Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 4. Leipzig, 1798.Diese Erklärung der thierischen Wärme ward mit großem Beyfall aufgenommen, zumal da nach der ersten Ausgabe des Werks die gemeine Luft 69 mal mehr Capacität, als die fixe, besitzen sollte, welches dem damals gemachten Ueberschlage über die Menge der von ihr abgesetzten Wärme eine auffallende Wahrscheinlichkeit gab. Nach den neuern Bestimmungen aber ist dieses Verhältniß über alle Maaße herabgesetzt worden, indem selbst der reinsten Luft nur etwa 4 4/5, und der gemeinen nur 1 5/7 mal mehr Capacität, als der fixen, zugeschrieben wird. Ich habe einige starke Gründe, mit welchen das crawfordische System überhaupt von den Herren de Lüc, Gren u. a. bestritten worden ist, bereits bey den Worten Feuer (Th. II. S. 227. u. 230.), Verbrennung, Wärme, specifische, angegeben. Wichtige Zweifel dagegen hat auch Eduard Fryer (Diss. de vita animantium et vegetantium. Lugd. Bat. 1785. 8.) erhoben. Was sich gegen die Theorie der thierischen Wärme insbesondere einwenden läßt, ist folgendes. Wenn man auch den Schluß von der durch Versuche mit Mengungen bestimmten Capacität oder comparativen Wärme der Körper auf die Menge ihrer absoluten Wärme als richtig zugiebt, so ist doch gewiß, daß die Resultate solcher Versuche unrichtig werden, wenn die dabey vermengten Stoffe einander auflösen oder verdicken, wodurch sich ihre Capacitäten offenbar während des Versuches ändern, s. Wärme, specifische. Da nun dies der Fall ist, wenn mehlige Saamen, Fleisch, Blut u. s. w. mit Wasser vermischt werden, so kan man die durch solche Versuche bestimmten Capacitäten und absoluten Wärmen der Nahrungsmittel und des Bluts nicht als richtig bestimmt ansehen. Was die Luftgattungen betrift, so sind ihre Capacitäten durch sehr geringe Veränderungen der Temperatur gesucht, welche nicht über (1/10) fahrenheit. Grad betragen, und die ungemein große Abweichung der neuern Bestimmungen von den ältern macht ihre Zuverläßigkeit nicht wenig verdächtig. Die Bestimmung der Capacität des Wasserdampfs gründet sich auf ein sehr zusammengesetztes Verfahren, wobey es als ausgemacht angenommen Dieſe Erklaͤrung der thieriſchen Waͤrme ward mit großem Beyfall aufgenommen, zumal da nach der erſten Ausgabe des Werks die gemeine Luft 69 mal mehr Capacitaͤt, als die fixe, beſitzen ſollte, welches dem damals gemachten Ueberſchlage uͤber die Menge der von ihr abgeſetzten Waͤrme eine auffallende Wahrſcheinlichkeit gab. Nach den neuern Beſtimmungen aber iſt dieſes Verhaͤltniß uͤber alle Maaße herabgeſetzt worden, indem ſelbſt der reinſten Luft nur etwa 4 4/5, und der gemeinen nur 1 5/7 mal mehr Capacitaͤt, als der fixen, zugeſchrieben wird. Ich habe einige ſtarke Gruͤnde, mit welchen das crawfordiſche Syſtem uͤberhaupt von den Herren de Luͤc, Gren u. a. beſtritten worden iſt, bereits bey den Worten Feuer (Th. II. S. 227. u. 230.), Verbrennung, Waͤrme, ſpecifiſche, angegeben. Wichtige Zweifel dagegen hat auch Eduard Fryer (Diſſ. de vita animantium et vegetantium. Lugd. Bat. 1785. 8.) erhoben. Was ſich gegen die Theorie der thieriſchen Waͤrme insbeſondere einwenden laͤßt, iſt folgendes. Wenn man auch den Schluß von der durch Verſuche mit Mengungen beſtimmten Capacitaͤt oder comparativen Waͤrme der Koͤrper auf die Menge ihrer abſoluten Waͤrme als richtig zugiebt, ſo iſt doch gewiß, daß die Reſultate ſolcher Verſuche unrichtig werden, wenn die dabey vermengten Stoffe einander aufloͤſen oder verdicken, wodurch ſich ihre Capacitaͤten offenbar waͤhrend des Verſuches aͤndern, ſ. Waͤrme, ſpecifiſche. Da nun dies der Fall iſt, wenn mehlige Saamen, Fleiſch, Blut u. ſ. w. mit Waſſer vermiſcht werden, ſo kan man die durch ſolche Verſuche beſtimmten Capacitaͤten und abſoluten Waͤrmen der Nahrungsmittel und des Bluts nicht als richtig beſtimmt anſehen. Was die Luftgattungen betrift, ſo ſind ihre Capacitaͤten durch ſehr geringe Veraͤnderungen der Temperatur geſucht, welche nicht uͤber (1/10) fahrenheit. Grad betragen, und die ungemein große Abweichung der neuern Beſtimmungen von den aͤltern macht ihre Zuverlaͤßigkeit nicht wenig verdaͤchtig. Die Beſtimmung der Capacitaͤt des Waſſerdampfs gruͤndet ſich auf ein ſehr zuſammengeſetztes Verfahren, wobey es als ausgemacht angenommen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p> <pb facs="#f0604" xml:id="P.4.594" n="594"/><lb/> </p> <p>Dieſe Erklaͤrung der thieriſchen Waͤrme ward mit großem Beyfall aufgenommen, zumal da nach der erſten Ausgabe des Werks die gemeine Luft 69 mal mehr Capacitaͤt, als die fixe, beſitzen ſollte, welches dem damals gemachten Ueberſchlage uͤber die Menge der von ihr abgeſetzten Waͤrme eine auffallende Wahrſcheinlichkeit gab. Nach den neuern Beſtimmungen aber iſt dieſes Verhaͤltniß uͤber alle Maaße herabgeſetzt worden, indem ſelbſt der reinſten Luft nur etwa 4 4/5, und der gemeinen nur 1 5/7 mal mehr Capacitaͤt, als der fixen, zugeſchrieben wird.</p> <p>Ich habe einige ſtarke Gruͤnde, mit welchen das crawfordiſche Syſtem uͤberhaupt von den Herren <hi rendition="#b">de Luͤc, Gren</hi> u. a. beſtritten worden iſt, bereits bey den Worten <hi rendition="#b">Feuer</hi> (Th. <hi rendition="#aq">II.</hi> S. 227. u. 230.), <hi rendition="#b">Verbrennung, Waͤrme, ſpecifiſche,</hi> angegeben. Wichtige Zweifel dagegen hat auch <hi rendition="#b">Eduard Fryer</hi> (<hi rendition="#aq">Diſſ. de vita animantium et vegetantium. Lugd. Bat. 1785. 8.</hi>) erhoben. Was ſich gegen die Theorie der thieriſchen Waͤrme insbeſondere einwenden laͤßt, iſt folgendes. 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Ich habe einige ſtarke Gruͤnde, mit welchen das crawfordiſche Syſtem uͤberhaupt von den Herren de Luͤc, Gren u. a. beſtritten worden iſt, bereits bey den Worten Feuer (Th. II. S. 227. u. 230.), Verbrennung, Waͤrme, ſpecifiſche, angegeben. Wichtige Zweifel dagegen hat auch Eduard Fryer (Diſſ. de vita animantium et vegetantium. Lugd. Bat. 1785. 8.) erhoben. Was ſich gegen die Theorie der thieriſchen Waͤrme insbeſondere einwenden laͤßt, iſt folgendes. Wenn man auch den Schluß von der durch Verſuche mit Mengungen beſtimmten Capacitaͤt oder comparativen Waͤrme der Koͤrper auf die Menge ihrer abſoluten Waͤrme als richtig zugiebt, ſo iſt doch gewiß, daß die Reſultate ſolcher Verſuche unrichtig werden, wenn die dabey vermengten Stoffe einander aufloͤſen oder verdicken, wodurch ſich ihre Capacitaͤten offenbar waͤhrend des Verſuches aͤndern, ſ. Waͤrme, ſpecifiſche. Da nun dies der Fall iſt, wenn mehlige Saamen, Fleiſch, Blut u. ſ. w. mit Waſſer vermiſcht werden, ſo kan man die durch ſolche Verſuche beſtimmten Capacitaͤten und abſoluten Waͤrmen der Nahrungsmittel und des Bluts nicht als richtig beſtimmt anſehen. Was die Luftgattungen betrift, ſo ſind ihre Capacitaͤten durch ſehr geringe Veraͤnderungen der Temperatur geſucht, welche nicht uͤber (1/10) fahrenheit. Grad betragen, und die ungemein große Abweichung der neuern Beſtimmungen von den aͤltern macht ihre Zuverlaͤßigkeit nicht wenig verdaͤchtig. Die Beſtimmung der Capacitaͤt des Waſſerdampfs gruͤndet ſich auf ein ſehr zuſammengeſetztes Verfahren, wobey es als ausgemacht angenommen
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