Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 5. Leipzig, 1799.

Bild:
<< vorherige Seite


aber aus allen rohen Kalkerden durch Brennen derselben und Auflösung in Säuren.

In der Atmosphäre ist, wie S. 396. erinnert wird, immer ein kleiner Antheil von Luftsäure vorhanden, der insgemein auf (1/16), von Lavoisier aber nur auf (1/100) gesetzt wird. Fontana und de la Metherie (Essai sur l'air pur et les differentes especes d'air. Paris, 1785. 8.) haben dieses geläugnet, weil die gemeine Luft das Kalkwasser nicht trübe, da doch (1/200) fixe Luft mit gemeiner vermischt diese Wirkung schon hervorbringe. Allein das Kalkwasser wird allerdings auch an der freyen atmosphärischen Luft getrübt, und überzieht sich mit einem regenbogenfarbigen Häutchen, wenn man es nur lang genug derselben aussetzt. Herr von Saussure fand sogar auf dem Gipfel des Montblanc noch einige Wirkung der atmosphärischen Luftsäure auf das Kalkwasser, indem sich dasselbe, nachdem es sieben Viertelstunden lang an der Luft gestanden, mit einem bunten Häutchen überzogen hatte. Noch gewisser versichrte er sich von der Gegenwart der fixen Luft dadurch, daß er ätzendes Gewächslaugensalz in atmosphärischer Luft sättigte. Er tauchte Papierstreifen in dasselbe, die, als sie aus der Flasche kamen, im mindesten nicht mit Säuren brauseten, allein, als sie 1 1/2 Stunden lang der Luft auf dem Gipfel des Berges waren ausgesetzt worden, sich ganz trocken fanden, und ein sehr lebhaftes Aufbrausen verursachten--ein deutliches Merkmal der eingesognen Luftsäure, deren Gegenwart also noch in Höhen von 2400 Toisen über der Meeresfläche merklich ist, ob sie gleich wegen ihres größern specifischen Gewichts nach der Tiefe zu sinken strebt. Die Herren Lamanon und Mongez fanden auf der Spitze des Pik von Teneriffa kein Häutchen auf dem Kalkwasser, nachdem es 3 Stunden lang den Dämpfen des Vulkans ausgesetzt gewesen war; aber mit ätzendem Laugensalze haben sie den Versuch nicht angestellt (s. Magazin für das Neuste aus der Physik rc |IV. Bd. 2tes St. S. 51. aus Rozier Journ. de phys. 1786.).

Die S. 402. nach Priestley geäußerte Vermuthung, daß die bey den phlogistischen Processen erhaltene Luftsäure nicht erzeugt, sondern aus der gemeinen Luft durch das Phlogiston


aber aus allen rohen Kalkerden durch Brennen derſelben und Aufloͤſung in Saͤuren.

In der Atmoſphaͤre iſt, wie S. 396. erinnert wird, immer ein kleiner Antheil von Luftſaͤure vorhanden, der insgemein auf (1/16), von Lavoiſier aber nur auf (1/100) geſetzt wird. Fontana und de la Metherie (Eſſai ſur l'air pur et les differentes eſpèces d'air. Paris, 1785. 8.) haben dieſes gelaͤugnet, weil die gemeine Luft das Kalkwaſſer nicht truͤbe, da doch (1/200) fixe Luft mit gemeiner vermiſcht dieſe Wirkung ſchon hervorbringe. Allein das Kalkwaſſer wird allerdings auch an der freyen atmoſphaͤriſchen Luft getruͤbt, und uͤberzieht ſich mit einem regenbogenfarbigen Haͤutchen, wenn man es nur lang genug derſelben ausſetzt. Herr von Sauſſure fand ſogar auf dem Gipfel des Montblanc noch einige Wirkung der atmoſphaͤriſchen Luftſaͤure auf das Kalkwaſſer, indem ſich daſſelbe, nachdem es ſieben Viertelſtunden lang an der Luft geſtanden, mit einem bunten Haͤutchen uͤberzogen hatte. Noch gewiſſer verſichrte er ſich von der Gegenwart der fixen Luft dadurch, daß er aͤtzendes Gewaͤchslaugenſalz in atmoſphaͤriſcher Luft ſaͤttigte. Er tauchte Papierſtreifen in daſſelbe, die, als ſie aus der Flaſche kamen, im mindeſten nicht mit Saͤuren brauſeten, allein, als ſie 1 1/2 Stunden lang der Luft auf dem Gipfel des Berges waren ausgeſetzt worden, ſich ganz trocken fanden, und ein ſehr lebhaftes Aufbrauſen verurſachten—ein deutliches Merkmal der eingeſognen Luftſaͤure, deren Gegenwart alſo noch in Hoͤhen von 2400 Toiſen uͤber der Meeresflaͤche merklich iſt, ob ſie gleich wegen ihres groͤßern ſpecifiſchen Gewichts nach der Tiefe zu ſinken ſtrebt. Die Herren Lamanon und Mongez fanden auf der Spitze des Pik von Teneriffa kein Haͤutchen auf dem Kalkwaſſer, nachdem es 3 Stunden lang den Daͤmpfen des Vulkans ausgeſetzt geweſen war; aber mit aͤtzendem Laugenſalze haben ſie den Verſuch nicht angeſtellt (ſ. Magazin fuͤr das Neuſte aus der Phyſik rc |IV. Bd. 2tes St. S. 51. aus Rozier Journ. de phyſ. 1786.).

Die S. 402. nach Prieſtley geaͤußerte Vermuthung, daß die bey den phlogiſtiſchen Proceſſen erhaltene Luftſaͤure nicht erzeugt, ſondern aus der gemeinen Luft durch das Phlogiſton

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="2">
              <p><pb facs="#f0454" xml:id="P.5.442" n="442"/><lb/>
aber aus allen rohen Kalkerden durch Brennen der&#x017F;elben und Auflo&#x0364;&#x017F;ung in Sa&#x0364;uren.</p>
              <p>In der Atmo&#x017F;pha&#x0364;re i&#x017F;t, wie S. 396. erinnert wird, immer ein kleiner Antheil von Luft&#x017F;a&#x0364;ure vorhanden, der insgemein auf (1/16), von <hi rendition="#b">Lavoi&#x017F;ier</hi> aber nur auf (1/100) ge&#x017F;etzt wird. <hi rendition="#b">Fontana</hi> und <hi rendition="#b">de la Metherie</hi> <hi rendition="#aq">(E&#x017F;&#x017F;ai &#x017F;ur l'air pur et les differentes e&#x017F;pèces d'air. Paris, 1785. 8.)</hi> haben die&#x017F;es gela&#x0364;ugnet, weil die gemeine Luft das Kalkwa&#x017F;&#x017F;er nicht tru&#x0364;be, da doch (1/200) fixe Luft mit gemeiner vermi&#x017F;cht die&#x017F;e Wirkung &#x017F;chon hervorbringe. Allein das Kalkwa&#x017F;&#x017F;er wird allerdings auch an der freyen atmo&#x017F;pha&#x0364;ri&#x017F;chen Luft getru&#x0364;bt, und u&#x0364;berzieht &#x017F;ich mit einem regenbogenfarbigen Ha&#x0364;utchen, wenn man es nur lang genug der&#x017F;elben aus&#x017F;etzt. Herr <hi rendition="#b">von Sau&#x017F;&#x017F;ure</hi> fand &#x017F;ogar auf dem Gipfel des Montblanc noch einige Wirkung der atmo&#x017F;pha&#x0364;ri&#x017F;chen Luft&#x017F;a&#x0364;ure auf das Kalkwa&#x017F;&#x017F;er, indem &#x017F;ich da&#x017F;&#x017F;elbe, nachdem es &#x017F;ieben Viertel&#x017F;tunden lang an der Luft ge&#x017F;tanden, mit einem bunten Ha&#x0364;utchen u&#x0364;berzogen hatte. Noch gewi&#x017F;&#x017F;er ver&#x017F;ichrte er &#x017F;ich von der Gegenwart der fixen Luft dadurch, daß er a&#x0364;tzendes Gewa&#x0364;chslaugen&#x017F;alz in atmo&#x017F;pha&#x0364;ri&#x017F;cher Luft &#x017F;a&#x0364;ttigte. Er tauchte Papier&#x017F;treifen in da&#x017F;&#x017F;elbe, die, als &#x017F;ie aus der Fla&#x017F;che kamen, im minde&#x017F;ten nicht mit Sa&#x0364;uren brau&#x017F;eten, allein, als &#x017F;ie 1 1/2 Stunden lang der Luft auf dem Gipfel des Berges waren ausge&#x017F;etzt worden, &#x017F;ich ganz trocken fanden, und ein &#x017F;ehr lebhaftes Aufbrau&#x017F;en verur&#x017F;achten&#x2014;ein deutliches Merkmal der einge&#x017F;ognen Luft&#x017F;a&#x0364;ure, deren Gegenwart al&#x017F;o noch in Ho&#x0364;hen von 2400 Toi&#x017F;en u&#x0364;ber der Meeresfla&#x0364;che merklich i&#x017F;t, ob &#x017F;ie gleich wegen ihres gro&#x0364;ßern &#x017F;pecifi&#x017F;chen Gewichts nach der Tiefe zu &#x017F;inken &#x017F;trebt. Die Herren <hi rendition="#b">Lamanon</hi> und <hi rendition="#b">Mongez</hi> fanden auf der Spitze des Pik von Teneriffa kein Ha&#x0364;utchen auf dem Kalkwa&#x017F;&#x017F;er, nachdem es 3 Stunden lang den Da&#x0364;mpfen des Vulkans ausge&#x017F;etzt gewe&#x017F;en war; aber mit a&#x0364;tzendem Laugen&#x017F;alze haben &#x017F;ie den Ver&#x017F;uch nicht ange&#x017F;tellt (&#x017F;. Magazin fu&#x0364;r das Neu&#x017F;te aus der Phy&#x017F;ik rc |<hi rendition="#aq">IV.</hi> Bd. 2tes St. S. 51. aus <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Rozier</hi> Journ. de phy&#x017F;. 1786.).</hi></p>
              <p>Die S. 402. nach <hi rendition="#b">Prie&#x017F;tley</hi> gea&#x0364;ußerte Vermuthung, daß die bey den phlogi&#x017F;ti&#x017F;chen Proce&#x017F;&#x017F;en erhaltene Luft&#x017F;a&#x0364;ure nicht erzeugt, &#x017F;ondern aus der gemeinen Luft durch das Phlogi&#x017F;ton<lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[442/0454] aber aus allen rohen Kalkerden durch Brennen derſelben und Aufloͤſung in Saͤuren. In der Atmoſphaͤre iſt, wie S. 396. erinnert wird, immer ein kleiner Antheil von Luftſaͤure vorhanden, der insgemein auf (1/16), von Lavoiſier aber nur auf (1/100) geſetzt wird. Fontana und de la Metherie (Eſſai ſur l'air pur et les differentes eſpèces d'air. Paris, 1785. 8.) haben dieſes gelaͤugnet, weil die gemeine Luft das Kalkwaſſer nicht truͤbe, da doch (1/200) fixe Luft mit gemeiner vermiſcht dieſe Wirkung ſchon hervorbringe. Allein das Kalkwaſſer wird allerdings auch an der freyen atmoſphaͤriſchen Luft getruͤbt, und uͤberzieht ſich mit einem regenbogenfarbigen Haͤutchen, wenn man es nur lang genug derſelben ausſetzt. Herr von Sauſſure fand ſogar auf dem Gipfel des Montblanc noch einige Wirkung der atmoſphaͤriſchen Luftſaͤure auf das Kalkwaſſer, indem ſich daſſelbe, nachdem es ſieben Viertelſtunden lang an der Luft geſtanden, mit einem bunten Haͤutchen uͤberzogen hatte. Noch gewiſſer verſichrte er ſich von der Gegenwart der fixen Luft dadurch, daß er aͤtzendes Gewaͤchslaugenſalz in atmoſphaͤriſcher Luft ſaͤttigte. Er tauchte Papierſtreifen in daſſelbe, die, als ſie aus der Flaſche kamen, im mindeſten nicht mit Saͤuren brauſeten, allein, als ſie 1 1/2 Stunden lang der Luft auf dem Gipfel des Berges waren ausgeſetzt worden, ſich ganz trocken fanden, und ein ſehr lebhaftes Aufbrauſen verurſachten—ein deutliches Merkmal der eingeſognen Luftſaͤure, deren Gegenwart alſo noch in Hoͤhen von 2400 Toiſen uͤber der Meeresflaͤche merklich iſt, ob ſie gleich wegen ihres groͤßern ſpecifiſchen Gewichts nach der Tiefe zu ſinken ſtrebt. Die Herren Lamanon und Mongez fanden auf der Spitze des Pik von Teneriffa kein Haͤutchen auf dem Kalkwaſſer, nachdem es 3 Stunden lang den Daͤmpfen des Vulkans ausgeſetzt geweſen war; aber mit aͤtzendem Laugenſalze haben ſie den Verſuch nicht angeſtellt (ſ. Magazin fuͤr das Neuſte aus der Phyſik rc |IV. Bd. 2tes St. S. 51. aus Rozier Journ. de phyſ. 1786.). Die S. 402. nach Prieſtley geaͤußerte Vermuthung, daß die bey den phlogiſtiſchen Proceſſen erhaltene Luftſaͤure nicht erzeugt, ſondern aus der gemeinen Luft durch das Phlogiſton

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Bibliothek des Max-Planck-Instituts für Wissenschaftsgeschichte : Bereitstellung der Texttranskription. (2015-09-02T12:13:09Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2015-09-02T12:13:09Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): keine Angabe; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch05_1799
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch05_1799/454
Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 5. Leipzig, 1799, S. 442. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch05_1799/454>, abgerufen am 22.11.2024.