Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1798.Durch Galilei und dessen Schüler ward also die Lehre vom Pendel in die Physik und Mechanik eingeführt, und von mehrern Geometern bearbeitet. Die wichtigsten Erweiterungen erhielt sie durch Huygens, der ihre Anwendung auf die Uhrwerke vom J. 1656 an zum Hauptgegenstande seiner Untersuchungen machte. Um eben die Zeit hatte Pascal neue Aufgaben über die Cykloide vorgelegt, womit sich Huygens ebenfalls beschäftigte, und die zwo merkwürdigen Eigenschaften dieser Curve fand, daß sie durch ihre Abwicklung wieder entsteht, und daß die Schwünge durch große und kleine Bogen in ihr gleich lange dauern. Endlich nahm auch Huygens die Theorie vom Mittelpunkte des Schwunges wieder vor, zu deren Bearbeitung ihn schon der p. Mersenne in jüngern Jahren aufgefordert hatte, und es gelang ihm, auch diese Lehre durch den allgemeinen Grundsatz der auffteigenden Kräfte richtig zu entwickeln. Hieraus entstand nun die schöne Theorie und Anwendung der Pendel, die er nach einiger Zeit (Horologium oscillatorium. Paris. 1673. fol.) bekannt machte. Newton (Princip. L. I. Sect. X. Prop. 46. sqq.) handelt vom Pendel in der größten Allgemeinheit, mit Voraussetzung einer Schwere, die nicht nach Parallellinien, sondern nach einem festen Punkte wirkt. Er findet, daß alsdann die tavtochronische Linie eine Epicykloide sey. Im zweyten Buche gebraucht er Versuche mit dem Pendel zu Bestimmung des Widerstands der Mittel. Analytisch ist die Lehre vom Pendel und den tavtochronischen Linien in ihrer größten Allgemeinheit von Euler im zweyten Buche seiner Mechanik abgehandelt worden. Anwendung der Pendel auf das Zeitmaaß. Secundenpendel. Schon Galilei bediente sich der gleich langen Schwingungen des Pendels zum Maaße der Zeit, und einige Astronomen, die ihm folgten, konnten dadurch etwas genauere Beobachtungen, als ihre Vorgänger, anstellen. Auch Riccioli und Grimaldi gebrauchten das Pendel auf diese Durch Galilei und deſſen Schuͤler ward alſo die Lehre vom Pendel in die Phyſik und Mechanik eingefuͤhrt, und von mehrern Geometern bearbeitet. Die wichtigſten Erweiterungen erhielt ſie durch Huygens, der ihre Anwendung auf die Uhrwerke vom J. 1656 an zum Hauptgegenſtande ſeiner Unterſuchungen machte. Um eben die Zeit hatte Paſcal neue Aufgaben uͤber die Cykloide vorgelegt, womit ſich Huygens ebenfalls beſchaͤftigte, und die zwo merkwuͤrdigen Eigenſchaften dieſer Curve fand, daß ſie durch ihre Abwicklung wieder entſteht, und daß die Schwuͤnge durch große und kleine Bogen in ihr gleich lange dauern. Endlich nahm auch Huygens die Theorie vom Mittelpunkte des Schwunges wieder vor, zu deren Bearbeitung ihn ſchon der p. Merſenne in juͤngern Jahren aufgefordert hatte, und es gelang ihm, auch dieſe Lehre durch den allgemeinen Grundſatz der auffteigenden Kraͤfte richtig zu entwickeln. Hieraus entſtand nun die ſchoͤne Theorie und Anwendung der Pendel, die er nach einiger Zeit (Horologium oſcillatorium. Pariſ. 1673. fol.) bekannt machte. Newton (Princip. L. I. Sect. X. Prop. 46. ſqq.) handelt vom Pendel in der groͤßten Allgemeinheit, mit Vorausſetzung einer Schwere, die nicht nach Parallellinien, ſondern nach einem feſten Punkte wirkt. Er findet, daß alsdann die tavtochroniſche Linie eine Epicykloide ſey. Im zweyten Buche gebraucht er Verſuche mit dem Pendel zu Beſtimmung des Widerſtands der Mittel. Analytiſch iſt die Lehre vom Pendel und den tavtochroniſchen Linien in ihrer groͤßten Allgemeinheit von Euler im zweyten Buche ſeiner Mechanik abgehandelt worden. Anwendung der Pendel auf das Zeitmaaß. Secundenpendel. Schon Galilei bediente ſich der gleich langen Schwingungen des Pendels zum Maaße der Zeit, und einige Aſtronomen, die ihm folgten, konnten dadurch etwas genauere Beobachtungen, als ihre Vorgaͤnger, anſtellen. Auch Riccioli und Grimaldi gebrauchten das Pendel auf dieſe <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p> <pb facs="#f0427" xml:id="P.3.421" n="421"/><lb/> </p> <p>Durch Galilei und deſſen Schuͤler ward alſo die Lehre vom Pendel in die Phyſik und Mechanik eingefuͤhrt, und von mehrern Geometern bearbeitet. Die wichtigſten Erweiterungen erhielt ſie durch <hi rendition="#b">Huygens,</hi> der ihre Anwendung auf die Uhrwerke vom J. 1656 an zum Hauptgegenſtande ſeiner Unterſuchungen machte. Um eben die Zeit hatte Paſcal neue Aufgaben uͤber die Cykloide vorgelegt, womit ſich <hi rendition="#b">Huygens</hi> ebenfalls beſchaͤftigte, und die zwo merkwuͤrdigen Eigenſchaften dieſer Curve fand, daß ſie durch ihre Abwicklung wieder entſteht, und daß die Schwuͤnge durch große und kleine Bogen in ihr gleich lange dauern. Endlich nahm auch Huygens die Theorie vom Mittelpunkte des Schwunges wieder vor, zu deren Bearbeitung ihn ſchon der p. <hi rendition="#b">Merſenne</hi> in juͤngern Jahren aufgefordert hatte, und es gelang ihm, auch dieſe Lehre durch den allgemeinen Grundſatz der auffteigenden Kraͤfte richtig zu entwickeln. Hieraus entſtand nun die ſchoͤne Theorie und Anwendung der Pendel, die er nach einiger Zeit <hi rendition="#aq">(Horologium oſcillatorium. Pariſ. 1673. fol.)</hi> bekannt machte.</p> <p><hi rendition="#b">Newton</hi><hi rendition="#aq">(Princip. L. I. Sect. X. Prop. 46. ſqq.)</hi> handelt vom Pendel in der groͤßten Allgemeinheit, mit Vorausſetzung einer Schwere, die nicht nach Parallellinien, ſondern nach einem feſten Punkte wirkt. Er findet, daß alsdann die tavtochroniſche Linie eine Epicykloide ſey. Im zweyten Buche gebraucht er Verſuche mit dem Pendel zu Beſtimmung des Widerſtands der Mittel. Analytiſch iſt die Lehre vom Pendel und den tavtochroniſchen Linien in ihrer groͤßten Allgemeinheit von <hi rendition="#b">Euler</hi> im zweyten Buche ſeiner Mechanik abgehandelt worden. <hi rendition="#c"><hi rendition="#b">Anwendung der Pendel auf das Zeitmaaß. Secundenpendel.</hi></hi></p> <p>Schon Galilei bediente ſich der gleich langen Schwingungen des Pendels zum Maaße der Zeit, und einige Aſtronomen, die ihm folgten, konnten dadurch etwas genauere Beobachtungen, als ihre Vorgaͤnger, anſtellen. Auch <hi rendition="#b">Riccioli</hi> und <hi rendition="#b">Grimaldi</hi> gebrauchten das Pendel auf dieſe<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [421/0427]
Durch Galilei und deſſen Schuͤler ward alſo die Lehre vom Pendel in die Phyſik und Mechanik eingefuͤhrt, und von mehrern Geometern bearbeitet. Die wichtigſten Erweiterungen erhielt ſie durch Huygens, der ihre Anwendung auf die Uhrwerke vom J. 1656 an zum Hauptgegenſtande ſeiner Unterſuchungen machte. Um eben die Zeit hatte Paſcal neue Aufgaben uͤber die Cykloide vorgelegt, womit ſich Huygens ebenfalls beſchaͤftigte, und die zwo merkwuͤrdigen Eigenſchaften dieſer Curve fand, daß ſie durch ihre Abwicklung wieder entſteht, und daß die Schwuͤnge durch große und kleine Bogen in ihr gleich lange dauern. Endlich nahm auch Huygens die Theorie vom Mittelpunkte des Schwunges wieder vor, zu deren Bearbeitung ihn ſchon der p. Merſenne in juͤngern Jahren aufgefordert hatte, und es gelang ihm, auch dieſe Lehre durch den allgemeinen Grundſatz der auffteigenden Kraͤfte richtig zu entwickeln. Hieraus entſtand nun die ſchoͤne Theorie und Anwendung der Pendel, die er nach einiger Zeit (Horologium oſcillatorium. Pariſ. 1673. fol.) bekannt machte.
Newton (Princip. L. I. Sect. X. Prop. 46. ſqq.) handelt vom Pendel in der groͤßten Allgemeinheit, mit Vorausſetzung einer Schwere, die nicht nach Parallellinien, ſondern nach einem feſten Punkte wirkt. Er findet, daß alsdann die tavtochroniſche Linie eine Epicykloide ſey. Im zweyten Buche gebraucht er Verſuche mit dem Pendel zu Beſtimmung des Widerſtands der Mittel. Analytiſch iſt die Lehre vom Pendel und den tavtochroniſchen Linien in ihrer groͤßten Allgemeinheit von Euler im zweyten Buche ſeiner Mechanik abgehandelt worden. Anwendung der Pendel auf das Zeitmaaß. Secundenpendel.
Schon Galilei bediente ſich der gleich langen Schwingungen des Pendels zum Maaße der Zeit, und einige Aſtronomen, die ihm folgten, konnten dadurch etwas genauere Beobachtungen, als ihre Vorgaͤnger, anſtellen. Auch Riccioli und Grimaldi gebrauchten das Pendel auf dieſe
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Bibliothek des Max-Planck-Instituts für Wissenschaftsgeschichte : Bereitstellung der Texttranskription.
(2015-09-02T12:13:09Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2015-09-02T12:13:09Z)
Weitere Informationen:Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): keine Angabe; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein;
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |