Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 5. Leipzig, 1799.

Bild:
<< vorherige Seite


eine Niederschlagung des Wassers und Regens bewirkt, so werden wir Südostwind haben, weil die uns umgebende Luft der Richtung nach Nordwest folgen wird. Langsame und anhaltende Regen müssen überhaupt eine langsame Bewegung der Luft nach dem Orte hin, wo es regnet, bewirken. Donnerwetter und starke Regengüsse an entlegnen Orten bewirken bey uns Stürme; und an den Orten selbst, wo diese plötzlichen Zersetzungen vor sich gehen, können aus mehrern zusammentreffenden Ursachen bey Gewittern fürchterliche Orkane und Wirbelwinde entstehen. Daß sich bisweilen die Luft von einem Regenschauer zu uns her bewegt, kan aus zwo besondern Ursachen kommen; erstens, wenn nach einer entgegengesetzten Weltgegend hin ebenfalls ein Regen fällt, und die Luft zwingt, die dort entstandene Leere zu füllen; zweytens, wenn die jenseit des Gewölks herbeyströmende Luft durch ihren Stoß die disseitige noch einige Zeit beweget.

Durch diese Bewegungen der Luft werden die Wolken selbst mit fortgerissen. Oft bemerkt man, wenn bey heiterm Himmel und Windstille die Luft anfängt, sich zu bewegen, daß sich in der entgegengesetzten Richtung des Windes die Luft trübt.

Die Veränderungen des Barometers richten sich oft und fast immer nach der Stärke und Richtung der Winde. Die Quecksilbersäule erreicht ihren höchsten Stand, wenn sich die Luft sehr langsam über trockne Districte zu uns bewegt, wo die Ausdünstung am schnellsten und anhaltendsten vor sich gehen kan. Dies ist in unsern Gegenden immer der Fall bey schwachen Nord - und Ostwinden und sehr heiterer Luft, und es scheint hieraus zu folgen, daß durch Ausdünstung und Verwandlung des Dunstes in Luft die Atmosphäre vermehrt werde, wenn nemlich die Luft sich nicht schnell wieder fortbewegt, und der ungehinderte Proceß der Ausdünstung einen großen District umfaßt. Diese vermehrte Masse des Dunstkreises übt einen größern Druck auf das Quecksilber im Barometer aus. Dagegen tritt der tiefste Stand des Barometers bey großen Stürmen ein, wo die Zersetzungen in der Atmosphäre häufig geschehen. Hieraus läßt sich nun sehr wahrscheinlich schließen, daß die Zersetzung der Luft (wo


eine Niederſchlagung des Waſſers und Regens bewirkt, ſo werden wir Suͤdoſtwind haben, weil die uns umgebende Luft der Richtung nach Nordweſt folgen wird. Langſame und anhaltende Regen muͤſſen uͤberhaupt eine langſame Bewegung der Luft nach dem Orte hin, wo es regnet, bewirken. Donnerwetter und ſtarke Regenguͤſſe an entlegnen Orten bewirken bey uns Stuͤrme; und an den Orten ſelbſt, wo dieſe ploͤtzlichen Zerſetzungen vor ſich gehen, koͤnnen aus mehrern zuſammentreffenden Urſachen bey Gewittern fuͤrchterliche Orkane und Wirbelwinde entſtehen. Daß ſich bisweilen die Luft von einem Regenſchauer zu uns her bewegt, kan aus zwo beſondern Urſachen kommen; erſtens, wenn nach einer entgegengeſetzten Weltgegend hin ebenfalls ein Regen faͤllt, und die Luft zwingt, die dort entſtandene Leere zu fuͤllen; zweytens, wenn die jenſeit des Gewoͤlks herbeyſtroͤmende Luft durch ihren Stoß die diſſeitige noch einige Zeit beweget.

Durch dieſe Bewegungen der Luft werden die Wolken ſelbſt mit fortgeriſſen. Oft bemerkt man, wenn bey heiterm Himmel und Windſtille die Luft anfaͤngt, ſich zu bewegen, daß ſich in der entgegengeſetzten Richtung des Windes die Luft truͤbt.

Die Veraͤnderungen des Barometers richten ſich oft und faſt immer nach der Staͤrke und Richtung der Winde. Die Queckſilberſaͤule erreicht ihren hoͤchſten Stand, wenn ſich die Luft ſehr langſam uͤber trockne Diſtricte zu uns bewegt, wo die Ausduͤnſtung am ſchnellſten und anhaltendſten vor ſich gehen kan. Dies iſt in unſern Gegenden immer der Fall bey ſchwachen Nord - und Oſtwinden und ſehr heiterer Luft, und es ſcheint hieraus zu folgen, daß durch Ausduͤnſtung und Verwandlung des Dunſtes in Luft die Atmoſphaͤre vermehrt werde, wenn nemlich die Luft ſich nicht ſchnell wieder fortbewegt, und der ungehinderte Proceß der Ausduͤnſtung einen großen Diſtrict umfaßt. Dieſe vermehrte Maſſe des Dunſtkreiſes uͤbt einen groͤßern Druck auf das Queckſilber im Barometer aus. Dagegen tritt der tiefſte Stand des Barometers bey großen Stuͤrmen ein, wo die Zerſetzungen in der Atmoſphaͤre haͤufig geſchehen. Hieraus laͤßt ſich nun ſehr wahrſcheinlich ſchließen, daß die Zerſetzung der Luft (wo

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="2">
              <p><pb facs="#f0144" xml:id="P.5.132" n="132"/><lb/>
eine Nieder&#x017F;chlagung des Wa&#x017F;&#x017F;ers und Regens bewirkt, &#x017F;o werden wir Su&#x0364;do&#x017F;twind haben, weil die uns umgebende Luft der Richtung nach Nordwe&#x017F;t folgen wird. Lang&#x017F;ame und anhaltende Regen mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en u&#x0364;berhaupt eine lang&#x017F;ame Bewegung der Luft nach dem Orte hin, wo es regnet, bewirken. Donnerwetter und &#x017F;tarke Regengu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e an entlegnen Orten bewirken bey uns Stu&#x0364;rme; und an den Orten &#x017F;elb&#x017F;t, wo die&#x017F;e plo&#x0364;tzlichen Zer&#x017F;etzungen vor &#x017F;ich gehen, ko&#x0364;nnen aus mehrern zu&#x017F;ammentreffenden Ur&#x017F;achen bey Gewittern fu&#x0364;rchterliche Orkane und Wirbelwinde ent&#x017F;tehen. Daß &#x017F;ich bisweilen die Luft von einem Regen&#x017F;chauer zu uns her bewegt, kan aus zwo be&#x017F;ondern Ur&#x017F;achen kommen; er&#x017F;tens, wenn nach einer entgegenge&#x017F;etzten Weltgegend hin ebenfalls ein Regen fa&#x0364;llt, und die Luft zwingt, die dort ent&#x017F;tandene Leere zu fu&#x0364;llen; zweytens, wenn die jen&#x017F;eit des Gewo&#x0364;lks herbey&#x017F;tro&#x0364;mende Luft durch ihren Stoß die di&#x017F;&#x017F;eitige noch einige Zeit beweget.</p>
              <p>Durch die&#x017F;e Bewegungen der Luft werden die Wolken &#x017F;elb&#x017F;t mit fortgeri&#x017F;&#x017F;en. Oft bemerkt man, wenn bey heiterm Himmel und Wind&#x017F;tille die Luft anfa&#x0364;ngt, &#x017F;ich zu bewegen, daß &#x017F;ich in der entgegenge&#x017F;etzten Richtung des Windes die Luft tru&#x0364;bt.</p>
              <p>Die Vera&#x0364;nderungen des Barometers richten &#x017F;ich oft und fa&#x017F;t immer nach der Sta&#x0364;rke und Richtung der Winde. Die Queck&#x017F;ilber&#x017F;a&#x0364;ule erreicht ihren ho&#x0364;ch&#x017F;ten Stand, wenn &#x017F;ich die Luft &#x017F;ehr lang&#x017F;am u&#x0364;ber trockne Di&#x017F;tricte zu uns bewegt, wo die Ausdu&#x0364;n&#x017F;tung am &#x017F;chnell&#x017F;ten und anhaltend&#x017F;ten vor &#x017F;ich gehen kan. Dies i&#x017F;t in un&#x017F;ern Gegenden immer der Fall bey &#x017F;chwachen Nord - und O&#x017F;twinden und &#x017F;ehr heiterer Luft, und es &#x017F;cheint hieraus zu folgen, daß durch Ausdu&#x0364;n&#x017F;tung und Verwandlung des Dun&#x017F;tes in Luft die Atmo&#x017F;pha&#x0364;re <hi rendition="#b">vermehrt</hi> werde, wenn nemlich die Luft &#x017F;ich nicht &#x017F;chnell wieder fortbewegt, und der ungehinderte Proceß der Ausdu&#x0364;n&#x017F;tung einen großen Di&#x017F;trict umfaßt. Die&#x017F;e vermehrte Ma&#x017F;&#x017F;e des Dun&#x017F;tkrei&#x017F;es u&#x0364;bt einen gro&#x0364;ßern Druck auf das Queck&#x017F;ilber im Barometer aus. Dagegen tritt der tief&#x017F;te Stand des Barometers bey großen Stu&#x0364;rmen ein, wo die Zer&#x017F;etzungen in der Atmo&#x017F;pha&#x0364;re ha&#x0364;ufig ge&#x017F;chehen. Hieraus la&#x0364;ßt &#x017F;ich nun &#x017F;ehr wahr&#x017F;cheinlich &#x017F;chließen, daß die Zer&#x017F;etzung der Luft (wo<lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[132/0144] eine Niederſchlagung des Waſſers und Regens bewirkt, ſo werden wir Suͤdoſtwind haben, weil die uns umgebende Luft der Richtung nach Nordweſt folgen wird. Langſame und anhaltende Regen muͤſſen uͤberhaupt eine langſame Bewegung der Luft nach dem Orte hin, wo es regnet, bewirken. Donnerwetter und ſtarke Regenguͤſſe an entlegnen Orten bewirken bey uns Stuͤrme; und an den Orten ſelbſt, wo dieſe ploͤtzlichen Zerſetzungen vor ſich gehen, koͤnnen aus mehrern zuſammentreffenden Urſachen bey Gewittern fuͤrchterliche Orkane und Wirbelwinde entſtehen. Daß ſich bisweilen die Luft von einem Regenſchauer zu uns her bewegt, kan aus zwo beſondern Urſachen kommen; erſtens, wenn nach einer entgegengeſetzten Weltgegend hin ebenfalls ein Regen faͤllt, und die Luft zwingt, die dort entſtandene Leere zu fuͤllen; zweytens, wenn die jenſeit des Gewoͤlks herbeyſtroͤmende Luft durch ihren Stoß die diſſeitige noch einige Zeit beweget. Durch dieſe Bewegungen der Luft werden die Wolken ſelbſt mit fortgeriſſen. Oft bemerkt man, wenn bey heiterm Himmel und Windſtille die Luft anfaͤngt, ſich zu bewegen, daß ſich in der entgegengeſetzten Richtung des Windes die Luft truͤbt. Die Veraͤnderungen des Barometers richten ſich oft und faſt immer nach der Staͤrke und Richtung der Winde. Die Queckſilberſaͤule erreicht ihren hoͤchſten Stand, wenn ſich die Luft ſehr langſam uͤber trockne Diſtricte zu uns bewegt, wo die Ausduͤnſtung am ſchnellſten und anhaltendſten vor ſich gehen kan. Dies iſt in unſern Gegenden immer der Fall bey ſchwachen Nord - und Oſtwinden und ſehr heiterer Luft, und es ſcheint hieraus zu folgen, daß durch Ausduͤnſtung und Verwandlung des Dunſtes in Luft die Atmoſphaͤre vermehrt werde, wenn nemlich die Luft ſich nicht ſchnell wieder fortbewegt, und der ungehinderte Proceß der Ausduͤnſtung einen großen Diſtrict umfaßt. Dieſe vermehrte Maſſe des Dunſtkreiſes uͤbt einen groͤßern Druck auf das Queckſilber im Barometer aus. Dagegen tritt der tiefſte Stand des Barometers bey großen Stuͤrmen ein, wo die Zerſetzungen in der Atmoſphaͤre haͤufig geſchehen. Hieraus laͤßt ſich nun ſehr wahrſcheinlich ſchließen, daß die Zerſetzung der Luft (wo

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Bibliothek des Max-Planck-Instituts für Wissenschaftsgeschichte : Bereitstellung der Texttranskription. (2015-09-02T12:13:09Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2015-09-02T12:13:09Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): keine Angabe; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch05_1799
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch05_1799/144
Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 5. Leipzig, 1799, S. 132. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch05_1799/144>, abgerufen am 24.11.2024.