Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 5. Leipzig, 1799.
Nach diesem System besteht das Stickgas oder Salpeterstoffgas aus Stickstoff und Wärmestoff. Ein Cubikzoll reines Stickgas wiegt 0,4444 Gran, und sein specisisches Gewicht verhält sich zu dem Gewichte der atmosphärischen Luft, wie 675:730 = 27:28. Das Stickgas ist die Grundlage der Salpetersäure, welche aus 4/5 Sauerstoff und 1/5 Stickstoff besteht. Denn man mische 10 Theile Stickgas mit 39 Theilen Sauerstoffgas, und lasse durch diese Mischung den elektrischen Funken durchgehen, so wird man Salpetersäure erhalten. Dieser wichtige Versuch ist von Cavendish (Philos. Transact. for 1785. Vol. LXXV. p. 372.), der nachher noch eine umständlichere Anleitung ihn anzustellen mitgetheilt hat (ibid. Vol. LXXVIII. P. II. p. 26 sqq. Ueber die Verwandlung eines Gemisches der dephlogistisirten Luft in Salpetersäure durch Hülfe des elektrischen Funkens v. Henry Cavendish in Grens Journ. d. Phys. B. I. S. 282 u. f.). Schon vorher kannte man von Cavendish die Versuche, die im Artikel S. 409. 410. angeführt werden, und alles dieses macht allerdings eine nicht unwichtige Stütze für die obige Behauptung der Antiphlogistiker aus, wenn man annimmt, daß die Elektricität blos mechanisch wirke. (Wie aber, wenn diese selbst in Bestandtheile zerlegt würde, deren einer die Grundlage der Salpetersäure hergäbe? So lang die Unmöglichkeit hievon nicht dargethan wird, ist der Beweis immer unvollkommen.) Daß die atmosphärische Luft großentheils aus Stickgas bestehe, läßt sich analytisch und synthetisch erweisen. Analytisch, weil die Verkalkung des Quecksilbers in einem mit atmosphärischer Luft gefüllten verschlossenen Gefäße, diese Luft um 1/6 vermindert, und 5/6 Stickgas übrig läßt; die Reduction in einer Retorte aber, sobald der Kalk glüht, das verlorene 1/6 wiedergiebt, woraus man schließen kan, daß es blos vom Kalke eingesogen war, und mit den übrigen 5/6 Stickgas die eingeschloßne Luft ausgemacht hat. Synthetisch, weil 73 Theile
Nach dieſem Syſtem beſteht das Stickgas oder Salpeterſtoffgas aus Stickſtoff und Waͤrmeſtoff. Ein Cubikzoll reines Stickgas wiegt 0,4444 Gran, und ſein ſpeciſiſches Gewicht verhaͤlt ſich zu dem Gewichte der atmoſphaͤriſchen Luft, wie 675:730 = 27:28. Das Stickgas iſt die Grundlage der Salpeterſaͤure, welche aus 4/5 Sauerſtoff und 1/5 Stickſtoff beſteht. Denn man miſche 10 Theile Stickgas mit 39 Theilen Sauerſtoffgas, und laſſe durch dieſe Miſchung den elektriſchen Funken durchgehen, ſo wird man Salpeterſaͤure erhalten. Dieſer wichtige Verſuch iſt von Cavendiſh (Philoſ. Transact. for 1785. Vol. LXXV. p. 372.), der nachher noch eine umſtaͤndlichere Anleitung ihn anzuſtellen mitgetheilt hat (ibid. Vol. LXXVIII. P. II. p. 26 ſqq. Ueber die Verwandlung eines Gemiſches der dephlogiſtiſirten Luft in Salpeterſaͤure durch Huͤlfe des elektriſchen Funkens v. Henry Cavendiſh in Grens Journ. d. Phyſ. B. I. S. 282 u. f.). Schon vorher kannte man von Cavendiſh die Verſuche, die im Artikel S. 409. 410. angefuͤhrt werden, und alles dieſes macht allerdings eine nicht unwichtige Stuͤtze fuͤr die obige Behauptung der Antiphlogiſtiker aus, wenn man annimmt, daß die Elektricitaͤt blos mechaniſch wirke. (Wie aber, wenn dieſe ſelbſt in Beſtandtheile zerlegt wuͤrde, deren einer die Grundlage der Salpeterſaͤure hergaͤbe? So lang die Unmoͤglichkeit hievon nicht dargethan wird, iſt der Beweis immer unvollkommen.) Daß die atmoſphaͤriſche Luft großentheils aus Stickgas beſtehe, laͤßt ſich analytiſch und ſynthetiſch erweiſen. Analytiſch, weil die Verkalkung des Queckſilbers in einem mit atmoſphaͤriſcher Luft gefuͤllten verſchloſſenen Gefaͤße, dieſe Luft um 1/6 vermindert, und 5/6 Stickgas uͤbrig laͤßt; die Reduction in einer Retorte aber, ſobald der Kalk gluͤht, das verlorene 1/6 wiedergiebt, woraus man ſchließen kan, daß es blos vom Kalke eingeſogen war, und mit den uͤbrigen 5/6 Stickgas die eingeſchloßne Luft ausgemacht hat. Synthetiſch, weil 73 Theile <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0464" xml:id="P.5.452" n="452"/><lb/> Laugenſalzes, wobey aber noch manche Schwierigkeiten zuruͤckbleiben, ſ. den Art. <hi rendition="#b">Stickſtoff.</hi> Es iſt noͤthig, dieſen Theil des antiphlogiſtiſchen Syſtems etwas naͤher kennen zu lernen.</p> <p>Nach dieſem Syſtem beſteht das <hi rendition="#b">Stickgas</hi> oder <hi rendition="#b">Salpeterſtoffgas</hi> aus Stickſtoff und Waͤrmeſtoff. Ein Cubikzoll reines Stickgas wiegt 0,4444 Gran, und ſein ſpeciſiſches Gewicht verhaͤlt ſich zu dem Gewichte der atmoſphaͤriſchen Luft, wie 675:730 = 27:28.</p> <p>Das Stickgas iſt die Grundlage der Salpeterſaͤure, welche aus 4/5 Sauerſtoff und 1/5 Stickſtoff beſteht. Denn man miſche 10 Theile Stickgas mit 39 Theilen Sauerſtoffgas, und laſſe durch dieſe Miſchung den elektriſchen Funken durchgehen, ſo wird man Salpeterſaͤure erhalten. Dieſer wichtige Verſuch iſt von <hi rendition="#b">Cavendiſh</hi> <hi rendition="#aq">(Philoſ. Transact. for 1785. Vol. LXXV. p. 372.),</hi> der nachher noch eine umſtaͤndlichere Anleitung ihn anzuſtellen mitgetheilt hat <hi rendition="#aq">(ibid. Vol. LXXVIII. P. II. p. 26 ſqq.</hi> Ueber die Verwandlung eines Gemiſches der dephlogiſtiſirten Luft in Salpeterſaͤure durch Huͤlfe des elektriſchen Funkens v. <hi rendition="#b">Henry Cavendiſh</hi> in <hi rendition="#b">Grens</hi> Journ. d. Phyſ. B. <hi rendition="#aq">I.</hi> S. 282 u. f.). Schon vorher kannte man von <hi rendition="#b">Cavendiſh</hi> die Verſuche, die im Artikel S. 409. 410. angefuͤhrt werden, und alles dieſes macht allerdings eine nicht unwichtige Stuͤtze fuͤr die obige Behauptung der Antiphlogiſtiker aus, wenn man annimmt, daß die Elektricitaͤt blos mechaniſch wirke. (Wie aber, wenn dieſe ſelbſt in Beſtandtheile zerlegt wuͤrde, deren einer die Grundlage der Salpeterſaͤure hergaͤbe? So lang die Unmoͤglichkeit hievon nicht dargethan wird, iſt der Beweis immer unvollkommen.)</p> <p>Daß die atmoſphaͤriſche Luft großentheils aus Stickgas beſtehe, laͤßt ſich analytiſch und ſynthetiſch erweiſen. Analytiſch, weil die Verkalkung des Queckſilbers in einem mit atmoſphaͤriſcher Luft gefuͤllten verſchloſſenen Gefaͤße, dieſe Luft um 1/6 vermindert, und 5/6 Stickgas uͤbrig laͤßt; die Reduction in einer Retorte aber, ſobald der Kalk gluͤht, das verlorene 1/6 wiedergiebt, woraus man ſchließen kan, daß es blos vom Kalke eingeſogen war, und mit den uͤbrigen 5/6 Stickgas die eingeſchloßne Luft ausgemacht hat. Synthetiſch, weil 73 Theile<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [452/0464]
Laugenſalzes, wobey aber noch manche Schwierigkeiten zuruͤckbleiben, ſ. den Art. Stickſtoff. Es iſt noͤthig, dieſen Theil des antiphlogiſtiſchen Syſtems etwas naͤher kennen zu lernen.
Nach dieſem Syſtem beſteht das Stickgas oder Salpeterſtoffgas aus Stickſtoff und Waͤrmeſtoff. Ein Cubikzoll reines Stickgas wiegt 0,4444 Gran, und ſein ſpeciſiſches Gewicht verhaͤlt ſich zu dem Gewichte der atmoſphaͤriſchen Luft, wie 675:730 = 27:28.
Das Stickgas iſt die Grundlage der Salpeterſaͤure, welche aus 4/5 Sauerſtoff und 1/5 Stickſtoff beſteht. Denn man miſche 10 Theile Stickgas mit 39 Theilen Sauerſtoffgas, und laſſe durch dieſe Miſchung den elektriſchen Funken durchgehen, ſo wird man Salpeterſaͤure erhalten. Dieſer wichtige Verſuch iſt von Cavendiſh (Philoſ. Transact. for 1785. Vol. LXXV. p. 372.), der nachher noch eine umſtaͤndlichere Anleitung ihn anzuſtellen mitgetheilt hat (ibid. Vol. LXXVIII. P. II. p. 26 ſqq. Ueber die Verwandlung eines Gemiſches der dephlogiſtiſirten Luft in Salpeterſaͤure durch Huͤlfe des elektriſchen Funkens v. Henry Cavendiſh in Grens Journ. d. Phyſ. B. I. S. 282 u. f.). Schon vorher kannte man von Cavendiſh die Verſuche, die im Artikel S. 409. 410. angefuͤhrt werden, und alles dieſes macht allerdings eine nicht unwichtige Stuͤtze fuͤr die obige Behauptung der Antiphlogiſtiker aus, wenn man annimmt, daß die Elektricitaͤt blos mechaniſch wirke. (Wie aber, wenn dieſe ſelbſt in Beſtandtheile zerlegt wuͤrde, deren einer die Grundlage der Salpeterſaͤure hergaͤbe? So lang die Unmoͤglichkeit hievon nicht dargethan wird, iſt der Beweis immer unvollkommen.)
Daß die atmoſphaͤriſche Luft großentheils aus Stickgas beſtehe, laͤßt ſich analytiſch und ſynthetiſch erweiſen. Analytiſch, weil die Verkalkung des Queckſilbers in einem mit atmoſphaͤriſcher Luft gefuͤllten verſchloſſenen Gefaͤße, dieſe Luft um 1/6 vermindert, und 5/6 Stickgas uͤbrig laͤßt; die Reduction in einer Retorte aber, ſobald der Kalk gluͤht, das verlorene 1/6 wiedergiebt, woraus man ſchließen kan, daß es blos vom Kalke eingeſogen war, und mit den uͤbrigen 5/6 Stickgas die eingeſchloßne Luft ausgemacht hat. Synthetiſch, weil 73 Theile
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