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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1798.

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nicht gegründet. Auch Swammerdam, Bagliv und Cowper haben die Muskelbemegung dem Blute zugeschrieben, weil bey Unterbindung der Aorta die Glieder lahm werden. Le Cat (Mem, de Berlin 1763.) glaubt, daß die kleinen Arterien in die zellenförmig gewebte Muskelfiber eine dem Nervensafte ähnliche eigne Lymphe ausgießen. Es läst sich aber gegen alle diese Systeme einwenden, daß die Insekten sehr viele und starke Muskeln, ohne Blut und Blutgefäße, haben.

Zu chymischen Erklärungen durch Ausbrausen des Nervensafts mit dem Blute u. dgl. haben Borelli, Willis, Bellin u. a. ihre Zuflucht genommen. Johann Bernoulli, Keil und Hamberger sagen fast eben dasselbe; nur erklären sie die Gährung mechanischer durch Eingreifen oder Anhängen der Lebensgeister an die Rinde der mit elastischer Luft erfüllten Blutkügelchen, wodurch der Widerstand der Rinde vermindert werde, und die Luft das Kügelchen mehr ausdehne.

Sauvages bedient sich der Elektricität, und lä<*>t durch diese den Lebensgeistern eigne Kraft, die Muskeln so anschwellen, wie ein am Conductor hängendes Bündel hanfner Fäden durch die elektrische Repulsion sich ausdehnt und verkürzet.

Noch andere sehen die Zusammenziehung als den natürlichen Zustand des Muskels an, und leiten die Relaration von der Wirkung der Nerven oder von der Erfüllung und Ausdehnung der Gefäße durch irgend einen Liquor her. Hiegegen aber streitet die Lähmung der Glieder bey unterbundenen oder zerschnittenen Nerven. Auch hat der Muskel im blos natürlichen Zustande nicht die Consistenz, die er bey seiner Wirksamkeit zeigt. Wenige Pfunde zerreißen ihn, wenn er im lebenden Körper die grösten Lasten trug.

Haller erklärt die willkührlichen Bewegungen der Muskeln aus ihrer Reizbarkeit oder natürlichen Neigung zur Zusammenziehung, welche nach dem Willen der Seele durch den Reiz des Nervensafts verstärkt werden könne. Ob dieses nach Stahl, durch einen wirklichen physischen Einfluß, oder nach Leibnis und Boerhave durch vorherbestimmte


nicht gegruͤndet. Auch Swammerdam, Bagliv und Cowper haben die Muſkelbemegung dem Blute zugeſchrieben, weil bey Unterbindung der Aorta die Glieder lahm werden. Le Cat (Mém, de Berlin 1763.) glaubt, daß die kleinen Arterien in die zellenfoͤrmig gewebte Muſkelfiber eine dem Nervenſafte aͤhnliche eigne Lymphe ausgießen. Es laͤſt ſich aber gegen alle dieſe Syſteme einwenden, daß die Inſekten ſehr viele und ſtarke Muſkeln, ohne Blut und Blutgefaͤße, haben.

Zu chymiſchen Erklaͤrungen durch Auſbrauſen des Nervenſafts mit dem Blute u. dgl. haben Borelli, Willis, Bellin u. a. ihre Zuflucht genommen. Johann Bernoulli, Keil und Hamberger ſagen faſt eben daſſelbe; nur erklaͤren ſie die Gaͤhrung mechaniſcher durch Eingreifen oder Anhaͤngen der Lebensgeiſter an die Rinde der mit elaſtiſcher Luft erfuͤllten Blutkuͤgelchen, wodurch der Widerſtand der Rinde vermindert werde, und die Luft das Kuͤgelchen mehr ausdehne.

Sauvages bedient ſich der Elektricitaͤt, und laͤ<*>t durch dieſe den Lebensgeiſtern eigne Kraft, die Muſkeln ſo anſchwellen, wie ein am Conductor haͤngendes Buͤndel hanfner Faͤden durch die elektriſche Repulſion ſich ausdehnt und verkuͤrzet.

Noch andere ſehen die Zuſammenziehung als den natuͤrlichen Zuſtand des Muſkels an, und leiten die Relaration von der Wirkung der Nerven oder von der Erfuͤllung und Ausdehnung der Gefaͤße durch irgend einen Liquor her. Hiegegen aber ſtreitet die Laͤhmung der Glieder bey unterbundenen oder zerſchnittenen Nerven. Auch hat der Muſkel im blos natuͤrlichen Zuſtande nicht die Conſiſtenz, die er bey ſeiner Wirkſamkeit zeigt. Wenige Pfunde zerreißen ihn, wenn er im lebenden Koͤrper die groͤſten Laſten trug.

Haller erklaͤrt die willkuͤhrlichen Bewegungen der Muſkeln aus ihrer Reizbarkeit oder natuͤrlichen Neigung zur Zuſammenziehung, welche nach dem Willen der Seele durch den Reiz des Nervenſafts verſtaͤrkt werden koͤnne. Ob dieſes nach Stahl, durch einen wirklichen phyſiſchen Einfluß, oder nach Leibnis und Boerhave durch vorherbeſtimmte

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[304/0310] nicht gegruͤndet. Auch Swammerdam, Bagliv und Cowper haben die Muſkelbemegung dem Blute zugeſchrieben, weil bey Unterbindung der Aorta die Glieder lahm werden. Le Cat (Mém, de Berlin 1763.) glaubt, daß die kleinen Arterien in die zellenfoͤrmig gewebte Muſkelfiber eine dem Nervenſafte aͤhnliche eigne Lymphe ausgießen. Es laͤſt ſich aber gegen alle dieſe Syſteme einwenden, daß die Inſekten ſehr viele und ſtarke Muſkeln, ohne Blut und Blutgefaͤße, haben. Zu chymiſchen Erklaͤrungen durch Auſbrauſen des Nervenſafts mit dem Blute u. dgl. haben Borelli, Willis, Bellin u. a. ihre Zuflucht genommen. Johann Bernoulli, Keil und Hamberger ſagen faſt eben daſſelbe; nur erklaͤren ſie die Gaͤhrung mechaniſcher durch Eingreifen oder Anhaͤngen der Lebensgeiſter an die Rinde der mit elaſtiſcher Luft erfuͤllten Blutkuͤgelchen, wodurch der Widerſtand der Rinde vermindert werde, und die Luft das Kuͤgelchen mehr ausdehne. Sauvages bedient ſich der Elektricitaͤt, und laͤ<*>t durch dieſe den Lebensgeiſtern eigne Kraft, die Muſkeln ſo anſchwellen, wie ein am Conductor haͤngendes Buͤndel hanfner Faͤden durch die elektriſche Repulſion ſich ausdehnt und verkuͤrzet. Noch andere ſehen die Zuſammenziehung als den natuͤrlichen Zuſtand des Muſkels an, und leiten die Relaration von der Wirkung der Nerven oder von der Erfuͤllung und Ausdehnung der Gefaͤße durch irgend einen Liquor her. Hiegegen aber ſtreitet die Laͤhmung der Glieder bey unterbundenen oder zerſchnittenen Nerven. Auch hat der Muſkel im blos natuͤrlichen Zuſtande nicht die Conſiſtenz, die er bey ſeiner Wirkſamkeit zeigt. Wenige Pfunde zerreißen ihn, wenn er im lebenden Koͤrper die groͤſten Laſten trug. Haller erklaͤrt die willkuͤhrlichen Bewegungen der Muſkeln aus ihrer Reizbarkeit oder natuͤrlichen Neigung zur Zuſammenziehung, welche nach dem Willen der Seele durch den Reiz des Nervenſafts verſtaͤrkt werden koͤnne. Ob dieſes nach Stahl, durch einen wirklichen phyſiſchen Einfluß, oder nach Leibnis und Boerhave durch vorherbeſtimmte

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Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1798, S. 304. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch03_1798/310>, abgerufen am 24.11.2024.