angestellt hatten) in Deutschland außer Zweifel gesetzt worden. Lebensluft nemlich wird durch Verbrennung des Phosphors ganz verzehrt, ohne Stickluft, oder sonst etwas Gasförmiges, übrig zu lassen (s. den Zusatz zu dem Art. Verbeennung)--ein Beweis, daß die Stickluft nicht durchs Verbrennen erst erzeugt werde, sondern da, wo sie übrig bleibt, schon vorher in der Luft, in der die Verbrennung geschieht, präexistirt habe. Man kan |daher mit völligem Rechte die atmosphärische Luft als ein Gemisch von Lebensluft und Stickluft betrachten, wovon bey den phlogistischen Processen die erstere zersetzt wird, und die letztere allein zurückbleibt.
Die meisten S. 407. angesührten Mittel, Stickluft zu erhalten, oder wie es dort heißt, die gemeine Luft zu verderben, bestehen in solchen Zersetzungen der atmosphärischen Luft, wobey der Sauerstoff oder die Basis des reinern Theils eingesogen wird. (Die Einsaugung durch geschwefelte Pottasche oder geschwefelte Kalkerde, erfordert 12 -- 14 Tage Zeit.) Aus gleicher Ursache findet sich auch Stickluft bey der Prüfung der atmosphärischen Luft im Eudiometer, wenn die Verminderung durch die Salpeterluft aufhört.
Außerdem erhält man Stickgas, und zwar sehr reines, wenn man die Schwimmblasen der Fische, vorzüglich der Karpsen, unter Wasser durchsticht.
Bey Zerlegung des ätzenden flüchtigen Alkali durch die dephlogistisirte Salzsäure wird ein Stickgas erhalten, das nicht aus der Atmosphäre kömmt. Der Proceß ist folgende Man setzt eine tubulirte Retorte ins Sandbad, und verbindet ihr Ende mit einer Röhre, die in eine Flasche geht. Diese Flasche wird mit 4 Unzen des allerconcentrirtesten flüchtigen Salmiakgeists, vermischt mit 4 Unzen reinen Wassers, gesüllt, und damit noch eine Röhre verbunden, deren anderes Ende unter eine mit Wasser gefüllte Glocke geht. In der Retorte wird gepülverter Braunstein im gehörigen Verhältnisse mit Kochsalz vermischt, und concentrirte Vitriolsäure aufgegossen. Die daraus entwickelte dephlogistisirte Salzsäure geht in Gasgestalt in die Flasche über. Sobald sie das flüchtige Alkali erreicht, zersetzen sich
angeſtellt hatten) in Deutſchland außer Zweifel geſetzt worden. Lebensluft nemlich wird durch Verbrennung des Phosphors ganz verzehrt, ohne Stickluft, oder ſonſt etwas Gasfoͤrmiges, uͤbrig zu laſſen (ſ. den Zuſatz zu dem Art. Verbeennung)—ein Beweis, daß die Stickluft nicht durchs Verbrennen erſt erzeugt werde, ſondern da, wo ſie uͤbrig bleibt, ſchon vorher in der Luft, in der die Verbrennung geſchieht, praͤexiſtirt habe. Man kan |daher mit voͤlligem Rechte die atmoſphaͤriſche Luft als ein Gemiſch von Lebensluft und Stickluft betrachten, wovon bey den phlogiſtiſchen Proceſſen die erſtere zerſetzt wird, und die letztere allein zuruͤckbleibt.
Die meiſten S. 407. angeſuͤhrten Mittel, Stickluft zu erhalten, oder wie es dort heißt, die gemeine Luft zu verderben, beſtehen in ſolchen Zerſetzungen der atmoſphaͤriſchen Luft, wobey der Sauerſtoff oder die Baſis des reinern Theils eingeſogen wird. (Die Einſaugung durch geſchwefelte Pottaſche oder geſchwefelte Kalkerde, erfordert 12 — 14 Tage Zeit.) Aus gleicher Urſache findet ſich auch Stickluft bey der Pruͤfung der atmoſphaͤriſchen Luft im Eudiometer, wenn die Verminderung durch die Salpeterluft aufhoͤrt.
Außerdem erhaͤlt man Stickgas, und zwar ſehr reines, wenn man die Schwimmblaſen der Fiſche, vorzuͤglich der Karpſen, unter Waſſer durchſticht.
Bey Zerlegung des aͤtzenden fluͤchtigen Alkali durch die dephlogiſtiſirte Salzſaͤure wird ein Stickgas erhalten, das nicht aus der Atmoſphaͤre koͤmmt. Der Proceß iſt folgende Man ſetzt eine tubulirte Retorte ins Sandbad, und verbindet ihr Ende mit einer Roͤhre, die in eine Flaſche geht. Dieſe Flaſche wird mit 4 Unzen des allerconcentrirteſten fluͤchtigen Salmiakgeiſts, vermiſcht mit 4 Unzen reinen Waſſers, geſuͤllt, und damit noch eine Roͤhre verbunden, deren anderes Ende unter eine mit Waſſer gefuͤllte Glocke geht. In der Retorte wird gepuͤlverter Braunſtein im gehoͤrigen Verhaͤltniſſe mit Kochſalz vermiſcht, und concentrirte Vitriolſaͤure aufgegoſſen. Die daraus entwickelte dephlogiſtiſirte Salzſaͤure geht in Gasgeſtalt in die Flaſche uͤber. Sobald ſie das fluͤchtige Alkali erreicht, zerſetzen ſich
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angeſtellt hatten) in Deutſchland außer Zweifel geſetzt worden. Lebensluft nemlich wird durch Verbrennung des Phosphors ganz verzehrt, ohne Stickluft, oder ſonſt etwas Gasfoͤrmiges, uͤbrig zu laſſen (ſ. den Zuſatz zu dem Art. Verbeennung)—ein Beweis, daß die Stickluft nicht durchs Verbrennen erſt erzeugt werde, ſondern da, wo ſie uͤbrig bleibt, ſchon vorher in der Luft, in der die Verbrennung geſchieht, praͤexiſtirt habe. Man kan |daher mit voͤlligem Rechte die atmoſphaͤriſche Luft als ein Gemiſch von Lebensluft und Stickluft betrachten, wovon bey den phlogiſtiſchen Proceſſen die erſtere zerſetzt wird, und die letztere allein zuruͤckbleibt.
Die meiſten S. 407. angeſuͤhrten Mittel, Stickluft zu erhalten, oder wie es dort heißt, die gemeine Luft zu verderben, beſtehen in ſolchen Zerſetzungen der atmoſphaͤriſchen Luft, wobey der Sauerſtoff oder die Baſis des reinern Theils eingeſogen wird. (Die Einſaugung durch geſchwefelte Pottaſche oder geſchwefelte Kalkerde, erfordert 12 — 14 Tage Zeit.) Aus gleicher Urſache findet ſich auch Stickluft bey der Pruͤfung der atmoſphaͤriſchen Luft im Eudiometer, wenn die Verminderung durch die Salpeterluft aufhoͤrt.
Außerdem erhaͤlt man Stickgas, und zwar ſehr reines, wenn man die Schwimmblaſen der Fiſche, vorzuͤglich der Karpſen, unter Waſſer durchſticht.
Bey Zerlegung des aͤtzenden fluͤchtigen Alkali durch die dephlogiſtiſirte Salzſaͤure wird ein Stickgas erhalten, das nicht aus der Atmoſphaͤre koͤmmt. Der Proceß iſt folgende Man ſetzt eine tubulirte Retorte ins Sandbad, und verbindet ihr Ende mit einer Roͤhre, die in eine Flaſche geht. Dieſe Flaſche wird mit 4 Unzen des allerconcentrirteſten fluͤchtigen Salmiakgeiſts, vermiſcht mit 4 Unzen reinen Waſſers, geſuͤllt, und damit noch eine Roͤhre verbunden, deren anderes Ende unter eine mit Waſſer gefuͤllte Glocke geht. In der Retorte wird gepuͤlverter Braunſtein im gehoͤrigen Verhaͤltniſſe mit Kochſalz vermiſcht, und concentrirte Vitriolſaͤure aufgegoſſen. Die daraus entwickelte dephlogiſtiſirte Salzſaͤure geht in Gasgeſtalt in die Flaſche uͤber. Sobald ſie das fluͤchtige Alkali erreicht, zerſetzen ſich
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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 5. Leipzig, 1799, S. 450. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch05_1799/462>, abgerufen am 22.11.2024.
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