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Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 5. Leipzig, 1799.

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als Ursache der Säure betrachtet, eben so hypothetisch, als das Phlogiston.

Inzwischen finden sich doch bey den Verbrennungen zwey Umstände, die dem antiphlogistifchen System ein großes Uebergewicht geben. Der erste ist die Gewichtszunahme des verbrannten Körpers. Die entstandene Schwefelsäure wiegt 26 Gran, wenn vom Schwefel nur 8 Gran verbrannt sind Dieser Umstand beweist wenigstens soviel, daß zu der Säure außer dem verbrannten Schwefel noch etwas hinzugekommen sey, und spricht also offenbar dafür, daß die Säure nicht ausgeschieden, sondern zusammengesetzt werde; denn wie könnte man dem Gedanken Raum geben, daß aus einem Körper von 8 Unzen Gewicht, ein Bestandtheil von 26 Unzen ausgeschieden werde?

Der zweyte, diese Vermuthung noch mehr bestärkende, Umstand ist die Verminderung der Luft, in der die Verbrennung geschieht, sowohl am Gewicht, als am Umfang. Das Gewicht nimmt um eben die 18 Unzen ab, welche man in der entstandenen Schwefelsäure zu viel findet. Hieraus wird es ganz deutlich, daß eben das, was zur Säure hinzukömmt, aus der Luft hinweggehe, und es scheint demnach allerdings die entstandene Säure aus dem verbrannten Schwefel und einem Bestandtheile der Luft zusammengesetzt zu seyn.

Durch andere Verbrennungen ist dargethan worden, daß die Luft, wenn sie völlig rein ist, dabey ganz verzehret werde, indem das, was von ihr zurückbleibt, blos aus den beygemischten zu Unterhaltung des Verbrennens untauglichen Stoffen besteht, s. den Zusatz des Art. Verbrennung. Ihr Gewicht und ihr Umfang sind gänzlich verschwunden, und man findet jenes in der Gewichtszunahme der Säure wieder, die aus dem verbrannten Körper entstanden ist. Dieses vollendet die Ueberzeugung, daß ein Bestandtheil der Luft zur Säure komme, und daß die vormalige Meinung von Phlogistication der Luft durch Aufnahme des Brennstoffs ungegründet sey. Diese Versuche haben die standhaftesten Vertheidiger der ehemaligen phlogistischen Lehre zum Widerruf bewogen, und selbst Stahl würde,


als Urſache der Saͤure betrachtet, eben ſo hypothetiſch, als das Phlogiſton.

Inzwiſchen finden ſich doch bey den Verbrennungen zwey Umſtaͤnde, die dem antiphlogiſtifchen Syſtem ein großes Uebergewicht geben. Der erſte iſt die Gewichtszunahme des verbrannten Koͤrpers. Die entſtandene Schwefelſaͤure wiegt 26 Gran, wenn vom Schwefel nur 8 Gran verbrannt ſind Dieſer Umſtand beweiſt wenigſtens ſoviel, daß zu der Saͤure außer dem verbrannten Schwefel noch etwas hinzugekommen ſey, und ſpricht alſo offenbar dafuͤr, daß die Saͤure nicht ausgeſchieden, ſondern zuſammengeſetzt werde; denn wie koͤnnte man dem Gedanken Raum geben, daß aus einem Koͤrper von 8 Unzen Gewicht, ein Beſtandtheil von 26 Unzen ausgeſchieden werde?

Der zweyte, dieſe Vermuthung noch mehr beſtaͤrkende, Umſtand iſt die Verminderung der Luft, in der die Verbrennung geſchieht, ſowohl am Gewicht, als am Umfang. Das Gewicht nimmt um eben die 18 Unzen ab, welche man in der entſtandenen Schwefelſaͤure zu viel findet. Hieraus wird es ganz deutlich, daß eben das, was zur Saͤure hinzukoͤmmt, aus der Luft hinweggehe, und es ſcheint demnach allerdings die entſtandene Saͤure aus dem verbrannten Schwefel und einem Beſtandtheile der Luft zuſammengeſetzt zu ſeyn.

Durch andere Verbrennungen iſt dargethan worden, daß die Luft, wenn ſie voͤllig rein iſt, dabey ganz verzehret werde, indem das, was von ihr zuruͤckbleibt, blos aus den beygemiſchten zu Unterhaltung des Verbrennens untauglichen Stoffen beſteht, ſ. den Zuſatz des Art. Verbrennung. Ihr Gewicht und ihr Umfang ſind gaͤnzlich verſchwunden, und man findet jenes in der Gewichtszunahme der Saͤure wieder, die aus dem verbrannten Koͤrper entſtanden iſt. Dieſes vollendet die Ueberzeugung, daß ein Beſtandtheil der Luft zur Saͤure komme, und daß die vormalige Meinung von Phlogiſtication der Luft durch Aufnahme des Brennſtoffs ungegruͤndet ſey. Dieſe Verſuche haben die ſtandhafteſten Vertheidiger der ehemaligen phlogiſtiſchen Lehre zum Widerruf bewogen, und ſelbſt Stahl wuͤrde,

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[826/0838] als Urſache der Saͤure betrachtet, eben ſo hypothetiſch, als das Phlogiſton. Inzwiſchen finden ſich doch bey den Verbrennungen zwey Umſtaͤnde, die dem antiphlogiſtifchen Syſtem ein großes Uebergewicht geben. Der erſte iſt die Gewichtszunahme des verbrannten Koͤrpers. Die entſtandene Schwefelſaͤure wiegt 26 Gran, wenn vom Schwefel nur 8 Gran verbrannt ſind Dieſer Umſtand beweiſt wenigſtens ſoviel, daß zu der Saͤure außer dem verbrannten Schwefel noch etwas hinzugekommen ſey, und ſpricht alſo offenbar dafuͤr, daß die Saͤure nicht ausgeſchieden, ſondern zuſammengeſetzt werde; denn wie koͤnnte man dem Gedanken Raum geben, daß aus einem Koͤrper von 8 Unzen Gewicht, ein Beſtandtheil von 26 Unzen ausgeſchieden werde? Der zweyte, dieſe Vermuthung noch mehr beſtaͤrkende, Umſtand iſt die Verminderung der Luft, in der die Verbrennung geſchieht, ſowohl am Gewicht, als am Umfang. Das Gewicht nimmt um eben die 18 Unzen ab, welche man in der entſtandenen Schwefelſaͤure zu viel findet. Hieraus wird es ganz deutlich, daß eben das, was zur Saͤure hinzukoͤmmt, aus der Luft hinweggehe, und es ſcheint demnach allerdings die entſtandene Saͤure aus dem verbrannten Schwefel und einem Beſtandtheile der Luft zuſammengeſetzt zu ſeyn. Durch andere Verbrennungen iſt dargethan worden, daß die Luft, wenn ſie voͤllig rein iſt, dabey ganz verzehret werde, indem das, was von ihr zuruͤckbleibt, blos aus den beygemiſchten zu Unterhaltung des Verbrennens untauglichen Stoffen beſteht, ſ. den Zuſatz des Art. Verbrennung. Ihr Gewicht und ihr Umfang ſind gaͤnzlich verſchwunden, und man findet jenes in der Gewichtszunahme der Saͤure wieder, die aus dem verbrannten Koͤrper entſtanden iſt. Dieſes vollendet die Ueberzeugung, daß ein Beſtandtheil der Luft zur Saͤure komme, und daß die vormalige Meinung von Phlogiſtication der Luft durch Aufnahme des Brennſtoffs ungegruͤndet ſey. Dieſe Verſuche haben die ſtandhafteſten Vertheidiger der ehemaligen phlogiſtiſchen Lehre zum Widerruf bewogen, und ſelbſt Stahl wuͤrde,

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Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 5. Leipzig, 1799, S. 826. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch05_1799/838>, abgerufen am 22.11.2024.