Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1798.
Menschen, Thieren und Pflanzen können die Nebel an sich nicht schaden, wohl aber kan die Feuchtigkeit der Luft, welche dabey statt findet, und die Verdichtung der Dünste an der Oberfläche des Körpers selbst, nachtheilig auf die Gesundheit wirken. Auch können fremdartige den Nebeln beygemischte Theile, dergleichen man oft durch den Geruch, und durch ein schmerzhaftes Gefühl in den Augen beym Nebel entdeckt, schädliche Einflüße haben. In Frankreich hat man eine gewisse Verderbniß oder ein Auswachsen des Getraides, vornehmlich des Roggens, das Mutterkorn, (Bled cornu, Seigle ergote), einer befondern Art von Nebeln bey feuchten und warmen Sommerwinden, dem Honigthaue (Nielle) zuschreiben wollen: wahrscheinlicher aber rühret dasselbe von Insecten her, welche diese Winde mit sich bringen. Da aber auch andere Substanzen, außer dem Wasser, in Dampfgestalt mit der atmosphärischen Luft vermengt seyn, und ihre Durchsichtigkeit stören können, so kan man leicht etwas zu den Nebeln rechnen, was in der hier angenommenen Bedeutung des Worts nicht zu ihnen gehört. Von dieser Art sind diejenigen Nebel, welche wenig oder gar nicht aufs Hygrometer wirken, und insgemein trockne Nebel (brouillards secs), Höhenrauch, Heiderauch, Sonnenrauch genannt werden. Zu diesen gehörte der Nebel im Sommer 1783, der sich über ganz Europa, sogar bis in einige entfernte Meere, und bis auf eine ziemliche Tiefe unter die Erde erstreckte, auch vom Junius bis in die Mitte des Augusts ununterbrochen anhielt. Die Sonne erschien dadurch ganz roth; die Luft war fast immer schwül und drückend, und zeigte sich durch das Eudiometer stark phlogistisirt. Dieses merkwürdige Phänomen hat viele Schriften veranlasset (Gedanken über den so lang angehaltenen ungewöhnlichen Nebel von F. v. B. (v. Beroldingen) Braunschw. 1783. 8. Mich Torcia an Toaldo zu Padua von dem Höhenrauch 1783 in Neapel und Calabrien, im deutschen Merkur, April 1774. Senebier sur la vapeur,
Menſchen, Thieren und Pflanzen koͤnnen die Nebel an ſich nicht ſchaden, wohl aber kan die Feuchtigkeit der Luft, welche dabey ſtatt findet, und die Verdichtung der Duͤnſte an der Oberflaͤche des Koͤrpers ſelbſt, nachtheilig auf die Geſundheit wirken. Auch koͤnnen fremdartige den Nebeln beygemiſchte Theile, dergleichen man oft durch den Geruch, und durch ein ſchmerzhaftes Gefuͤhl in den Augen beym Nebel entdeckt, ſchaͤdliche Einfluͤße haben. In Frankreich hat man eine gewiſſe Verderbniß oder ein Auswachſen des Getraides, vornehmlich des Roggens, das Mutterkorn, (Bled cornu, Seigle ergoté), einer befondern Art von Nebeln bey feuchten und warmen Sommerwinden, dem Honigthaue (Nielle) zuſchreiben wollen: wahrſcheinlicher aber ruͤhret daſſelbe von Inſecten her, welche dieſe Winde mit ſich bringen. Da aber auch andere Subſtanzen, außer dem Waſſer, in Dampfgeſtalt mit der atmoſphaͤriſchen Luft vermengt ſeyn, und ihre Durchſichtigkeit ſtoͤren koͤnnen, ſo kan man leicht etwas zu den Nebeln rechnen, was in der hier angenommenen Bedeutung des Worts nicht zu ihnen gehoͤrt. Von dieſer Art ſind diejenigen Nebel, welche wenig oder gar nicht aufs Hygrometer wirken, und insgemein trockne Nebel (brouillards ſecs), Hoͤhenrauch, Heiderauch, Sonnenrauch genannt werden. Zu dieſen gehoͤrte der Nebel im Sommer 1783, der ſich uͤber ganz Europa, ſogar bis in einige entfernte Meere, und bis auf eine ziemliche Tiefe unter die Erde erſtreckte, auch vom Junius bis in die Mitte des Auguſts ununterbrochen anhielt. Die Sonne erſchien dadurch ganz roth; die Luft war faſt immer ſchwuͤl und druͤckend, und zeigte ſich durch das Eudiometer ſtark phlogiſtiſirt. Dieſes merkwuͤrdige Phaͤnomen hat viele Schriften veranlaſſet (Gedanken uͤber den ſo lang angehaltenen ungewoͤhnlichen Nebel von F. v. B. (v. Beroldingen) Braunſchw. 1783. 8. Mich Torcia an Toaldo zu Padua von dem Hoͤhenrauch 1783 in Neapel und Calabrien, im deutſchen Merkur, April 1774. Senebier ſur la vapeur, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0334" xml:id="P.3.328" n="328"/><lb/> die Nebel, weil ſie durch ihren Stoß die Dunſtblaͤschen mit ſich fortreißen und in andere Gegenden fuͤhren.</p> <p>Menſchen, Thieren und Pflanzen koͤnnen die Nebel an ſich nicht ſchaden, wohl aber kan die Feuchtigkeit der Luft, welche dabey ſtatt findet, und die Verdichtung der Duͤnſte an der Oberflaͤche des Koͤrpers ſelbſt, nachtheilig auf die Geſundheit wirken. Auch koͤnnen fremdartige den Nebeln beygemiſchte Theile, dergleichen man oft durch den Geruch, und durch ein ſchmerzhaftes Gefuͤhl in den Augen beym Nebel entdeckt, ſchaͤdliche Einfluͤße haben. In Frankreich hat man eine gewiſſe Verderbniß oder ein Auswachſen des Getraides, vornehmlich des Roggens, das <hi rendition="#b">Mutterkorn,</hi> <hi rendition="#i"><hi rendition="#aq">(Bled cornu, Seigle ergoté),</hi></hi> einer befondern Art von Nebeln bey feuchten und warmen Sommerwinden, dem <hi rendition="#b">Honigthaue</hi> <hi rendition="#aq">(<hi rendition="#i">Nielle</hi>)</hi> zuſchreiben wollen: wahrſcheinlicher aber ruͤhret daſſelbe von Inſecten her, welche dieſe Winde mit ſich bringen.</p> <p>Da aber auch andere Subſtanzen, außer dem Waſſer, in Dampfgeſtalt mit der atmoſphaͤriſchen Luft vermengt ſeyn, und ihre Durchſichtigkeit ſtoͤren koͤnnen, ſo kan man leicht etwas zu den Nebeln rechnen, was in der hier angenommenen Bedeutung des Worts nicht zu ihnen gehoͤrt. Von dieſer Art ſind diejenigen Nebel, welche wenig oder gar nicht aufs Hygrometer wirken, und insgemein <hi rendition="#b">trockne Nebel</hi> <hi rendition="#aq">(<hi rendition="#i">brouillards ſecs</hi>),</hi> <hi rendition="#b">Hoͤhenrauch, Heiderauch, Sonnenrauch</hi> genannt werden. Zu dieſen gehoͤrte der Nebel im Sommer 1783, der ſich uͤber ganz Europa, ſogar bis in einige entfernte Meere, und bis auf eine ziemliche Tiefe unter die Erde erſtreckte, auch vom Junius bis in die Mitte des Auguſts ununterbrochen anhielt. Die Sonne erſchien dadurch ganz roth; die Luft war faſt immer ſchwuͤl und druͤckend, und zeigte ſich durch das Eudiometer ſtark phlogiſtiſirt. Dieſes merkwuͤrdige Phaͤnomen hat viele Schriften veranlaſſet (Gedanken uͤber den ſo lang angehaltenen ungewoͤhnlichen Nebel von F. v. B. (v. Beroldingen) Braunſchw. 1783. 8. <hi rendition="#b">Mich Torcia</hi> an Toaldo zu Padua von dem Hoͤhenrauch 1783 in Neapel und Calabrien, im deutſchen Merkur, April 1774. <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Senebier</hi> ſur la vapeur,<lb/></hi></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [328/0334]
die Nebel, weil ſie durch ihren Stoß die Dunſtblaͤschen mit ſich fortreißen und in andere Gegenden fuͤhren.
Menſchen, Thieren und Pflanzen koͤnnen die Nebel an ſich nicht ſchaden, wohl aber kan die Feuchtigkeit der Luft, welche dabey ſtatt findet, und die Verdichtung der Duͤnſte an der Oberflaͤche des Koͤrpers ſelbſt, nachtheilig auf die Geſundheit wirken. Auch koͤnnen fremdartige den Nebeln beygemiſchte Theile, dergleichen man oft durch den Geruch, und durch ein ſchmerzhaftes Gefuͤhl in den Augen beym Nebel entdeckt, ſchaͤdliche Einfluͤße haben. In Frankreich hat man eine gewiſſe Verderbniß oder ein Auswachſen des Getraides, vornehmlich des Roggens, das Mutterkorn, (Bled cornu, Seigle ergoté), einer befondern Art von Nebeln bey feuchten und warmen Sommerwinden, dem Honigthaue (Nielle) zuſchreiben wollen: wahrſcheinlicher aber ruͤhret daſſelbe von Inſecten her, welche dieſe Winde mit ſich bringen.
Da aber auch andere Subſtanzen, außer dem Waſſer, in Dampfgeſtalt mit der atmoſphaͤriſchen Luft vermengt ſeyn, und ihre Durchſichtigkeit ſtoͤren koͤnnen, ſo kan man leicht etwas zu den Nebeln rechnen, was in der hier angenommenen Bedeutung des Worts nicht zu ihnen gehoͤrt. Von dieſer Art ſind diejenigen Nebel, welche wenig oder gar nicht aufs Hygrometer wirken, und insgemein trockne Nebel (brouillards ſecs), Hoͤhenrauch, Heiderauch, Sonnenrauch genannt werden. Zu dieſen gehoͤrte der Nebel im Sommer 1783, der ſich uͤber ganz Europa, ſogar bis in einige entfernte Meere, und bis auf eine ziemliche Tiefe unter die Erde erſtreckte, auch vom Junius bis in die Mitte des Auguſts ununterbrochen anhielt. Die Sonne erſchien dadurch ganz roth; die Luft war faſt immer ſchwuͤl und druͤckend, und zeigte ſich durch das Eudiometer ſtark phlogiſtiſirt. Dieſes merkwuͤrdige Phaͤnomen hat viele Schriften veranlaſſet (Gedanken uͤber den ſo lang angehaltenen ungewoͤhnlichen Nebel von F. v. B. (v. Beroldingen) Braunſchw. 1783. 8. Mich Torcia an Toaldo zu Padua von dem Hoͤhenrauch 1783 in Neapel und Calabrien, im deutſchen Merkur, April 1774. Senebier ſur la vapeur,
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