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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 5. Leipzig, 1799.

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Solche Anhäufungen geschehen auch in den südlichen Theilen des alten festen Landes, z. B. über den Gebirgsketten von Thibet, der Tartarey, europäischen Türkey Afrika, und selbst in einigem Grade bey den Pyrenäen und Alpen. Ist die Verdünnung in dem nördlichen Europa stark, entweder durch Uebergang der nördlichen Luft in andere Gegenden, oder durch häufige Nordlichter, so fällt das Barometer, und da zugleich die südliche Luft zuströmt, um das Gleichgewicht herzustellen, so muß in den zwischenliegenden Regionen zu selbiger Zeit der Südwind wehen. Hieraus erklärt sich das Fallen des Quecksilbers beym Südwinde; jenes ist nicht Wirkung dieses Windes, sondern beydes sind gleichzeitige Wirkungen einer starken Verdünnung in den nördlichen Theilen. Dagegen steigt das Quecksilber beym Nord - und Ostwinde, weil die obere Luft vornehmlich in denjenigen Theilen unserer Halbkugel, woraus jene Winde kommen, angehäuft wird, und mit ihnen zu den südlichen Regionen übergeht.

Eben so, wenn das Barometer vor einem Sturme fällt, so kömmt beydes, der Sturm und das Fallen, von einer größern Verdünnung in der Gegend, wohin der Wind wehet, her, und diese Verdünnung entspringt aus der Verminderung oder Zersetzung der obern Atmosphäre.

Die Barometerveränderungen pflanzen sich bey uns allmählich von Westen nach Osten fort, wie dieses Herr Planer (s. Ephemer. soc. meteor. Palat. Vol. II.) aus der Vergleichung der Beobachtungen von London und Wien gezeigt hat. Sie erstrecken sich immer durch gleiche Grade der Breite, nicht aber der Länge. Dies alles rührt daher, weil die obere Anhäufung vorzüglich von Nordamerika zu uns her kömmt, daher die Wirkung ostwärts vorrückt, aber nicht allemal gleich stark und gleich weit nach Süden zu reicht. Im Frühjahre fängt der Strom der obern Luft an nach Süden zu fließen, und im Herbste von daher zurückzukehren; daher die Stürme um die Zeit der Nachtgleichen, und die häufigen Barometerveränderungen in diesen Jahrszeiten.

Die Mengen der in unsere Halbkugel geführten Aequatorialluft und der in den nördlichen Gegenden zersetzten Luft


Solche Anhaͤufungen geſchehen auch in den ſuͤdlichen Theilen des alten feſten Landes, z. B. uͤber den Gebirgsketten von Thibet, der Tartarey, europaͤiſchen Tuͤrkey Afrika, und ſelbſt in einigem Grade bey den Pyrenaͤen und Alpen. Iſt die Verduͤnnung in dem noͤrdlichen Europa ſtark, entweder durch Uebergang der noͤrdlichen Luft in andere Gegenden, oder durch haͤufige Nordlichter, ſo faͤllt das Barometer, und da zugleich die ſuͤdliche Luft zuſtroͤmt, um das Gleichgewicht herzuſtellen, ſo muß in den zwiſchenliegenden Regionen zu ſelbiger Zeit der Suͤdwind wehen. Hieraus erklaͤrt ſich das Fallen des Queckſilbers beym Suͤdwinde; jenes iſt nicht Wirkung dieſes Windes, ſondern beydes ſind gleichzeitige Wirkungen einer ſtarken Verduͤnnung in den noͤrdlichen Theilen. Dagegen ſteigt das Queckſilber beym Nord - und Oſtwinde, weil die obere Luft vornehmlich in denjenigen Theilen unſerer Halbkugel, woraus jene Winde kommen, angehaͤuft wird, und mit ihnen zu den ſuͤdlichen Regionen uͤbergeht.

Eben ſo, wenn das Barometer vor einem Sturme faͤllt, ſo koͤmmt beydes, der Sturm und das Fallen, von einer groͤßern Verduͤnnung in der Gegend, wohin der Wind wehet, her, und dieſe Verduͤnnung entſpringt aus der Verminderung oder Zerſetzung der obern Atmoſphaͤre.

Die Barometerveraͤnderungen pflanzen ſich bey uns allmaͤhlich von Weſten nach Oſten fort, wie dieſes Herr Planer (ſ. Ephemer. ſoc. meteor. Palat. Vol. II.) aus der Vergleichung der Beobachtungen von London und Wien gezeigt hat. Sie erſtrecken ſich immer durch gleiche Grade der Breite, nicht aber der Laͤnge. Dies alles ruͤhrt daher, weil die obere Anhaͤufung vorzuͤglich von Nordamerika zu uns her koͤmmt, daher die Wirkung oſtwaͤrts vorruͤckt, aber nicht allemal gleich ſtark und gleich weit nach Suͤden zu reicht. Im Fruͤhjahre faͤngt der Strom der obern Luft an nach Suͤden zu fließen, und im Herbſte von daher zuruͤckzukehren; daher die Stuͤrme um die Zeit der Nachtgleichen, und die haͤufigen Barometerveraͤnderungen in dieſen Jahrszeiten.

Die Mengen der in unſere Halbkugel gefuͤhrten Aequatorialluft und der in den noͤrdlichen Gegenden zerſetzten Luft

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[129/0141] Solche Anhaͤufungen geſchehen auch in den ſuͤdlichen Theilen des alten feſten Landes, z. B. uͤber den Gebirgsketten von Thibet, der Tartarey, europaͤiſchen Tuͤrkey Afrika, und ſelbſt in einigem Grade bey den Pyrenaͤen und Alpen. Iſt die Verduͤnnung in dem noͤrdlichen Europa ſtark, entweder durch Uebergang der noͤrdlichen Luft in andere Gegenden, oder durch haͤufige Nordlichter, ſo faͤllt das Barometer, und da zugleich die ſuͤdliche Luft zuſtroͤmt, um das Gleichgewicht herzuſtellen, ſo muß in den zwiſchenliegenden Regionen zu ſelbiger Zeit der Suͤdwind wehen. Hieraus erklaͤrt ſich das Fallen des Queckſilbers beym Suͤdwinde; jenes iſt nicht Wirkung dieſes Windes, ſondern beydes ſind gleichzeitige Wirkungen einer ſtarken Verduͤnnung in den noͤrdlichen Theilen. Dagegen ſteigt das Queckſilber beym Nord - und Oſtwinde, weil die obere Luft vornehmlich in denjenigen Theilen unſerer Halbkugel, woraus jene Winde kommen, angehaͤuft wird, und mit ihnen zu den ſuͤdlichen Regionen uͤbergeht. Eben ſo, wenn das Barometer vor einem Sturme faͤllt, ſo koͤmmt beydes, der Sturm und das Fallen, von einer groͤßern Verduͤnnung in der Gegend, wohin der Wind wehet, her, und dieſe Verduͤnnung entſpringt aus der Verminderung oder Zerſetzung der obern Atmoſphaͤre. Die Barometerveraͤnderungen pflanzen ſich bey uns allmaͤhlich von Weſten nach Oſten fort, wie dieſes Herr Planer (ſ. Ephemer. ſoc. meteor. Palat. Vol. II.) aus der Vergleichung der Beobachtungen von London und Wien gezeigt hat. Sie erſtrecken ſich immer durch gleiche Grade der Breite, nicht aber der Laͤnge. Dies alles ruͤhrt daher, weil die obere Anhaͤufung vorzuͤglich von Nordamerika zu uns her koͤmmt, daher die Wirkung oſtwaͤrts vorruͤckt, aber nicht allemal gleich ſtark und gleich weit nach Suͤden zu reicht. Im Fruͤhjahre faͤngt der Strom der obern Luft an nach Suͤden zu fließen, und im Herbſte von daher zuruͤckzukehren; daher die Stuͤrme um die Zeit der Nachtgleichen, und die haͤufigen Barometerveraͤnderungen in dieſen Jahrszeiten. Die Mengen der in unſere Halbkugel gefuͤhrten Aequatorialluft und der in den noͤrdlichen Gegenden zerſetzten Luft

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Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 5. Leipzig, 1799, S. 129. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch05_1799/141>, abgerufen am 09.11.2024.