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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 4. Leipzig, 1798.

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eigentliche Stärke und Geschwindigkeit desselben müßte dann erst aus der Einrichtung der Maschine berechnet werden, wozu aber die Theorie des Windstoßes auf Flügel noch viel zu unsicher ist. Ueberdies wird man doch auch wünschen, etwas mehr als den stärksten Stoß, z. B. die mittlere Geschwindigkeit des Windes auf eine oder etliche Stunden u. dgl. zu erfahren, welche dieses Instrument nicht angiebt.

Sonst würde man bey diesem Werkzeuge statt des Hebels mit dem Gewichte weit einfacher eine Welle mit einer konischen Spindel anbringen, und darauf eine Schnur mit einem Gewichte so aufwickeln können, daß die Gänge nach und nach weiter würden, und der Wind die Welle nur so lang umtriebe, bis das Moment des Gewichts dem Momente des Windstoßes gleich wäre.

Wenn man eine kleine mit Windflügeln versehene Maschine so einrichtet, daß ein ganz mäßiger Wind das Rad schon zum Laufen bringt, und daß sich die Umläufe des Rads leicht zählen lassen, oder sich auch von selbst durch einen Zeiger zählen, so giebt diese Vorrichtung die Veränderung der Geschwindigkeit an, weil das Rad bey schnellerm Winde in gleicher Zeit mehr Umläufe macht. So ist das Anemometer des Ons-en-bray (Mem. de l'acad. des sc. de Paris, 1734. p. 123.) eingerichtet, das aber durch viele angebrachte Künsteleyen äußerst zusammengesetzt wird. Es zeigt nicht allein die Richtung und Geschwindigkeit des Windes durch die Anzahl der Umläufe, sondern bemerkt auch dieselbe in Abwesenheit des Beobachters auf einem Papiere, auf dem man nach 24 Stunden sieht, was für Winde, und in welchen Stunden sie gewehet haben, auch wie sich ihre Geschwindigkeit geändert hat. Die ganze Maschine steht im Zimmer, und wird durch ein auf dem Dache befindliches horizontales Windrad gedreht. Die Erfindung eines solchen Windmessers scheint aber nicht ursprünglich französisch zu seyn, da schon Leupolds im Jahre 1724 gedrucktes Werk (Theatr. mach. gen. §. 315.) eines ähnlichen Werkzeugs erwähnt, welches der Hofjuwelirer Dinglinger in Dresden in seinem Hause habe errichten


eigentliche Staͤrke und Geſchwindigkeit deſſelben muͤßte dann erſt aus der Einrichtung der Maſchine berechnet werden, wozu aber die Theorie des Windſtoßes auf Fluͤgel noch viel zu unſicher iſt. Ueberdies wird man doch auch wuͤnſchen, etwas mehr als den ſtaͤrkſten Stoß, z. B. die mittlere Geſchwindigkeit des Windes auf eine oder etliche Stunden u. dgl. zu erfahren, welche dieſes Inſtrument nicht angiebt.

Sonſt wuͤrde man bey dieſem Werkzeuge ſtatt des Hebels mit dem Gewichte weit einfacher eine Welle mit einer koniſchen Spindel anbringen, und darauf eine Schnur mit einem Gewichte ſo aufwickeln koͤnnen, daß die Gaͤnge nach und nach weiter wuͤrden, und der Wind die Welle nur ſo lang umtriebe, bis das Moment des Gewichts dem Momente des Windſtoßes gleich waͤre.

Wenn man eine kleine mit Windfluͤgeln verſehene Maſchine ſo einrichtet, daß ein ganz maͤßiger Wind das Rad ſchon zum Laufen bringt, und daß ſich die Umlaͤufe des Rads leicht zaͤhlen laſſen, oder ſich auch von ſelbſt durch einen Zeiger zaͤhlen, ſo giebt dieſe Vorrichtung die Veraͤnderung der Geſchwindigkeit an, weil das Rad bey ſchnellerm Winde in gleicher Zeit mehr Umlaͤufe macht. So iſt das Anemometer des Ons-en-bray (Mém. de l'acad. des ſc. de Paris, 1734. p. 123.) eingerichtet, das aber durch viele angebrachte Kuͤnſteleyen aͤußerſt zuſammengeſetzt wird. Es zeigt nicht allein die Richtung und Geſchwindigkeit des Windes durch die Anzahl der Umlaͤufe, ſondern bemerkt auch dieſelbe in Abweſenheit des Beobachters auf einem Papiere, auf dem man nach 24 Stunden ſieht, was fuͤr Winde, und in welchen Stunden ſie gewehet haben, auch wie ſich ihre Geſchwindigkeit geaͤndert hat. Die ganze Maſchine ſteht im Zimmer, und wird durch ein auf dem Dache befindliches horizontales Windrad gedreht. Die Erfindung eines ſolchen Windmeſſers ſcheint aber nicht urſpruͤnglich franzoͤſiſch zu ſeyn, da ſchon Leupolds im Jahre 1724 gedrucktes Werk (Theatr. mach. gen. §. 315.) eines aͤhnlichen Werkzeugs erwaͤhnt, welches der Hofjuwelirer Dinglinger in Dresden in ſeinem Hauſe habe errichten

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[775/0785] eigentliche Staͤrke und Geſchwindigkeit deſſelben muͤßte dann erſt aus der Einrichtung der Maſchine berechnet werden, wozu aber die Theorie des Windſtoßes auf Fluͤgel noch viel zu unſicher iſt. Ueberdies wird man doch auch wuͤnſchen, etwas mehr als den ſtaͤrkſten Stoß, z. B. die mittlere Geſchwindigkeit des Windes auf eine oder etliche Stunden u. dgl. zu erfahren, welche dieſes Inſtrument nicht angiebt. Sonſt wuͤrde man bey dieſem Werkzeuge ſtatt des Hebels mit dem Gewichte weit einfacher eine Welle mit einer koniſchen Spindel anbringen, und darauf eine Schnur mit einem Gewichte ſo aufwickeln koͤnnen, daß die Gaͤnge nach und nach weiter wuͤrden, und der Wind die Welle nur ſo lang umtriebe, bis das Moment des Gewichts dem Momente des Windſtoßes gleich waͤre. Wenn man eine kleine mit Windfluͤgeln verſehene Maſchine ſo einrichtet, daß ein ganz maͤßiger Wind das Rad ſchon zum Laufen bringt, und daß ſich die Umlaͤufe des Rads leicht zaͤhlen laſſen, oder ſich auch von ſelbſt durch einen Zeiger zaͤhlen, ſo giebt dieſe Vorrichtung die Veraͤnderung der Geſchwindigkeit an, weil das Rad bey ſchnellerm Winde in gleicher Zeit mehr Umlaͤufe macht. So iſt das Anemometer des Ons-en-bray (Mém. de l'acad. des ſc. de Paris, 1734. p. 123.) eingerichtet, das aber durch viele angebrachte Kuͤnſteleyen aͤußerſt zuſammengeſetzt wird. Es zeigt nicht allein die Richtung und Geſchwindigkeit des Windes durch die Anzahl der Umlaͤufe, ſondern bemerkt auch dieſelbe in Abweſenheit des Beobachters auf einem Papiere, auf dem man nach 24 Stunden ſieht, was fuͤr Winde, und in welchen Stunden ſie gewehet haben, auch wie ſich ihre Geſchwindigkeit geaͤndert hat. Die ganze Maſchine ſteht im Zimmer, und wird durch ein auf dem Dache befindliches horizontales Windrad gedreht. Die Erfindung eines ſolchen Windmeſſers ſcheint aber nicht urſpruͤnglich franzoͤſiſch zu ſeyn, da ſchon Leupolds im Jahre 1724 gedrucktes Werk (Theatr. mach. gen. §. 315.) eines aͤhnlichen Werkzeugs erwaͤhnt, welches der Hofjuwelirer Dinglinger in Dresden in ſeinem Hauſe habe errichten

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Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 4. Leipzig, 1798, S. 775. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch04_1798/785>, abgerufen am 22.11.2024.