werde gleichförmig seyn, wenn das Gewicht des Pendels Theile einer Cykloide beschriebe, und dies müsse geschehen, wenn sich der Faden, der das Pendel hält, von einem cykloidalisch geformten Bleche abwickelte. Er schlug also vor, das Gewicht P (Taf. XVIII. Fig. 76.) am Faden CP zwischen den cykloidalischen Blechen CD, CE herabhängen zu lassen, damit sich der Faden beym Schwunge an diese Bleche anlege, und im Herabfallen davon abwickle. So wird der Weg des Gewichts MN die Evolute einer Cykloide, d. i. ein Theil ebenderselben Cykloide seyn, nach welcher CD und CE geformt sind.
Diese scharfsinnige Anwendung der höhern Geometrie ist dennoch für die Praris unbrauchbar geblieben. Die Schwierigkeit, den Blechen eine genau cykloidalische Form zu geben, und die Steife der Fäden hindern die Vortheile, welche der Erfinder davon erwartete. Auch hat die Erfahrung gelehrt, daß sie ganz entbehrlich sind, wenn die Pendel so kleine Schwünge machen, wie an den jetzigen Pendeluhren beym Gebrauche des englischen Hackens.
Der Gang der Pendeluhren richtet sich nach der Dauer der Schwünge, und also nach der Länge der Pendelstange. Zwar ist diese Stange ein zusammengesetztes Pendel, das nicht gerade so, wie ein einfaches von gleicher Länge, oscillirt. Huygens aber gab in seinem Horologium oscillatorium zugleich die Methoden an, den Mittelpunkt des Schwunges zusammengesetzter Pendel zu sinden. Weiß man aber den Mittelpunkt des Schwunges, so kan man die Pendelstange als ein einfaches Pendel betrachten, dessen Länge sich vom Aufhängungspunkte bis zu gedachtem Mittelpunkte erstreckte. Ist z. B. das Pendel eine dünne prismatische Stange von der Länge c, so steht der Mittelpunkt des Schwunges vom Aufhängungspunkte um 2/3 c ab. Trägt diese Stange noch, wie gewöhnlich, nicht weit vom Ende eine Linse oder ein kleines Gewicht = p, dessen Punkte sich alle gleich entfernt vom Aufhängungspunkte annehmen lassen, und ist das Gewicht der Stange = q, so wird das Moment der Trägheit des Ganzen = (1/3 q + p)c; das statische Moment
werde gleichfoͤrmig ſeyn, wenn das Gewicht des Pendels Theile einer Cykloide beſchriebe, und dies muͤſſe geſchehen, wenn ſich der Faden, der das Pendel haͤlt, von einem cykloidaliſch geformten Bleche abwickelte. Er ſchlug alſo vor, das Gewicht P (Taf. XVIII. Fig. 76.) am Faden CP zwiſchen den cykloidaliſchen Blechen CD, CE herabhaͤngen zu laſſen, damit ſich der Faden beym Schwunge an dieſe Bleche anlege, und im Herabfallen davon abwickle. So wird der Weg des Gewichts MN die Evolute einer Cykloide, d. i. ein Theil ebenderſelben Cykloide ſeyn, nach welcher CD und CE geformt ſind.
Dieſe ſcharfſinnige Anwendung der hoͤhern Geometrie iſt dennoch fuͤr die Praris unbrauchbar geblieben. Die Schwierigkeit, den Blechen eine genau cykloidaliſche Form zu geben, und die Steife der Faͤden hindern die Vortheile, welche der Erfinder davon erwartete. Auch hat die Erfahrung gelehrt, daß ſie ganz entbehrlich ſind, wenn die Pendel ſo kleine Schwuͤnge machen, wie an den jetzigen Pendeluhren beym Gebrauche des engliſchen Hackens.
Der Gang der Pendeluhren richtet ſich nach der Dauer der Schwuͤnge, und alſo nach der Laͤnge der Pendelſtange. Zwar iſt dieſe Stange ein zuſammengeſetztes Pendel, das nicht gerade ſo, wie ein einfaches von gleicher Laͤnge, oſcillirt. Huygens aber gab in ſeinem Horologium oſcillatorium zugleich die Methoden an, den Mittelpunkt des Schwunges zuſammengeſetzter Pendel zu ſinden. Weiß man aber den Mittelpunkt des Schwunges, ſo kan man die Pendelſtange als ein einfaches Pendel betrachten, deſſen Laͤnge ſich vom Aufhaͤngungspunkte bis zu gedachtem Mittelpunkte erſtreckte. Iſt z. B. das Pendel eine duͤnne prismatiſche Stange von der Laͤnge c, ſo ſteht der Mittelpunkt des Schwunges vom Aufhaͤngungspunkte um 2/3 c ab. Traͤgt dieſe Stange noch, wie gewoͤhnlich, nicht weit vom Ende eine Linſe oder ein kleines Gewicht = p, deſſen Punkte ſich alle gleich entfernt vom Aufhaͤngungspunkte annehmen laſſen, und iſt das Gewicht der Stange = q, ſo wird das Moment der Traͤgheit des Ganzen = (1/3 q + p)c; das ſtatiſche Moment
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werde gleichfoͤrmig ſeyn, wenn das Gewicht des Pendels Theile einer Cykloide beſchriebe, und dies muͤſſe geſchehen, wenn ſich der Faden, der das Pendel haͤlt, von einem cykloidaliſch geformten Bleche abwickelte. Er ſchlug alſo vor, das Gewicht P (Taf. XVIII. Fig. 76.) am Faden CP zwiſchen den cykloidaliſchen Blechen CD, CE herabhaͤngen zu laſſen, damit ſich der Faden beym Schwunge an dieſe Bleche anlege, und im Herabfallen davon abwickle. So wird der Weg des Gewichts MN die Evolute einer Cykloide, d. i. ein Theil ebenderſelben Cykloide ſeyn, nach welcher CD und CE geformt ſind.
Dieſe ſcharfſinnige Anwendung der hoͤhern Geometrie iſt dennoch fuͤr die Praris unbrauchbar geblieben. Die Schwierigkeit, den Blechen eine genau cykloidaliſche Form zu geben, und die Steife der Faͤden hindern die Vortheile, welche der Erfinder davon erwartete. Auch hat die Erfahrung gelehrt, daß ſie ganz entbehrlich ſind, wenn die Pendel ſo kleine Schwuͤnge machen, wie an den jetzigen Pendeluhren beym Gebrauche des engliſchen Hackens.
Der Gang der Pendeluhren richtet ſich nach der Dauer der Schwuͤnge, und alſo nach der Laͤnge der Pendelſtange. Zwar iſt dieſe Stange ein zuſammengeſetztes Pendel, das nicht gerade ſo, wie ein einfaches von gleicher Laͤnge, oſcillirt. Huygens aber gab in ſeinem Horologium oſcillatorium zugleich die Methoden an, den Mittelpunkt des Schwunges zuſammengeſetzter Pendel zu ſinden. Weiß man aber den Mittelpunkt des Schwunges, ſo kan man die Pendelſtange als ein einfaches Pendel betrachten, deſſen Laͤnge ſich vom Aufhaͤngungspunkte bis zu gedachtem Mittelpunkte erſtreckte. Iſt z. B. das Pendel eine duͤnne prismatiſche Stange von der Laͤnge c, ſo ſteht der Mittelpunkt des Schwunges vom Aufhaͤngungspunkte um 2/3 c ab. Traͤgt dieſe Stange noch, wie gewoͤhnlich, nicht weit vom Ende eine Linſe oder ein kleines Gewicht = p, deſſen Punkte ſich alle gleich entfernt vom Aufhaͤngungspunkte annehmen laſſen, und iſt das Gewicht der Stange = q, ſo wird das Moment der Traͤgheit des Ganzen = (1/3 q + p)c; das ſtatiſche Moment
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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1798, S. 423. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch03_1798/429>, abgerufen am 21.11.2024.
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