Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 5. Leipzig, 1799.
Herr Creve in Maynz ist auf den Gedanken gekommen, diesen Reiz als ein Kennzeichen vorzuschlagen, wodurch man in zweifelhaften Fällen den Scheintod vom wirklichen Tode unterscheiden könnte. Dieser Gegenstand ist von Hrn. Klein (Diss. de metallorum irriamtento ad explorandam veram mortem. Mogunt. 1794. 4. übers. in Grens Neuem Journal der Phys. I. B. 1. Heft. S. 36 u. f.) noch weiter ausgeführt worden. Es steht aber dieser Prüfung die Schwierigkeit entgegen, daß nicht alle Menschen gegen diesen Reitz gleich empfindlich sind. Man will sogar bemerkt haben, daß durch gewisse Krankheiten, besonders durch Gicht und rhevmatische Schmerzen, die Empfindlichkeit dagegen merklich geschwächt, wo nicht gar aufgehoben werde. Es dürfte also dieser Prüfung, deren Gegenstand so wichtig ist, an der nöthigen Sicherheit fehlen, indem man in Gefahr wäre, das Ausbleiben der Zuckungen in einem scheinbaren todten gichtischen Körper für ein unfehlbares Kennzeichen des wirklichen Todes zu nehmen. Noch muß ich einer merkwürdigen Entdeckung meines verehrungswerthen Freundes, des Herrn Oberbergraths von Humboldt gedenken, von welcher mir derselbe <*>m 18. April 1795 von Jena aus folgende Nachricht mitzutheilen, die Gefälligkeit hatte. "Ich habe gefunden," schreibt Hr. v. H., "daß man einen Froschnerven zerschneiden, und den "oft Zoll langen Zwischenraum mit andern Nerven gleichsam "flicken kan. So mache ich Nerven, die aus einem Stücke "des ischiaticus, des cruralis, des axillaris, aus einem Ner"ven eines Mäuseschenkels u. s. w. zusammengesetzt sind. "Man kan Nerven von dreyerley Thieren, warm- und kalt"blütigen, Fröschen und Mäusen verbinden, die einzelnen "Stücken umkehren -- der Versuch gelingt immer, sobald "man mit der silbernen Pinzette|Zink und|Muskel berührt. "Auch mit andern thierischen Substanzen, z. B. Muskel"fleisch, gekochtem Rindfleisch, Uterus einer Maus, kann "man Nerven flicken. Selbst ein langer Mäuseschwanz lei"tete, so bald das Haar abgeschabt war. Ja noch mehr und
Herr Creve in Maynz iſt auf den Gedanken gekommen, dieſen Reiz als ein Kennzeichen vorzuſchlagen, wodurch man in zweifelhaften Faͤllen den Scheintod vom wirklichen Tode unterſcheiden koͤnnte. Dieſer Gegenſtand iſt von Hrn. Klein (Diſſ. de metallorum irriamtento ad explorandam veram mortem. Mogunt. 1794. 4. uͤberſ. in Grens Neuem Journal der Phyſ. I. B. 1. Heft. S. 36 u. f.) noch weiter ausgefuͤhrt worden. Es ſteht aber dieſer Pruͤfung die Schwierigkeit entgegen, daß nicht alle Menſchen gegen dieſen Reitz gleich empfindlich ſind. Man will ſogar bemerkt haben, daß durch gewiſſe Krankheiten, beſonders durch Gicht und rhevmatiſche Schmerzen, die Empfindlichkeit dagegen merklich geſchwaͤcht, wo nicht gar aufgehoben werde. Es duͤrfte alſo dieſer Pruͤfung, deren Gegenſtand ſo wichtig iſt, an der noͤthigen Sicherheit fehlen, indem man in Gefahr waͤre, das Ausbleiben der Zuckungen in einem ſcheinbaren todten gichtiſchen Koͤrper fuͤr ein unfehlbares Kennzeichen des wirklichen Todes zu nehmen. Noch muß ich einer merkwuͤrdigen Entdeckung meines verehrungswerthen Freundes, des Herrn Oberbergraths von Humboldt gedenken, von welcher mir derſelbe <*>m 18. April 1795 von Jena aus folgende Nachricht mitzutheilen, die Gefaͤlligkeit hatte. ”Ich habe gefunden,“ ſchreibt Hr. v. H., ”daß man einen Froſchnerven zerſchneiden, und den ”oft Zoll langen Zwiſchenraum mit andern Nerven gleichſam ”flicken kan. So mache ich Nerven, die aus einem Stuͤcke ”des iſchiaticus, des cruralis, des axillaris, aus einem Ner”ven eines Maͤuſeſchenkels u. ſ. w. zuſammengeſetzt ſind. ”Man kan Nerven von dreyerley Thieren, warm- und kalt”bluͤtigen, Froͤſchen und Maͤuſen verbinden, die einzelnen ”Stuͤcken umkehren — der Verſuch gelingt immer, ſobald ”man mit der ſilbernen Pinzette|Zink und|Muskel beruͤhrt. ”Auch mit andern thieriſchen Subſtanzen, z. B. Muskel”fleiſch, gekochtem Rindfleiſch, Uterus einer Maus, kann ”man Nerven flicken. Selbſt ein langer Maͤuſeſchwanz lei”tete, ſo bald das Haar abgeſchabt war. Ja noch mehr und <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0306" xml:id="P.5.294" n="294"/><lb/> der Benennung der thieriſchen Elektricitaͤt vorzuziehen iſt.</p> <p>Herr <hi rendition="#b">Creve</hi> in Maynz iſt auf den Gedanken gekommen, dieſen Reiz als ein Kennzeichen vorzuſchlagen, wodurch man in zweifelhaften Faͤllen den Scheintod vom wirklichen Tode unterſcheiden koͤnnte. Dieſer Gegenſtand iſt von Hrn. <hi rendition="#b">Klein</hi> <hi rendition="#aq">(Diſſ. de metallorum irriamtento ad explorandam veram mortem. Mogunt. 1794. 4.</hi> uͤberſ. in <hi rendition="#b">Grens</hi> Neuem Journal der Phyſ. <hi rendition="#aq">I.</hi> B. 1. Heft. S. 36 u. f.) noch weiter ausgefuͤhrt worden. Es ſteht aber dieſer Pruͤfung die Schwierigkeit entgegen, daß nicht alle Menſchen gegen dieſen Reitz gleich empfindlich ſind. Man will ſogar bemerkt haben, daß durch gewiſſe Krankheiten, beſonders durch Gicht und rhevmatiſche Schmerzen, die Empfindlichkeit dagegen merklich geſchwaͤcht, wo nicht gar aufgehoben werde. Es duͤrfte alſo dieſer Pruͤfung, deren Gegenſtand ſo wichtig iſt, an der noͤthigen Sicherheit fehlen, indem man in Gefahr waͤre, das Ausbleiben der Zuckungen in einem ſcheinbaren todten gichtiſchen Koͤrper fuͤr ein unfehlbares Kennzeichen des wirklichen Todes zu nehmen.</p> <p>Noch muß ich einer merkwuͤrdigen Entdeckung meines verehrungswerthen Freundes, des Herrn Oberbergraths <hi rendition="#b">von Humboldt</hi> gedenken, von welcher mir derſelbe <*>m 18. April 1795 von Jena aus folgende Nachricht mitzutheilen, die Gefaͤlligkeit hatte. ”Ich habe gefunden,“ ſchreibt Hr. v. H., ”daß man einen Froſchnerven zerſchneiden, und den ”oft Zoll langen Zwiſchenraum mit andern Nerven gleichſam ”flicken kan. So mache ich Nerven, die aus einem Stuͤcke ”des <hi rendition="#aq">iſchiaticus,</hi> des <hi rendition="#aq">cruralis,</hi> des <hi rendition="#aq">axillaris,</hi> aus einem Ner”ven eines Maͤuſeſchenkels u. ſ. w. zuſammengeſetzt ſind. ”Man kan Nerven von dreyerley Thieren, warm- und kalt”bluͤtigen, Froͤſchen und Maͤuſen verbinden, die einzelnen ”Stuͤcken umkehren — der Verſuch gelingt immer, ſobald ”man mit der ſilbernen Pinzette|Zink und|Muskel beruͤhrt. ”Auch mit andern thieriſchen Subſtanzen, z. B. Muskel”fleiſch, gekochtem Rindfleiſch, Uterus einer Maus, kann ”man Nerven flicken. Selbſt ein langer Maͤuſeſchwanz lei”tete, ſo bald das Haar abgeſchabt war. Ja noch mehr und<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [294/0306]
der Benennung der thieriſchen Elektricitaͤt vorzuziehen iſt.
Herr Creve in Maynz iſt auf den Gedanken gekommen, dieſen Reiz als ein Kennzeichen vorzuſchlagen, wodurch man in zweifelhaften Faͤllen den Scheintod vom wirklichen Tode unterſcheiden koͤnnte. Dieſer Gegenſtand iſt von Hrn. Klein (Diſſ. de metallorum irriamtento ad explorandam veram mortem. Mogunt. 1794. 4. uͤberſ. in Grens Neuem Journal der Phyſ. I. B. 1. Heft. S. 36 u. f.) noch weiter ausgefuͤhrt worden. Es ſteht aber dieſer Pruͤfung die Schwierigkeit entgegen, daß nicht alle Menſchen gegen dieſen Reitz gleich empfindlich ſind. Man will ſogar bemerkt haben, daß durch gewiſſe Krankheiten, beſonders durch Gicht und rhevmatiſche Schmerzen, die Empfindlichkeit dagegen merklich geſchwaͤcht, wo nicht gar aufgehoben werde. Es duͤrfte alſo dieſer Pruͤfung, deren Gegenſtand ſo wichtig iſt, an der noͤthigen Sicherheit fehlen, indem man in Gefahr waͤre, das Ausbleiben der Zuckungen in einem ſcheinbaren todten gichtiſchen Koͤrper fuͤr ein unfehlbares Kennzeichen des wirklichen Todes zu nehmen.
Noch muß ich einer merkwuͤrdigen Entdeckung meines verehrungswerthen Freundes, des Herrn Oberbergraths von Humboldt gedenken, von welcher mir derſelbe <*>m 18. April 1795 von Jena aus folgende Nachricht mitzutheilen, die Gefaͤlligkeit hatte. ”Ich habe gefunden,“ ſchreibt Hr. v. H., ”daß man einen Froſchnerven zerſchneiden, und den ”oft Zoll langen Zwiſchenraum mit andern Nerven gleichſam ”flicken kan. So mache ich Nerven, die aus einem Stuͤcke ”des iſchiaticus, des cruralis, des axillaris, aus einem Ner”ven eines Maͤuſeſchenkels u. ſ. w. zuſammengeſetzt ſind. ”Man kan Nerven von dreyerley Thieren, warm- und kalt”bluͤtigen, Froͤſchen und Maͤuſen verbinden, die einzelnen ”Stuͤcken umkehren — der Verſuch gelingt immer, ſobald ”man mit der ſilbernen Pinzette|Zink und|Muskel beruͤhrt. ”Auch mit andern thieriſchen Subſtanzen, z. B. Muskel”fleiſch, gekochtem Rindfleiſch, Uterus einer Maus, kann ”man Nerven flicken. Selbſt ein langer Maͤuſeſchwanz lei”tete, ſo bald das Haar abgeſchabt war. Ja noch mehr und
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