Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1798.
Huygens, der eben so groß in der Mechanik, als in der Geometrie war, hatte den glücklichen Gedanken, das Pendel an die Uhren selbst anzubringen, wodurch beyden Schwierigkeiren zugleich abgeholsen ward. Der Trieb der Uhr erneuert unabläßig die Bewegung des Pendels, und die gleichen Schwünge des letztern erlauben der Uhr keinen andern, als einen gleichförmigen Gang, durch den sich die Schwünge von selbst zählen. Huygens Pendel ist eine eiserne Stange mit einem Gewichte, deren oberes Ende an eine Spindel mit zween stählernen Lappen oder Blättchen befestiget ist. Durch die Schwünge der Stange werden diese Lappen wechselsweise hin und her gewendet, und fallen zwischen die Zähne des letztern Uhrrades so ein, daß sie bey jedem Schwunge nicht mehr als einen einzigen Zahn des Rades fortgehen lassen. Dieses Rad, mithin das ganze Uhrwerk, muß also eben so gleichförmig gehen, als das Pendel selbst. Ueberdies schlagen auch die Zähne, welche von dem Gewichte oder der Feder in der Uhr fortgetrieben werden, gegen die Lappen der Spindel an, und theilen dadurch dem Pendel selbst wieder soviel neue Bewegung mit, als es durch den Widerstand der Luft von Zeit zu Zeit verliert. Huygens machte diese wichtige Erfindung im Jahre 1656, und sie ist seitdem unter dem Namen der Pendeluhr allgemein bekannt, und für mancherley Absichten in den Wissenschaften und im bürgerlichen Leben höchst brauchbar geworden. Er trieb aber seine Untersuchungen hierüber noch viel weiter. Da es kaum möglich ist, den Widerstand der Luft und das Reiben der Spindel so genau zu compensiren, daß die Schwünge nicht bisweilen größere oder kleinere Bogen beschreiben sollten, so fürchtete er, dies möchte der Gleichförmigkeit des Ganges hinderlich seyn. Seine Entdeckungen über die Cykloide lehrten ihn, die Größe der Bogen
Huygens, der eben ſo groß in der Mechanik, als in der Geometrie war, hatte den gluͤcklichen Gedanken, das Pendel an die Uhren ſelbſt anzubringen, wodurch beyden Schwierigkeiren zugleich abgeholſen ward. Der Trieb der Uhr erneuert unablaͤßig die Bewegung des Pendels, und die gleichen Schwuͤnge des letztern erlauben der Uhr keinen andern, als einen gleichfoͤrmigen Gang, durch den ſich die Schwuͤnge von ſelbſt zaͤhlen. Huygens Pendel iſt eine eiſerne Stange mit einem Gewichte, deren oberes Ende an eine Spindel mit zween ſtaͤhlernen Lappen oder Blaͤttchen befeſtiget iſt. Durch die Schwuͤnge der Stange werden dieſe Lappen wechſelsweiſe hin und her gewendet, und fallen zwiſchen die Zaͤhne des letztern Uhrrades ſo ein, daß ſie bey jedem Schwunge nicht mehr als einen einzigen Zahn des Rades fortgehen laſſen. Dieſes Rad, mithin das ganze Uhrwerk, muß alſo eben ſo gleichfoͤrmig gehen, als das Pendel ſelbſt. Ueberdies ſchlagen auch die Zaͤhne, welche von dem Gewichte oder der Feder in der Uhr fortgetrieben werden, gegen die Lappen der Spindel an, und theilen dadurch dem Pendel ſelbſt wieder ſoviel neue Bewegung mit, als es durch den Widerſtand der Luft von Zeit zu Zeit verliert. Huygens machte dieſe wichtige Erfindung im Jahre 1656, und ſie iſt ſeitdem unter dem Namen der Pendeluhr allgemein bekannt, und fuͤr mancherley Abſichten in den Wiſſenſchaften und im buͤrgerlichen Leben hoͤchſt brauchbar geworden. Er trieb aber ſeine Unterſuchungen hieruͤber noch viel weiter. Da es kaum moͤglich iſt, den Widerſtand der Luft und das Reiben der Spindel ſo genau zu compenſiren, daß die Schwuͤnge nicht bisweilen groͤßere oder kleinere Bogen beſchreiben ſollten, ſo fuͤrchtete er, dies moͤchte der Gleichfoͤrmigkeit des Ganges hinderlich ſeyn. Seine Entdeckungen uͤber die Cykloide lehrten ihn, die Groͤße der Bogen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0428" xml:id="P.3.422" n="422"/><lb/> Art bey den Verſuchen uͤber den Fall der Koͤrper (Th. <hi rendition="#aq">II.</hi> S. 122.). Allein man mußte die Bewegung des Pendels ſehr oft wieder erneuern, weil ſie der Widerſtand der Luft beſtaͤndig ſchwaͤchet, und uͤberdies ſehlte es an einem bequemen Mittel, die Schwuͤnge zu zaͤhlen.</p> <p><hi rendition="#b">Huygens,</hi> der eben ſo groß in der Mechanik, als in der Geometrie war, hatte den gluͤcklichen Gedanken, das Pendel an die Uhren ſelbſt anzubringen, wodurch beyden Schwierigkeiren zugleich abgeholſen ward. Der Trieb der Uhr erneuert unablaͤßig die Bewegung des Pendels, und die gleichen Schwuͤnge des letztern erlauben der Uhr keinen andern, als einen gleichfoͤrmigen Gang, durch den ſich die Schwuͤnge von ſelbſt zaͤhlen. <hi rendition="#b">Huygens</hi> Pendel iſt eine eiſerne Stange mit einem Gewichte, deren oberes Ende an eine Spindel mit zween ſtaͤhlernen Lappen oder Blaͤttchen befeſtiget iſt. Durch die Schwuͤnge der Stange werden dieſe Lappen wechſelsweiſe hin und her gewendet, und fallen zwiſchen die Zaͤhne des letztern Uhrrades ſo ein, daß ſie bey jedem Schwunge nicht mehr als einen einzigen Zahn des Rades fortgehen laſſen. Dieſes Rad, mithin das ganze Uhrwerk, muß alſo eben ſo gleichfoͤrmig gehen, als das Pendel ſelbſt. Ueberdies ſchlagen auch die Zaͤhne, welche von dem Gewichte oder der Feder in der Uhr fortgetrieben werden, gegen die Lappen der Spindel an, und theilen dadurch dem Pendel ſelbſt wieder ſoviel neue Bewegung mit, als es durch den Widerſtand der Luft von Zeit zu Zeit verliert. <hi rendition="#b">Huygens</hi> machte dieſe wichtige Erfindung im Jahre 1656, und ſie iſt ſeitdem unter dem Namen der <hi rendition="#b">Pendeluhr</hi> allgemein bekannt, und fuͤr mancherley Abſichten in den Wiſſenſchaften und im buͤrgerlichen Leben hoͤchſt brauchbar geworden.</p> <p>Er trieb aber ſeine Unterſuchungen hieruͤber noch viel weiter. Da es kaum moͤglich iſt, den Widerſtand der Luft und das Reiben der Spindel ſo genau zu compenſiren, daß die Schwuͤnge nicht bisweilen groͤßere oder kleinere Bogen beſchreiben ſollten, ſo fuͤrchtete er, dies moͤchte der Gleichfoͤrmigkeit des Ganges hinderlich ſeyn. Seine Entdeckungen uͤber die Cykloide lehrten ihn, die Groͤße der Bogen<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [422/0428]
Art bey den Verſuchen uͤber den Fall der Koͤrper (Th. II. S. 122.). Allein man mußte die Bewegung des Pendels ſehr oft wieder erneuern, weil ſie der Widerſtand der Luft beſtaͤndig ſchwaͤchet, und uͤberdies ſehlte es an einem bequemen Mittel, die Schwuͤnge zu zaͤhlen.
Huygens, der eben ſo groß in der Mechanik, als in der Geometrie war, hatte den gluͤcklichen Gedanken, das Pendel an die Uhren ſelbſt anzubringen, wodurch beyden Schwierigkeiren zugleich abgeholſen ward. Der Trieb der Uhr erneuert unablaͤßig die Bewegung des Pendels, und die gleichen Schwuͤnge des letztern erlauben der Uhr keinen andern, als einen gleichfoͤrmigen Gang, durch den ſich die Schwuͤnge von ſelbſt zaͤhlen. Huygens Pendel iſt eine eiſerne Stange mit einem Gewichte, deren oberes Ende an eine Spindel mit zween ſtaͤhlernen Lappen oder Blaͤttchen befeſtiget iſt. Durch die Schwuͤnge der Stange werden dieſe Lappen wechſelsweiſe hin und her gewendet, und fallen zwiſchen die Zaͤhne des letztern Uhrrades ſo ein, daß ſie bey jedem Schwunge nicht mehr als einen einzigen Zahn des Rades fortgehen laſſen. Dieſes Rad, mithin das ganze Uhrwerk, muß alſo eben ſo gleichfoͤrmig gehen, als das Pendel ſelbſt. Ueberdies ſchlagen auch die Zaͤhne, welche von dem Gewichte oder der Feder in der Uhr fortgetrieben werden, gegen die Lappen der Spindel an, und theilen dadurch dem Pendel ſelbſt wieder ſoviel neue Bewegung mit, als es durch den Widerſtand der Luft von Zeit zu Zeit verliert. Huygens machte dieſe wichtige Erfindung im Jahre 1656, und ſie iſt ſeitdem unter dem Namen der Pendeluhr allgemein bekannt, und fuͤr mancherley Abſichten in den Wiſſenſchaften und im buͤrgerlichen Leben hoͤchſt brauchbar geworden.
Er trieb aber ſeine Unterſuchungen hieruͤber noch viel weiter. Da es kaum moͤglich iſt, den Widerſtand der Luft und das Reiben der Spindel ſo genau zu compenſiren, daß die Schwuͤnge nicht bisweilen groͤßere oder kleinere Bogen beſchreiben ſollten, ſo fuͤrchtete er, dies moͤchte der Gleichfoͤrmigkeit des Ganges hinderlich ſeyn. Seine Entdeckungen uͤber die Cykloide lehrten ihn, die Groͤße der Bogen
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