Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1798.
Herr von Mairan erklärt hieraus mit einer Umständlichkeit, in der ich ihm hier nicht folgen kan, die Entstehung des dunkeln Segments, der hellen Bogen, der Lichtsäulen und Stralen, der Zitterungen und Blitze, der Kronen am Zenith u. s. w. sehr ungezwungen. Es giebt fast keinen Umstand, der sich nicht seiner Hypothese fast freywillig zu unterwerfen schiene. Er giebt hierauf eine Darstellung von der Lage des Sonnenäquators und der Atmosphäre um denselben, gegen die Erdbahn, zeigt daraus, zu welchen Jahrszeiten die Erde der Sonnenatmosphäre am nächsten komme, und sich am meisten in sie einsenken könne, und findet, daß dies gerade in eben den Monaten geschieht, in welchen man die meisten Nordlichter beobachtet hat. Endlich beweiset er aus den Beobachtungen des Thierkreislichts, daß sich die Sonnenatmosphäre bald erweitere, bald enger zusammenziehe, daher die Erde bey manchen Umläufen auf sie treffen, bey audern sie verfehlen könne. Hieraus erklärt er die langen Unterbrechungen der Erscheinung von Nordlichtern, indem er zeigt, daß sie gerade in den Jahren gefehlt haben, in denen man das Zodiakallicht gar nicht, oder nur schwach, hat bemerken können. Es ist kein Wunder, daß diese so wohl ausgeführte und noch überdies angenehm vorgetragne Hypothese zu ihrer Zeit sehr viel Anhänger gefunden hat. Aber so schön die Ausführung ist, so unwahrscheinlich sind die Gründe. Euler (Mem. de l'acad. de Prusse. 1746.) und d'Alembert (Opuscules mathem. To. VI. p. 333.) haben wichtige Zweifel dagegen erregt, obgleich von Mairan die eulerischen (Mem. de Paris. 1747.) ganz glücklich zu heben gewußt hat. Anjetzt hat das Mairansche System viel von seinem ehemaligen Ansehen verlohren, und selbst die, die ihm noch folgen, z. B. Bergmann (Physikal. Beschreib. der Erdkugel, durch Röhl II. Th. S. 82 u. f.), hüten sich dech, der Entzündung und Gährung der Sonnendämpfe zu erwähnen, und geben lieber andere Ursachen des Leuchtens an.
Herr von Mairan erklaͤrt hieraus mit einer Umſtaͤndlichkeit, in der ich ihm hier nicht folgen kan, die Entſtehung des dunkeln Segments, der hellen Bogen, der Lichtſaͤulen und Stralen, der Zitterungen und Blitze, der Kronen am Zenith u. ſ. w. ſehr ungezwungen. Es giebt faſt keinen Umſtand, der ſich nicht ſeiner Hypotheſe faſt freywillig zu unterwerfen ſchiene. Er giebt hierauf eine Darſtellung von der Lage des Sonnenaͤquators und der Atmoſphaͤre um denſelben, gegen die Erdbahn, zeigt daraus, zu welchen Jahrszeiten die Erde der Sonnenatmoſphaͤre am naͤchſten komme, und ſich am meiſten in ſie einſenken koͤnne, und findet, daß dies gerade in eben den Monaten geſchieht, in welchen man die meiſten Nordlichter beobachtet hat. Endlich beweiſet er aus den Beobachtungen des Thierkreislichts, daß ſich die Sonnenatmoſphaͤre bald erweitere, bald enger zuſammenziehe, daher die Erde bey manchen Umlaͤufen auf ſie treffen, bey audern ſie verfehlen koͤnne. Hieraus erklaͤrt er die langen Unterbrechungen der Erſcheinung von Nordlichtern, indem er zeigt, daß ſie gerade in den Jahren gefehlt haben, in denen man das Zodiakallicht gar nicht, oder nur ſchwach, hat bemerken koͤnnen. Es iſt kein Wunder, daß dieſe ſo wohl ausgefuͤhrte und noch uͤberdies angenehm vorgetragne Hypotheſe zu ihrer Zeit ſehr viel Anhaͤnger gefunden hat. Aber ſo ſchoͤn die Ausfuͤhrung iſt, ſo unwahrſcheinlich ſind die Gruͤnde. Euler (Mém. de l'acad. de Pruſſe. 1746.) und d'Alembert (Opuſcules mathem. To. VI. p. 333.) haben wichtige Zweifel dagegen erregt, obgleich von Mairan die euleriſchen (Mém. de Paris. 1747.) ganz gluͤcklich zu heben gewußt hat. Anjetzt hat das Mairanſche Syſtem viel von ſeinem ehemaligen Anſehen verlohren, und ſelbſt die, die ihm noch folgen, z. B. Bergmann (Phyſikal. Beſchreib. der Erdkugel, durch Roͤhl II. Th. S. 82 u. f.), huͤten ſich dech, der Entzuͤndung und Gaͤhrung der Sonnendaͤmpfe zu erwaͤhnen, und geben lieber andere Urſachen des Leuchtens an. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0380" xml:id="P.3.374" n="374"/><lb/> Zeit gehabt, ſich zu vertheilen, oder nahe an den Pol zu ziehen: gegen Abend zu iſt er noch in großer Menge und in voller Bewegung, daher erſcheint das Licht mehr weſtwaͤrts.</p> <p>Herr <hi rendition="#b">von Mairan</hi> erklaͤrt hieraus mit einer Umſtaͤndlichkeit, in der ich ihm hier nicht folgen kan, die Entſtehung des dunkeln Segments, der hellen Bogen, der Lichtſaͤulen und Stralen, der Zitterungen und Blitze, der Kronen am Zenith u. ſ. w. ſehr ungezwungen. Es giebt faſt keinen Umſtand, der ſich nicht ſeiner Hypotheſe faſt freywillig zu unterwerfen ſchiene. Er giebt hierauf eine Darſtellung von der Lage des Sonnenaͤquators und der Atmoſphaͤre um denſelben, gegen die Erdbahn, zeigt daraus, zu welchen Jahrszeiten die Erde der Sonnenatmoſphaͤre am naͤchſten komme, und ſich am meiſten in ſie einſenken koͤnne, und findet, daß dies gerade in eben den Monaten geſchieht, in welchen man die meiſten Nordlichter beobachtet hat. Endlich beweiſet er aus den Beobachtungen des Thierkreislichts, daß ſich die Sonnenatmoſphaͤre bald erweitere, bald enger zuſammenziehe, daher die Erde bey manchen Umlaͤufen auf ſie treffen, bey audern ſie verfehlen koͤnne. Hieraus erklaͤrt er die langen Unterbrechungen der Erſcheinung von Nordlichtern, indem er zeigt, daß ſie gerade in den Jahren gefehlt haben, in denen man das Zodiakallicht gar nicht, oder nur ſchwach, hat bemerken koͤnnen.</p> <p>Es iſt kein Wunder, daß dieſe ſo wohl ausgefuͤhrte und noch uͤberdies angenehm vorgetragne Hypotheſe zu ihrer Zeit ſehr viel Anhaͤnger gefunden hat. Aber ſo ſchoͤn die Ausfuͤhrung iſt, ſo unwahrſcheinlich ſind die Gruͤnde. <hi rendition="#b">Euler</hi> <hi rendition="#aq">(Mém. de l'acad. de Pruſſe. 1746.)</hi> und <hi rendition="#b">d'Alembert</hi> <hi rendition="#aq">(Opuſcules mathem. To. VI. p. 333.)</hi> haben wichtige Zweifel dagegen erregt, obgleich von Mairan die euleriſchen <hi rendition="#aq">(Mém. de Paris. 1747.)</hi> ganz gluͤcklich zu heben gewußt hat. Anjetzt hat das Mairanſche Syſtem viel von ſeinem ehemaligen Anſehen verlohren, und ſelbſt die, die ihm noch folgen, z. B. <hi rendition="#b">Bergmann</hi> (Phyſikal. Beſchreib. der Erdkugel, durch <hi rendition="#b">Roͤhl</hi> <hi rendition="#aq">II.</hi> Th. S. 82 u. f.), huͤten ſich dech, der Entzuͤndung und Gaͤhrung der Sonnendaͤmpfe zu erwaͤhnen, und geben lieber andere Urſachen des Leuchtens an.<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [374/0380]
Zeit gehabt, ſich zu vertheilen, oder nahe an den Pol zu ziehen: gegen Abend zu iſt er noch in großer Menge und in voller Bewegung, daher erſcheint das Licht mehr weſtwaͤrts.
Herr von Mairan erklaͤrt hieraus mit einer Umſtaͤndlichkeit, in der ich ihm hier nicht folgen kan, die Entſtehung des dunkeln Segments, der hellen Bogen, der Lichtſaͤulen und Stralen, der Zitterungen und Blitze, der Kronen am Zenith u. ſ. w. ſehr ungezwungen. Es giebt faſt keinen Umſtand, der ſich nicht ſeiner Hypotheſe faſt freywillig zu unterwerfen ſchiene. Er giebt hierauf eine Darſtellung von der Lage des Sonnenaͤquators und der Atmoſphaͤre um denſelben, gegen die Erdbahn, zeigt daraus, zu welchen Jahrszeiten die Erde der Sonnenatmoſphaͤre am naͤchſten komme, und ſich am meiſten in ſie einſenken koͤnne, und findet, daß dies gerade in eben den Monaten geſchieht, in welchen man die meiſten Nordlichter beobachtet hat. Endlich beweiſet er aus den Beobachtungen des Thierkreislichts, daß ſich die Sonnenatmoſphaͤre bald erweitere, bald enger zuſammenziehe, daher die Erde bey manchen Umlaͤufen auf ſie treffen, bey audern ſie verfehlen koͤnne. Hieraus erklaͤrt er die langen Unterbrechungen der Erſcheinung von Nordlichtern, indem er zeigt, daß ſie gerade in den Jahren gefehlt haben, in denen man das Zodiakallicht gar nicht, oder nur ſchwach, hat bemerken koͤnnen.
Es iſt kein Wunder, daß dieſe ſo wohl ausgefuͤhrte und noch uͤberdies angenehm vorgetragne Hypotheſe zu ihrer Zeit ſehr viel Anhaͤnger gefunden hat. Aber ſo ſchoͤn die Ausfuͤhrung iſt, ſo unwahrſcheinlich ſind die Gruͤnde. Euler (Mém. de l'acad. de Pruſſe. 1746.) und d'Alembert (Opuſcules mathem. To. VI. p. 333.) haben wichtige Zweifel dagegen erregt, obgleich von Mairan die euleriſchen (Mém. de Paris. 1747.) ganz gluͤcklich zu heben gewußt hat. Anjetzt hat das Mairanſche Syſtem viel von ſeinem ehemaligen Anſehen verlohren, und ſelbſt die, die ihm noch folgen, z. B. Bergmann (Phyſikal. Beſchreib. der Erdkugel, durch Roͤhl II. Th. S. 82 u. f.), huͤten ſich dech, der Entzuͤndung und Gaͤhrung der Sonnendaͤmpfe zu erwaͤhnen, und geben lieber andere Urſachen des Leuchtens an.
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