Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 5. Leipzig, 1799.Seite 376 und 377 wird der Beförderung des Verbrennens durch Lebensluft, und der Verminderung dieser Luftart durch die sogenannten phlogistischen Processe gedacht. Hier ist hinzuzusetzen, was man jetzt mit Gewißheit weiß, daß die Lebensluft durch die Operationen des Verbrennens, Verkalkens, Athmens, der Verbindung mit salpeterartiger Luft u. s. w. wirklich zersetzt werde. Sie wird durch die Verbrennung des Phosphors, im gehörigen Verhältnisse mit ihrer Menge, gänzlich verzehrt (s. den Zusatz des Art. Verbrennung). Man kan also nicht mehr, wie sonst, annehmen, daß sie bey den phlogistischen Processen eine Verbindung mit dem Phlogiston eingehe, und sich dadurch in phlogistisirte Luft verwandle, weil sie bey einer solchen Verbindung nie gänzlich verschwinden könnte. Vielmehr bestätigt sich die Meinung, daß sie zersetzt, und der in ihr enthaltene Wärmestoff frey werde, daß dieser die Ursache der bey diesen Operationen entstehenden Hitze sey, und daß ihr Grundstoff dem Rückstande der Operationen beytrete, und dadurch die Gewichts zunahme verursache, die bey jeder andern Vorstellung der Sache so schwer zu erklären ist. Daß Hr. de Luc die Lobsprüche, welche er nach S. 381 der Zerlegung des Wassers im Anfange beylegte, nachher gänzlich zurückgenommen, und die Hofnungen, die er darauf gründete, eingeschränkt hat, ist schon in den letztern Bänden des Wörterbuchs, besonders beym Worte Wasser (Th. IV. S. 653.) erinnert worden. Er nimmt anjetzt das Wasser für die Basis, nicht blos der dephlogistisirten, sondern überhaupt aller Luftarten an, indem er vermuthet, daß der Wasserdunst, der aus Wasser und Feuer bestehe, durch Beytritt eines Dritten die Luftgestalt erhalte, und daß auf der Verschiedenheit dieses Dritten die Verschiedenheit der Luftgattungen beruhe. In dem Lehrgebäude der Antiphlogistiker behauptet die Lebensluft, oder das Sauerstoffgas, einen sehr ausgezeichneten Platz. Diese Chemiker nennen den 1sten August 1774, an welchem Priestley diese Luft zum erstenmale hervorbrachte, den Geburtstag ihres Systems. Es ist nach ihrer Meinung das Sauerstoffgas nichts anders, als die Verbindung Seite 376 und 377 wird der Befoͤrderung des Verbrennens durch Lebensluft, und der Verminderung dieſer Luftart durch die ſogenannten phlogiſtiſchen Proceſſe gedacht. Hier iſt hinzuzuſetzen, was man jetzt mit Gewißheit weiß, daß die Lebensluft durch die Operationen des Verbrennens, Verkalkens, Athmens, der Verbindung mit ſalpeterartiger Luft u. ſ. w. wirklich zerſetzt werde. Sie wird durch die Verbrennung des Phosphors, im gehoͤrigen Verhaͤltniſſe mit ihrer Menge, gaͤnzlich verzehrt (ſ. den Zuſatz des Art. Verbrennung). Man kan alſo nicht mehr, wie ſonſt, annehmen, daß ſie bey den phlogiſtiſchen Proceſſen eine Verbindung mit dem Phlogiſton eingehe, und ſich dadurch in phlogiſtiſirte Luft verwandle, weil ſie bey einer ſolchen Verbindung nie gaͤnzlich verſchwinden koͤnnte. Vielmehr beſtaͤtigt ſich die Meinung, daß ſie zerſetzt, und der in ihr enthaltene Waͤrmeſtoff frey werde, daß dieſer die Urſache der bey dieſen Operationen entſtehenden Hitze ſey, und daß ihr Grundſtoff dem Ruͤckſtande der Operationen beytrete, und dadurch die Gewichts zunahme verurſache, die bey jeder andern Vorſtellung der Sache ſo ſchwer zu erklaͤren iſt. Daß Hr. de Luc die Lobſpruͤche, welche er nach S. 381 der Zerlegung des Waſſers im Anfange beylegte, nachher gaͤnzlich zuruͤckgenommen, und die Hofnungen, die er darauf gruͤndete, eingeſchraͤnkt hat, iſt ſchon in den letztern Baͤnden des Woͤrterbuchs, beſonders beym Worte Waſſer (Th. IV. S. 653.) erinnert worden. Er nimmt anjetzt das Waſſer fuͤr die Baſis, nicht blos der dephlogiſtiſirten, ſondern uͤberhaupt aller Luftarten an, indem er vermuthet, daß der Waſſerdunſt, der aus Waſſer und Feuer beſtehe, durch Beytritt eines Dritten die Luftgeſtalt erhalte, und daß auf der Verſchiedenheit dieſes Dritten die Verſchiedenheit der Luftgattungen beruhe. In dem Lehrgebaͤude der Antiphlogiſtiker behauptet die Lebensluft, oder das Sauerſtoffgas, einen ſehr ausgezeichneten Platz. Dieſe Chemiker nennen den 1ſten Auguſt 1774, an welchem Prieſtley dieſe Luft zum erſtenmale hervorbrachte, den Geburtstag ihres Syſtems. Es iſt nach ihrer Meinung das Sauerſtoffgas nichts anders, als die Verbindung <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="2"> <p> <pb facs="#f0445" xml:id="P.5.433" n="433"/><lb/> </p> <p>Seite 376 und 377 wird der Befoͤrderung des Verbrennens durch Lebensluft, und der Verminderung dieſer Luftart durch die ſogenannten phlogiſtiſchen Proceſſe gedacht. Hier iſt hinzuzuſetzen, was man jetzt mit Gewißheit weiß, daß die Lebensluft durch die Operationen des Verbrennens, Verkalkens, Athmens, der Verbindung mit ſalpeterartiger Luft u. ſ. w. wirklich zerſetzt werde. Sie wird durch die Verbrennung des Phosphors, im gehoͤrigen Verhaͤltniſſe mit ihrer Menge, gaͤnzlich verzehrt (ſ. den Zuſatz des Art. <hi rendition="#b">Verbrennung</hi>). Man kan alſo nicht mehr, wie ſonſt, annehmen, daß ſie bey den phlogiſtiſchen Proceſſen eine Verbindung mit dem Phlogiſton eingehe, und ſich dadurch in phlogiſtiſirte Luft verwandle, weil ſie bey einer ſolchen Verbindung nie gaͤnzlich verſchwinden koͤnnte. Vielmehr beſtaͤtigt ſich die Meinung, daß ſie zerſetzt, und der in ihr enthaltene Waͤrmeſtoff frey werde, daß dieſer die Urſache der bey dieſen Operationen entſtehenden Hitze ſey, und daß ihr Grundſtoff dem Ruͤckſtande der Operationen beytrete, und dadurch die Gewichts zunahme verurſache, die bey jeder andern Vorſtellung der Sache ſo ſchwer zu erklaͤren iſt.</p> <p>Daß Hr. <hi rendition="#b">de Luc</hi> die Lobſpruͤche, welche er nach S. 381 der Zerlegung des Waſſers im Anfange beylegte, nachher gaͤnzlich zuruͤckgenommen, und die Hofnungen, die er darauf gruͤndete, eingeſchraͤnkt hat, iſt ſchon in den letztern Baͤnden des Woͤrterbuchs, beſonders beym Worte <hi rendition="#b">Waſſer</hi> (Th. <hi rendition="#aq">IV.</hi> S. 653.) erinnert worden. 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Seite 376 und 377 wird der Befoͤrderung des Verbrennens durch Lebensluft, und der Verminderung dieſer Luftart durch die ſogenannten phlogiſtiſchen Proceſſe gedacht. Hier iſt hinzuzuſetzen, was man jetzt mit Gewißheit weiß, daß die Lebensluft durch die Operationen des Verbrennens, Verkalkens, Athmens, der Verbindung mit ſalpeterartiger Luft u. ſ. w. wirklich zerſetzt werde. Sie wird durch die Verbrennung des Phosphors, im gehoͤrigen Verhaͤltniſſe mit ihrer Menge, gaͤnzlich verzehrt (ſ. den Zuſatz des Art. Verbrennung). Man kan alſo nicht mehr, wie ſonſt, annehmen, daß ſie bey den phlogiſtiſchen Proceſſen eine Verbindung mit dem Phlogiſton eingehe, und ſich dadurch in phlogiſtiſirte Luft verwandle, weil ſie bey einer ſolchen Verbindung nie gaͤnzlich verſchwinden koͤnnte. Vielmehr beſtaͤtigt ſich die Meinung, daß ſie zerſetzt, und der in ihr enthaltene Waͤrmeſtoff frey werde, daß dieſer die Urſache der bey dieſen Operationen entſtehenden Hitze ſey, und daß ihr Grundſtoff dem Ruͤckſtande der Operationen beytrete, und dadurch die Gewichts zunahme verurſache, die bey jeder andern Vorſtellung der Sache ſo ſchwer zu erklaͤren iſt.
Daß Hr. de Luc die Lobſpruͤche, welche er nach S. 381 der Zerlegung des Waſſers im Anfange beylegte, nachher gaͤnzlich zuruͤckgenommen, und die Hofnungen, die er darauf gruͤndete, eingeſchraͤnkt hat, iſt ſchon in den letztern Baͤnden des Woͤrterbuchs, beſonders beym Worte Waſſer (Th. IV. S. 653.) erinnert worden. Er nimmt anjetzt das Waſſer fuͤr die Baſis, nicht blos der dephlogiſtiſirten, ſondern uͤberhaupt aller Luftarten an, indem er vermuthet, daß der Waſſerdunſt, der aus Waſſer und Feuer beſtehe, durch Beytritt eines Dritten die Luftgeſtalt erhalte, und daß auf der Verſchiedenheit dieſes Dritten die Verſchiedenheit der Luftgattungen beruhe.
In dem Lehrgebaͤude der Antiphlogiſtiker behauptet die Lebensluft, oder das Sauerſtoffgas, einen ſehr ausgezeichneten Platz. Dieſe Chemiker nennen den 1ſten Auguſt 1774, an welchem Prieſtley dieſe Luft zum erſtenmale hervorbrachte, den Geburtstag ihres Syſtems. Es iſt nach ihrer Meinung das Sauerſtoffgas nichts anders, als die Verbindung
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