Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 4. Leipzig, 1798.
Die doppelte Empfindung durch beyde Augen ist auch in der That von der einfachen durch ein Auge allein an Lebhaftigkeit unterschieden. D. Jurin legte ein Papier so, daß er eine Helfte davon mit beyden Augen, die andere nur mit einem, sehen konnte; die erstere schien ihm viel weißer und heller. Größer schienen ihm die Gegenstände mit beyden Augen nicht zu werden, außer beym Gebrauch eines Binocularteleskops und eines Hohlspiegels. Dü Tour (Mem. presentes. Vol III. IV. V.) behauptet den Satz des Gassendi, die Seele beobachte jedesmal nicht mehr, als blos das eine Bild in einem Auge. Er nahm unter andern zwo Scheiben Glas, eine blau, eine gelb, durch welche zusammen die Gegenstände grün aussahen. Von diesen befestigte er jede in eine 3--4 Zoll lange, inwendig schwarze, Röhre, hielt eine davon vor das rechte, die andere vor das linke Auge, und sahe durch beyde nach einem 4--5 Fuß entfernten Papier. Dieses schien immer entweder blau oder gelb, niemals grün. So führt er auch an, daß man die Dinge nicht gefärbt sieht, wenn man ein Prisma blos vor das eine Auge hält. Aber daraus, daß man in gewissen Fällen nur ein Auge braucht, folgt nicht, daß man immer nur eins gebrauche. Wir mögen wohl in vielen Fällen uns nur eines Auges bedienen, zumal, wenn die Augen ungleich sind, wo man vorzüglich das beste gebraucht; es macht aber doch nach allen Erfahrungen einen Unterschied, ob wir eine Sache mit beyden Augen, oder nur mit einem, betrachten, s. Binocularteleskop. D. Hartley (Observ. on Man. Vol. I. p. 207.) erinnert, daß die Sehnerven sich in der Sella turcica in einen Nervenknoten (Ganglion), oder in ein eignes ihnen gleichsam
Die doppelte Empfindung durch beyde Augen iſt auch in der That von der einfachen durch ein Auge allein an Lebhaftigkeit unterſchieden. D. Jurin legte ein Papier ſo, daß er eine Helfte davon mit beyden Augen, die andere nur mit einem, ſehen konnte; die erſtere ſchien ihm viel weißer und heller. Groͤßer ſchienen ihm die Gegenſtaͤnde mit beyden Augen nicht zu werden, außer beym Gebrauch eines Binocularteleſkops und eines Hohlſpiegels. Duͤ Tour (Mém. preſentés. Vol III. IV. V.) behauptet den Satz des Gaſſendi, die Seele beobachte jedesmal nicht mehr, als blos das eine Bild in einem Auge. Er nahm unter andern zwo Scheiben Glas, eine blau, eine gelb, durch welche zuſammen die Gegenſtaͤnde gruͤn ausſahen. Von dieſen befeſtigte er jede in eine 3—4 Zoll lange, inwendig ſchwarze, Roͤhre, hielt eine davon vor das rechte, die andere vor das linke Auge, und ſahe durch beyde nach einem 4—5 Fuß entfernten Papier. Dieſes ſchien immer entweder blau oder gelb, niemals gruͤn. So fuͤhrt er auch an, daß man die Dinge nicht gefaͤrbt ſieht, wenn man ein Prisma blos vor das eine Auge haͤlt. Aber daraus, daß man in gewiſſen Faͤllen nur ein Auge braucht, folgt nicht, daß man immer nur eins gebrauche. Wir moͤgen wohl in vielen Faͤllen uns nur eines Auges bedienen, zumal, wenn die Augen ungleich ſind, wo man vorzuͤglich das beſte gebraucht; es macht aber doch nach allen Erfahrungen einen Unterſchied, ob wir eine Sache mit beyden Augen, oder nur mit einem, betrachten, ſ. Binocularteleſkop. D. Hartley (Obſerv. on Man. Vol. I. p. 207.) erinnert, daß die Sehnerven ſich in der Sella turcica in einen Nervenknoten (Ganglion), oder in ein eignes ihnen gleichſam <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0032" xml:id="P.4.22" n="22"/><lb/> der Mittelpunkte beyder Augen, worauf das Einfachſehen ankoͤmmt, ebenfalls fuͤr angebohren, nicht fuͤr erworben. Er bezieht ſich vornehmlich auf <hi rendition="#b">Cheſeldens</hi> Blindgebohrnen, der nach der Operation ſeines zweyten Auges ſogleich alles nur einfach ſahe. Herr <hi rendition="#b">Kluͤgel</hi> aber bemerkt hiebey richtig, dieſer Menſch habe ſchon mit dem einen Auge recht ſehen gelernt, und ſich alſo bey dem ſpaͤter operirten zweyten nach den Urtheilen des erſten gerichtet.</p> <p>Die doppelte Empfindung durch beyde Augen iſt auch in der That von der einfachen durch ein Auge allein an Lebhaftigkeit unterſchieden. <hi rendition="#b">D. Jurin</hi> legte ein Papier ſo, daß er eine Helfte davon mit beyden Augen, die andere nur mit einem, ſehen konnte; die erſtere ſchien ihm viel weißer und heller. Groͤßer ſchienen ihm die Gegenſtaͤnde mit beyden Augen nicht zu werden, außer beym Gebrauch eines Binocularteleſkops und eines Hohlſpiegels. <hi rendition="#b">Duͤ Tour</hi> (<hi rendition="#aq">Mém. preſentés. Vol III. IV. V.</hi>) behauptet den Satz des Gaſſendi, die Seele beobachte jedesmal nicht mehr, als blos das eine Bild in einem Auge. Er nahm unter andern zwo Scheiben Glas, eine blau, eine gelb, durch welche zuſammen die Gegenſtaͤnde gruͤn ausſahen. Von dieſen befeſtigte er jede in eine 3—4 Zoll lange, inwendig ſchwarze, Roͤhre, hielt eine davon vor das rechte, die andere vor das linke Auge, und ſahe durch beyde nach einem 4—5 Fuß entfernten Papier. Dieſes ſchien immer entweder blau oder gelb, niemals gruͤn. So fuͤhrt er auch an, daß man die Dinge nicht gefaͤrbt ſieht, wenn man ein Prisma blos vor das eine Auge haͤlt. Aber daraus, daß man in gewiſſen Faͤllen nur ein Auge braucht, folgt nicht, daß man immer nur eins gebrauche. Wir moͤgen wohl in vielen Faͤllen uns nur eines Auges bedienen, zumal, wenn die Augen ungleich ſind, wo man vorzuͤglich das beſte gebraucht; es macht aber doch nach allen Erfahrungen einen Unterſchied, ob wir eine Sache mit beyden Augen, oder nur mit einem, betrachten, <hi rendition="#b">ſ. Binocularteleſkop.</hi></p> <p><hi rendition="#b">D. Hartley</hi> (<hi rendition="#aq">Obſerv. on Man. Vol. I. p. 207.</hi>) erinnert, daß die Sehnerven ſich in der <hi rendition="#aq">Sella turcica</hi> in einen Nervenknoten (<hi rendition="#aq">Ganglion</hi>), oder in ein eignes ihnen gleichſam<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [22/0032]
der Mittelpunkte beyder Augen, worauf das Einfachſehen ankoͤmmt, ebenfalls fuͤr angebohren, nicht fuͤr erworben. Er bezieht ſich vornehmlich auf Cheſeldens Blindgebohrnen, der nach der Operation ſeines zweyten Auges ſogleich alles nur einfach ſahe. Herr Kluͤgel aber bemerkt hiebey richtig, dieſer Menſch habe ſchon mit dem einen Auge recht ſehen gelernt, und ſich alſo bey dem ſpaͤter operirten zweyten nach den Urtheilen des erſten gerichtet.
Die doppelte Empfindung durch beyde Augen iſt auch in der That von der einfachen durch ein Auge allein an Lebhaftigkeit unterſchieden. D. Jurin legte ein Papier ſo, daß er eine Helfte davon mit beyden Augen, die andere nur mit einem, ſehen konnte; die erſtere ſchien ihm viel weißer und heller. Groͤßer ſchienen ihm die Gegenſtaͤnde mit beyden Augen nicht zu werden, außer beym Gebrauch eines Binocularteleſkops und eines Hohlſpiegels. Duͤ Tour (Mém. preſentés. Vol III. IV. V.) behauptet den Satz des Gaſſendi, die Seele beobachte jedesmal nicht mehr, als blos das eine Bild in einem Auge. Er nahm unter andern zwo Scheiben Glas, eine blau, eine gelb, durch welche zuſammen die Gegenſtaͤnde gruͤn ausſahen. Von dieſen befeſtigte er jede in eine 3—4 Zoll lange, inwendig ſchwarze, Roͤhre, hielt eine davon vor das rechte, die andere vor das linke Auge, und ſahe durch beyde nach einem 4—5 Fuß entfernten Papier. Dieſes ſchien immer entweder blau oder gelb, niemals gruͤn. So fuͤhrt er auch an, daß man die Dinge nicht gefaͤrbt ſieht, wenn man ein Prisma blos vor das eine Auge haͤlt. Aber daraus, daß man in gewiſſen Faͤllen nur ein Auge braucht, folgt nicht, daß man immer nur eins gebrauche. Wir moͤgen wohl in vielen Faͤllen uns nur eines Auges bedienen, zumal, wenn die Augen ungleich ſind, wo man vorzuͤglich das beſte gebraucht; es macht aber doch nach allen Erfahrungen einen Unterſchied, ob wir eine Sache mit beyden Augen, oder nur mit einem, betrachten, ſ. Binocularteleſkop.
D. Hartley (Obſerv. on Man. Vol. I. p. 207.) erinnert, daß die Sehnerven ſich in der Sella turcica in einen Nervenknoten (Ganglion), oder in ein eignes ihnen gleichſam
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