er&#x017F;cheinen neben der Grenzlinie der Erleuchtung ha&#x0364;ufige helle Puncte, die eigentlich noch in dem unerleuchteten Theile der Mondkugel liegen, und nichts anders &#x017F;eyn ko&#x0364;nnen, als hohe Spitzen, welche die Senne<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[283/0289] Die groͤßern dunkeln Flecken des Monds ſtellen ſich, wenn ſie von der Grenzlinie der Erleuchtung durchſchnitten werden, allezeit glatt, und ohne hervorragende Theile dar. Sie ſcheinen alſo Ebenen zu ſeyn, deren Materie das Sonnenlicht nicht ſo ſtark zuruͤckwirft, ſondern mehr in ſich nimmt oder durchlaͤßt. Es war natuͤrlich, bey einer durchſichtigen Materie mit ebner Oberflaͤche an Waſſer zu denken, und ſo dieſe Flecken fuͤr Meere im Monde zu halten. Dafuͤr nehmen ſie auch Hevel und Kiccioli wirklich an, und legen ihnen Namen von Meeren bey. Allein da es auch feſte Materien giebt, die bey gleicher Beleuchtung dunkler, als andere ausſehen, ſo iſt dieſer Schluß nicht voͤllig ſicher, ſo allgemein man ihn ſonſt auch annahm. Huygens (Coſmotheor. L. II. ed. Hag. 1698. 4. p. 114.) hat mit groͤßern Fernroͤhren Vertiefungen in dieſen Flecken wahrgenommen (cavitates exiguas ro tundas, umbris intus cadentibus, quod maris ſuperficiei convenire nequit), und laͤugnet daher die Meere im Monde gaͤnzlich. Auch muͤßten aus ſo viel Waſſer, das 14 Tage lang von der Sonne beſchienen wird, haͤufige Duͤnſte aufſteigen, und den Mond truͤb machen, wovon man doch nichts bemerkt. Dieſe Flecken ſcheinen alſo zwar groͤßtentheils Ebenen, aber nicht Meere zu ſeyn, ob man ihnen gleich die einmal angenommenen Namen der Meere laſſen muß. In den hellern Theilen der Mondſcheibe zeigt ſich die Grenzlinie der Erleuchtung durch Fernroͤhre allezeit hoͤckricht und auf verſchiedene Art gebogen. Dies zeigt offenbar Unebenheit oder Hoͤhen und Tiefen, Berge und Thaͤler, an, dergleichen durch gute Fernroͤhre auch außerhalb der Erleuchtungsgrenze haͤufig in die Augen fallen. Bianchini (Heſperi et Phoſphori nova phaenomena. Romae, 1728. fol. p. 6.) bildet eine durch lange Fernroͤhre betrachtete Gegend der Mondſcheibe ab, auf die man nur einen Blick werfen darf, um anſehnliche Hoͤhen und Tiefen darinn zu erkennen. Ueberdies erſcheinen neben der Grenzlinie der Erleuchtung haͤufige helle Puncte, die eigentlich noch in dem unerleuchteten Theile der Mondkugel liegen, und nichts anders ſeyn koͤnnen, als hohe Spitzen, welche die Senne

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Bibliothek des Max-Planck-Instituts für Wissenschaftsgeschichte : Bereitstellung der Texttranskription. (2015-09-02T12:13:09Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2015-09-02T12:13:09Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): keine Angabe; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch03_1798
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch03_1798/289
Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1798, S. 283. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch03_1798/289>, abgerufen am 21.11.2024.