Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 4. Leipzig, 1798.
Beym schiefen Stoße unter dem Neigungswinkel a nimmt man den lothrechten Druck des Windes gegen die Ebene = nbh. sina an, obgleich auch bey diesem Satze die Schlüsse, welche ihn rechtfertigen sollen, mangelhaft sind. Ueberhaupt ist diese Lehre vom Stoß und Widerstande flüßiger Materien so vielen Schwierigkeiten ausgesetzt, daß Euler (Dilucidationes de resistentia fluidorum in Comm. Petrop. To. VIII. p. 200.) urtheilt, eine wahre und scharf erwiesene Theorie derselben zu geben, übersteige die Kräfte des menschlichen Verstandes. Die Winde haben sehr ungleiche Eigenschaften und Wirkungen, nach Beschaffenheit der Orte, von denen sie herkommen. Von Gegenden, welche mit Eis und Schnee bedeckt sind, wehen sie kalt, von erhitzten Sandheiden heiß und erstickend, vom Meere und Seen feucht, von warmen hochliegenden Orten trocken u. s. w. Sehr leicht kan also der Wind aus einer und eben derselben Weltgegend für einen Ort gesund, angenehm und vortheilhaft, für einen andern ungesund, beschwerlich und schädlich seyn. Die Bewegung der Wolken zeigt, daß der Luftkreis in ungleichen Höhen weder einerley Geschwindigkeit, noch einerley Richtung habe, ja daß die untern Winde den obern zuweilen gerade entgegengehen. Wenn man die Geschwindigkeit des obern Windes aus der Bewegung der Wolken beurtheilt, so findet man sie sehr groß, zuweilen, auch bey anhaltenden Winden, auf 30 Fuß in einer Secunde. Aristoteles (Meteor. L. III.), Seneca (Quaest. nat. V. 12.) und Plinius (H. N. II. 48.) erwähnen besondere Arten plötzlicher Stürme und Orkane (repentini flatus) unter den Namen Prester, Exhydria, Ecnephias, Typhon. Der Prester soll ein mit Blitzen begleiteter Sturmwind
Beym ſchiefen Stoße unter dem Neigungswinkel α nimmt man den lothrechten Druck des Windes gegen die Ebene = nbh. ſinα an, obgleich auch bey dieſem Satze die Schluͤſſe, welche ihn rechtfertigen ſollen, mangelhaft ſind. Ueberhaupt iſt dieſe Lehre vom Stoß und Widerſtande fluͤßiger Materien ſo vielen Schwierigkeiten ausgeſetzt, daß Euler (Dilucidationes de reſiſtentia fluidorum in Comm. Petrop. To. VIII. p. 200.) urtheilt, eine wahre und ſcharf erwieſene Theorie derſelben zu geben, uͤberſteige die Kraͤfte des menſchlichen Verſtandes. Die Winde haben ſehr ungleiche Eigenſchaften und Wirkungen, nach Beſchaffenheit der Orte, von denen ſie herkommen. Von Gegenden, welche mit Eis und Schnee bedeckt ſind, wehen ſie kalt, von erhitzten Sandheiden heiß und erſtickend, vom Meere und Seen feucht, von warmen hochliegenden Orten trocken u. ſ. w. Sehr leicht kan alſo der Wind aus einer und eben derſelben Weltgegend fuͤr einen Ort geſund, angenehm und vortheilhaft, fuͤr einen andern ungeſund, beſchwerlich und ſchaͤdlich ſeyn. Die Bewegung der Wolken zeigt, daß der Luftkreis in ungleichen Hoͤhen weder einerley Geſchwindigkeit, noch einerley Richtung habe, ja daß die untern Winde den obern zuweilen gerade entgegengehen. Wenn man die Geſchwindigkeit des obern Windes aus der Bewegung der Wolken beurtheilt, ſo findet man ſie ſehr groß, zuweilen, auch bey anhaltenden Winden, auf 30 Fuß in einer Secunde. Ariſtoteles (Meteor. L. III.), Seneca (Quaeſt. nat. V. 12.) und Plinius (H. N. II. 48.) erwaͤhnen beſondere Arten ploͤtzlicher Stuͤrme und Orkane (repentini flatus) unter den Namen Preſter, Exhydria, Ecnephias, Typhon. Der Preſter ſoll ein mit Blitzen begleiteter Sturmwind <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0774" xml:id="P.4.764" n="764"/><lb/> laͤßt ſich die newtoniſche Formel fuͤr den Widerſtand <hi rendition="#aq">R=nbh</hi> auch hier gebrauchen; man hat aber zu bedenken, daß Andere <hi rendition="#aq">R=2nbh</hi> annehmen, und im Allgemeinen <hi rendition="#aq">R</hi>=2<foreign xml:lang="grc">λ</foreign><hi rendition="#aq">nbh</hi> wird, wo der Werth von <foreign xml:lang="grc">λ</foreign> fuͤr jeden beſondern Fall erſt durch Erfahrungen auszumachen iſt. Bey ſchnellen Bewegungen iſt es entſchieden, daß <hi rendition="#aq">R</hi> weit groͤßer, als <hi rendition="#aq">n b h</hi> wird, <hi rendition="#b">ſ. Widerſtand der Mittel.</hi></p> <p>Beym ſchiefen Stoße unter dem Neigungswinkel <foreign xml:lang="grc">α</foreign> nimmt man den lothrechten Druck des Windes gegen die Ebene = <hi rendition="#aq">nbh. ſin</hi><foreign xml:lang="grc">α</foreign> an, obgleich auch bey dieſem Satze die Schluͤſſe, welche ihn rechtfertigen ſollen, mangelhaft ſind. Ueberhaupt iſt dieſe Lehre vom Stoß und Widerſtande fluͤßiger Materien ſo vielen Schwierigkeiten ausgeſetzt, daß <hi rendition="#b">Euler</hi> (<hi rendition="#aq">Dilucidationes de reſiſtentia fluidorum in Comm. Petrop. To. VIII. p. 200.</hi>) urtheilt, eine wahre und ſcharf erwieſene Theorie derſelben zu geben, uͤberſteige die Kraͤfte des menſchlichen Verſtandes.</p> <p>Die Winde haben ſehr ungleiche Eigenſchaften und Wirkungen, nach Beſchaffenheit der Orte, von denen ſie herkommen. Von Gegenden, welche mit Eis und Schnee bedeckt ſind, wehen ſie kalt, von erhitzten Sandheiden heiß und erſtickend, vom Meere und Seen feucht, von warmen hochliegenden Orten trocken u. ſ. w. Sehr leicht kan alſo der Wind aus einer und eben derſelben Weltgegend fuͤr einen Ort geſund, angenehm und vortheilhaft, fuͤr einen andern ungeſund, beſchwerlich und ſchaͤdlich ſeyn.</p> <p>Die Bewegung der Wolken zeigt, daß der Luftkreis in ungleichen Hoͤhen weder einerley Geſchwindigkeit, noch einerley Richtung habe, ja daß die untern Winde den obern zuweilen gerade entgegengehen. Wenn man die Geſchwindigkeit des obern Windes aus der Bewegung der Wolken beurtheilt, ſo findet man ſie ſehr groß, zuweilen, auch bey anhaltenden Winden, auf 30 Fuß in einer Secunde.</p> <p><hi rendition="#b">Ariſtoteles</hi> (<hi rendition="#aq">Meteor. L. III.</hi>), <hi rendition="#b">Seneca</hi> (<hi rendition="#aq">Quaeſt. nat. V. 12.</hi>) und <hi rendition="#b">Plinius</hi> (<hi rendition="#aq">H. N. II. 48.</hi>) erwaͤhnen beſondere Arten ploͤtzlicher Stuͤrme und Orkane (<hi rendition="#aq">repentini flatus</hi>) unter den Namen <hi rendition="#aq">Preſter, Exhydria, Ecnephias, Typhon.</hi> <hi rendition="#b">Der Preſter</hi> ſoll ein mit Blitzen begleiteter Sturmwind<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [764/0774]
laͤßt ſich die newtoniſche Formel fuͤr den Widerſtand R=nbh auch hier gebrauchen; man hat aber zu bedenken, daß Andere R=2nbh annehmen, und im Allgemeinen R=2λnbh wird, wo der Werth von λ fuͤr jeden beſondern Fall erſt durch Erfahrungen auszumachen iſt. Bey ſchnellen Bewegungen iſt es entſchieden, daß R weit groͤßer, als n b h wird, ſ. Widerſtand der Mittel.
Beym ſchiefen Stoße unter dem Neigungswinkel α nimmt man den lothrechten Druck des Windes gegen die Ebene = nbh. ſinα an, obgleich auch bey dieſem Satze die Schluͤſſe, welche ihn rechtfertigen ſollen, mangelhaft ſind. Ueberhaupt iſt dieſe Lehre vom Stoß und Widerſtande fluͤßiger Materien ſo vielen Schwierigkeiten ausgeſetzt, daß Euler (Dilucidationes de reſiſtentia fluidorum in Comm. Petrop. To. VIII. p. 200.) urtheilt, eine wahre und ſcharf erwieſene Theorie derſelben zu geben, uͤberſteige die Kraͤfte des menſchlichen Verſtandes.
Die Winde haben ſehr ungleiche Eigenſchaften und Wirkungen, nach Beſchaffenheit der Orte, von denen ſie herkommen. Von Gegenden, welche mit Eis und Schnee bedeckt ſind, wehen ſie kalt, von erhitzten Sandheiden heiß und erſtickend, vom Meere und Seen feucht, von warmen hochliegenden Orten trocken u. ſ. w. Sehr leicht kan alſo der Wind aus einer und eben derſelben Weltgegend fuͤr einen Ort geſund, angenehm und vortheilhaft, fuͤr einen andern ungeſund, beſchwerlich und ſchaͤdlich ſeyn.
Die Bewegung der Wolken zeigt, daß der Luftkreis in ungleichen Hoͤhen weder einerley Geſchwindigkeit, noch einerley Richtung habe, ja daß die untern Winde den obern zuweilen gerade entgegengehen. Wenn man die Geſchwindigkeit des obern Windes aus der Bewegung der Wolken beurtheilt, ſo findet man ſie ſehr groß, zuweilen, auch bey anhaltenden Winden, auf 30 Fuß in einer Secunde.
Ariſtoteles (Meteor. L. III.), Seneca (Quaeſt. nat. V. 12.) und Plinius (H. N. II. 48.) erwaͤhnen beſondere Arten ploͤtzlicher Stuͤrme und Orkane (repentini flatus) unter den Namen Preſter, Exhydria, Ecnephias, Typhon. Der Preſter ſoll ein mit Blitzen begleiteter Sturmwind
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Bibliothek des Max-Planck-Instituts für Wissenschaftsgeschichte : Bereitstellung der Texttranskription.
(2015-09-02T12:13:09Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2015-09-02T12:13:09Z)
Weitere Informationen:Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): keine Angabe; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein;
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |