Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 3. Leipzig, 1798.
Bey Körpern, auf welche die Wärme nicht allein unmittelbar, sondern auch noch mittelbar durch die in ihnen enthaltene Feuchtigkeit wirkt, erfolgt alles ganz anders. Ihre Feuchtigkeit verdünstet in der Wärme, daher gehen sie von der Hitze ein, und schwellen in der Kälte auf. Man muß daher die hygrometrischen Wirkungen von den thermometrischen oder pyrometrischen genau unterscheiden. So ist es zu verstehen, wenn Kraft und andere Physiker Hölzer, Wurzeln, Leder, Knochen rc. als Beyspiele anführen, daß die Wärme nicht alle Körper ausdehne. Herr de Lüc (An Essay on Pyrometry and areometry and on physical measures in general, in den Philos. Trans. Vol. LXVIII. for 1778. P. I. n. 20.) ward durch einen Gedanken von Kamsden veranlasset, bey der Ausmessung der relativen Ausdehnungen fester Körper das Mikroskop zu gebrauchen. Er befestigte zween Stäbe von den Materien, deren Ausdehnbarkeit er vergleichen wollte, am untern Endpunkte an einander, und versahe sie mit Theilungen. Wenn sie nun in Wasser von bekannter Temperatur erwärmt wurden, so zeigte das Mikroskop, welche Theilungsstriche mit einander übereintrafen, wie an einem Nonius oder Vernier, woraus sich das Verhältniß ihrer Ausdehnungen schließen läßt. Er erzählt, daß er bey einer Veränderung der Wärme von 10 Grad bis 40 Grad seines Thermometers (d. i. von 54 1/2 -- 122 nach Fahrenheit) die Ausdehnungen des Messings und Eisens im Durchschnitt, wie 21 zu 10 gefunden habe, welches mit der Angabe von Dom Juan am nächsten übereinstimmt. Er giebt auch ein Mittel an, durch ein am Mikroskop angebrachtes Mikrometer die absoluten Größen der Ausdehnungen zu finden. Ein Versuch damit gab ihm die Ausdehnung einer Glasröhre vom Eispunkte bis zum Siedpunkte 0,00083 ihrer Länge, oder (1/100) Zoll auf jeden Schuh, genau so, wie es Smeaton gefunden hat. Das Glas kömmt bey einerley Temperatur ganz genau zu einerley Länge zurück, kan also für andere Körper zum Maaßstabe dienen, und würde sich
Bey Koͤrpern, auf welche die Waͤrme nicht allein unmittelbar, ſondern auch noch mittelbar durch die in ihnen enthaltene Feuchtigkeit wirkt, erfolgt alles ganz anders. Ihre Feuchtigkeit verduͤnſtet in der Waͤrme, daher gehen ſie von der Hitze ein, und ſchwellen in der Kaͤlte auf. Man muß daher die hygrometriſchen Wirkungen von den thermometriſchen oder pyrometriſchen genau unterſcheiden. So iſt es zu verſtehen, wenn Kraft und andere Phyſiker Hoͤlzer, Wurzeln, Leder, Knochen rc. als Beyſpiele anfuͤhren, daß die Waͤrme nicht alle Koͤrper ausdehne. Herr de Luͤc (An Eſſay on Pyrometry and areometry and on phyſical meaſures in general, in den Philoſ. Trans. Vol. LXVIII. for 1778. P. I. n. 20.) ward durch einen Gedanken von Kamsden veranlaſſet, bey der Ausmeſſung der relativen Ausdehnungen feſter Koͤrper das Mikroſkop zu gebrauchen. Er befeſtigte zween Staͤbe von den Materien, deren Ausdehnbarkeit er vergleichen wollte, am untern Endpunkte an einander, und verſahe ſie mit Theilungen. Wenn ſie nun in Waſſer von bekannter Temperatur erwaͤrmt wurden, ſo zeigte das Mikroſkop, welche Theilungsſtriche mit einander uͤbereintrafen, wie an einem Nonius oder Vernier, woraus ſich das Verhaͤltniß ihrer Ausdehnungen ſchließen laͤßt. Er erzaͤhlt, daß er bey einer Veraͤnderung der Waͤrme von 10 Grad bis 40 Grad ſeines Thermometers (d. i. von 54 1/2 — 122 nach Fahrenheit) die Ausdehnungen des Meſſings und Eiſens im Durchſchnitt, wie 21 zu 10 gefunden habe, welches mit der Angabe von Dom Juan am naͤchſten uͤbereinſtimmt. Er giebt auch ein Mittel an, durch ein am Mikroſkop angebrachtes Mikrometer die abſoluten Groͤßen der Ausdehnungen zu finden. Ein Verſuch damit gab ihm die Ausdehnung einer Glasroͤhre vom Eispunkte bis zum Siedpunkte 0,00083 ihrer Laͤnge, oder (1/100) Zoll auf jeden Schuh, genau ſo, wie es Smeaton gefunden hat. Das Glas koͤmmt bey einerley Temperatur ganz genau zu einerley Laͤnge zuruͤck, kan alſo fuͤr andere Koͤrper zum Maaßſtabe dienen, und wuͤrde ſich <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0578" xml:id="P.3.572" n="572"/><lb/> (1/1250) oder um 0,00080 wuͤrde ausgedehnt haben, welche Beſtimmung der Muſſchenbroekiſchen am naͤchſten koͤmmt.</p> <p>Bey Koͤrpern, auf welche die Waͤrme nicht allein unmittelbar, ſondern auch noch mittelbar durch die in ihnen enthaltene Feuchtigkeit wirkt, erfolgt alles ganz anders. Ihre Feuchtigkeit verduͤnſtet in der Waͤrme, daher gehen ſie von der Hitze ein, und ſchwellen in der Kaͤlte auf. Man muß daher die hygrometriſchen Wirkungen von den thermometriſchen oder pyrometriſchen genau unterſcheiden. So iſt es zu verſtehen, wenn <hi rendition="#b">Kraft</hi> und andere Phyſiker Hoͤlzer, Wurzeln, Leder, Knochen rc. als Beyſpiele anfuͤhren, daß die Waͤrme nicht alle Koͤrper ausdehne.</p> <p>Herr <hi rendition="#b">de Luͤc</hi> <hi rendition="#aq">(An Eſſay on Pyrometry and areometry and on phyſical meaſures in general,</hi> in den <hi rendition="#aq">Philoſ. Trans. Vol. LXVIII. for 1778. P. I. n. 20.)</hi> ward durch einen Gedanken von <hi rendition="#b">Kamsden</hi> veranlaſſet, bey der Ausmeſſung der relativen Ausdehnungen feſter Koͤrper das Mikroſkop zu gebrauchen. Er befeſtigte zween Staͤbe von den Materien, deren Ausdehnbarkeit er vergleichen wollte, am untern Endpunkte an einander, und verſahe ſie mit Theilungen. Wenn ſie nun in Waſſer von bekannter Temperatur erwaͤrmt wurden, ſo zeigte das Mikroſkop, welche Theilungsſtriche mit einander uͤbereintrafen, wie an einem Nonius oder Vernier, woraus ſich das Verhaͤltniß ihrer Ausdehnungen ſchließen laͤßt. Er erzaͤhlt, daß er bey einer Veraͤnderung der Waͤrme von 10 Grad bis 40 Grad ſeines Thermometers (d. i. von 54 1/2 — 122 nach Fahrenheit) die Ausdehnungen des Meſſings und Eiſens im Durchſchnitt, wie 21 zu 10 gefunden habe, welches mit der Angabe von <hi rendition="#b">Dom Juan</hi> am naͤchſten uͤbereinſtimmt. Er giebt auch ein Mittel an, durch ein am Mikroſkop angebrachtes Mikrometer die abſoluten Groͤßen der Ausdehnungen zu finden. Ein Verſuch damit gab ihm die Ausdehnung einer Glasroͤhre vom Eispunkte bis zum Siedpunkte 0,00083 ihrer Laͤnge, oder (1/100) Zoll auf jeden Schuh, genau ſo, wie es <hi rendition="#b">Smeaton</hi> gefunden hat. Das Glas koͤmmt bey einerley Temperatur ganz genau zu einerley Laͤnge zuruͤck, kan alſo fuͤr andere Koͤrper zum Maaßſtabe dienen, und wuͤrde ſich<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [572/0578]
(1/1250) oder um 0,00080 wuͤrde ausgedehnt haben, welche Beſtimmung der Muſſchenbroekiſchen am naͤchſten koͤmmt.
Bey Koͤrpern, auf welche die Waͤrme nicht allein unmittelbar, ſondern auch noch mittelbar durch die in ihnen enthaltene Feuchtigkeit wirkt, erfolgt alles ganz anders. Ihre Feuchtigkeit verduͤnſtet in der Waͤrme, daher gehen ſie von der Hitze ein, und ſchwellen in der Kaͤlte auf. Man muß daher die hygrometriſchen Wirkungen von den thermometriſchen oder pyrometriſchen genau unterſcheiden. So iſt es zu verſtehen, wenn Kraft und andere Phyſiker Hoͤlzer, Wurzeln, Leder, Knochen rc. als Beyſpiele anfuͤhren, daß die Waͤrme nicht alle Koͤrper ausdehne.
Herr de Luͤc (An Eſſay on Pyrometry and areometry and on phyſical meaſures in general, in den Philoſ. Trans. Vol. LXVIII. for 1778. P. I. n. 20.) ward durch einen Gedanken von Kamsden veranlaſſet, bey der Ausmeſſung der relativen Ausdehnungen feſter Koͤrper das Mikroſkop zu gebrauchen. Er befeſtigte zween Staͤbe von den Materien, deren Ausdehnbarkeit er vergleichen wollte, am untern Endpunkte an einander, und verſahe ſie mit Theilungen. Wenn ſie nun in Waſſer von bekannter Temperatur erwaͤrmt wurden, ſo zeigte das Mikroſkop, welche Theilungsſtriche mit einander uͤbereintrafen, wie an einem Nonius oder Vernier, woraus ſich das Verhaͤltniß ihrer Ausdehnungen ſchließen laͤßt. Er erzaͤhlt, daß er bey einer Veraͤnderung der Waͤrme von 10 Grad bis 40 Grad ſeines Thermometers (d. i. von 54 1/2 — 122 nach Fahrenheit) die Ausdehnungen des Meſſings und Eiſens im Durchſchnitt, wie 21 zu 10 gefunden habe, welches mit der Angabe von Dom Juan am naͤchſten uͤbereinſtimmt. Er giebt auch ein Mittel an, durch ein am Mikroſkop angebrachtes Mikrometer die abſoluten Groͤßen der Ausdehnungen zu finden. Ein Verſuch damit gab ihm die Ausdehnung einer Glasroͤhre vom Eispunkte bis zum Siedpunkte 0,00083 ihrer Laͤnge, oder (1/100) Zoll auf jeden Schuh, genau ſo, wie es Smeaton gefunden hat. Das Glas koͤmmt bey einerley Temperatur ganz genau zu einerley Laͤnge zuruͤck, kan alſo fuͤr andere Koͤrper zum Maaßſtabe dienen, und wuͤrde ſich
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