Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 5. Leipzig, 1799.

Bild:
<< vorherige Seite


aus dem Schwefel mit Wasser verbunden, von welchem letztern die Gewichtszunahme herrührt.

Dieser Erklärung zufolge bleibt das Phlogiston in der schwefelsauren Luft, welche bey der Verbrennung des Schwefels entsteht. Bey andern Verbrennungen, z. B. der des Phosphors, soll es Stickgas bilden, indem sich das Bindungsmittel der dephlogistisirten Luft mit dem Phlogiston und Wasserdunste vereiniget. Ueberhaupt soll allemal blos Stickgas entstehen, wenn der brennende Körper bey seiner Zersetzung keine andere Substanz, als Phlogiston, von sich giebt. Dieser Theil des Systems aber möchte nach den entscheidenden Versuchen über das gänzliche Verschwinden der Lebensluft schwerlich länger bestehen können.

Nach Herrn Prof. Voigts Theorie von zween Brennstoffen, welche in den Zusätzen zu dem Art. Phlogiston (oben S. 705.) vorgetragen ist, enthält der brennende Körper den männlichen, die Luft den weiblichen Brennstoff. Die sogenannte Lebensluft, oder nach Herrn Voigts Benennung das weibliche Brenngas, ist nichts anders, als eine chemische Verbindung von Wasser und weiblichem Brennstoff. Durch die Entzündung entsteht eine wirksame Paarung beyder Stoffe, welche Erschütterung des Lichtstoffs und Trennung der übrigen Theile des männlichen Brennstoffs von der Substanz des Körpers zur Folge hat. Die Paarung beyder Stoffe verbreitet sich immer weiter, und es wird zugleich alles Wasser niedergeschlagen, welches den weiblichen Brennstoff in der Luft gebunden hielt. Geschieht nun die Verbrennung unter einer gesperrten Glocke, so muß das Volumen sowohl, als das absolute Gewicht der darinn befindlichen Luft vermindert werden, weil das niedergeschlagene oder ausgeschicdene Wasser im tropfbaren Zustande einen weit geringern Raum einnimmt, als da es in Gasgestalt vorhanden war. In den mehresten Fällen zieht sich dieses Wasser in das Rückbleibsel des verbrannten Körpers, als eine Art von wesentlichem oder Krystallisationswasser, und |verkörpert sich damit so, daß man es gar nicht mehr darinn erkennen kan; aber es vermehrt das absolute Gewicht dieses Körpers gerade um so viel, als sein eignes beträgt. Oft verbindet sich auch ein


aus dem Schwefel mit Waſſer verbunden, von welchem letztern die Gewichtszunahme herruͤhrt.

Dieſer Erklaͤrung zufolge bleibt das Phlogiſton in der ſchwefelſauren Luft, welche bey der Verbrennung des Schwefels entſteht. Bey andern Verbrennungen, z. B. der des Phosphors, ſoll es Stickgas bilden, indem ſich das Bindungsmittel der dephlogiſtiſirten Luft mit dem Phlogiſton und Waſſerdunſte vereiniget. Ueberhaupt ſoll allemal blos Stickgas entſtehen, wenn der brennende Koͤrper bey ſeiner Zerſetzung keine andere Subſtanz, als Phlogiſton, von ſich giebt. Dieſer Theil des Syſtems aber moͤchte nach den entſcheidenden Verſuchen uͤber das gaͤnzliche Verſchwinden der Lebensluft ſchwerlich laͤnger beſtehen koͤnnen.

Nach Herrn Prof. Voigts Theorie von zween Brennſtoffen, welche in den Zuſaͤtzen zu dem Art. Phlogiſton (oben S. 705.) vorgetragen iſt, enthaͤlt der brennende Koͤrper den maͤnnlichen, die Luft den weiblichen Brennſtoff. Die ſogenannte Lebensluft, oder nach Herrn Voigts Benennung das weibliche Brenngas, iſt nichts anders, als eine chemiſche Verbindung von Waſſer und weiblichem Brennſtoff. Durch die Entzuͤndung entſteht eine wirkſame Paarung beyder Stoffe, welche Erſchuͤtterung des Lichtſtoffs und Trennung der uͤbrigen Theile des maͤnnlichen Brennſtoffs von der Subſtanz des Koͤrpers zur Folge hat. Die Paarung beyder Stoffe verbreitet ſich immer weiter, und es wird zugleich alles Waſſer niedergeſchlagen, welches den weiblichen Brennſtoff in der Luft gebunden hielt. Geſchieht nun die Verbrennung unter einer geſperrten Glocke, ſo muß das Volumen ſowohl, als das abſolute Gewicht der darinn befindlichen Luft vermindert werden, weil das niedergeſchlagene oder ausgeſchicdene Waſſer im tropfbaren Zuſtande einen weit geringern Raum einnimmt, als da es in Gasgeſtalt vorhanden war. In den mehreſten Faͤllen zieht ſich dieſes Waſſer in das Ruͤckbleibſel des verbrannten Koͤrpers, als eine Art von weſentlichem oder Kryſtalliſationswaſſer, und |verkoͤrpert ſich damit ſo, daß man es gar nicht mehr darinn erkennen kan; aber es vermehrt das abſolute Gewicht dieſes Koͤrpers gerade um ſo viel, als ſein eignes betraͤgt. Oft verbindet ſich auch ein

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="2">
              <p><pb facs="#f0926" xml:id="P.5.914" n="914"/><lb/>
aus dem Schwefel mit Wa&#x017F;&#x017F;er verbunden, von welchem letztern die Gewichtszunahme herru&#x0364;hrt.</p>
              <p>Die&#x017F;er Erkla&#x0364;rung zufolge bleibt das Phlogi&#x017F;ton in der &#x017F;chwefel&#x017F;auren Luft, welche bey der Verbrennung des Schwefels ent&#x017F;teht. Bey andern Verbrennungen, z. B. der des Phosphors, &#x017F;oll es Stickgas bilden, indem &#x017F;ich das Bindungsmittel der dephlogi&#x017F;ti&#x017F;irten Luft mit dem Phlogi&#x017F;ton und Wa&#x017F;&#x017F;erdun&#x017F;te vereiniget. Ueberhaupt &#x017F;oll allemal blos Stickgas ent&#x017F;tehen, wenn der brennende Ko&#x0364;rper bey &#x017F;einer Zer&#x017F;etzung keine andere Sub&#x017F;tanz, als Phlogi&#x017F;ton, von &#x017F;ich giebt. Die&#x017F;er Theil des Sy&#x017F;tems aber mo&#x0364;chte nach den ent&#x017F;cheidenden Ver&#x017F;uchen u&#x0364;ber das ga&#x0364;nzliche Ver&#x017F;chwinden der Lebensluft &#x017F;chwerlich la&#x0364;nger be&#x017F;tehen ko&#x0364;nnen.</p>
              <p>Nach Herrn Prof. <hi rendition="#b">Voigts</hi> Theorie von zween Brenn&#x017F;toffen, welche in den Zu&#x017F;a&#x0364;tzen zu dem Art. <hi rendition="#b">Phlogi&#x017F;ton</hi> (oben S. 705.) vorgetragen i&#x017F;t, entha&#x0364;lt der brennende Ko&#x0364;rper den ma&#x0364;nnlichen, die Luft den weiblichen Brenn&#x017F;toff. Die &#x017F;ogenannte Lebensluft, oder nach Herrn Voigts Benennung das weibliche Brenngas, i&#x017F;t nichts anders, als eine chemi&#x017F;che Verbindung von Wa&#x017F;&#x017F;er und weiblichem Brenn&#x017F;toff. Durch die Entzu&#x0364;ndung ent&#x017F;teht eine wirk&#x017F;ame Paarung beyder Stoffe, welche Er&#x017F;chu&#x0364;tterung des Licht&#x017F;toffs und Trennung der u&#x0364;brigen Theile des ma&#x0364;nnlichen Brenn&#x017F;toffs von der Sub&#x017F;tanz des Ko&#x0364;rpers zur Folge hat. Die Paarung beyder Stoffe verbreitet &#x017F;ich immer weiter, und es wird zugleich alles Wa&#x017F;&#x017F;er niederge&#x017F;chlagen, welches den weiblichen Brenn&#x017F;toff in der Luft gebunden hielt. Ge&#x017F;chieht nun die Verbrennung unter einer ge&#x017F;perrten Glocke, &#x017F;o muß das Volumen &#x017F;owohl, als das ab&#x017F;olute Gewicht der darinn befindlichen Luft vermindert werden, weil das niederge&#x017F;chlagene oder ausge&#x017F;chicdene Wa&#x017F;&#x017F;er im tropfbaren Zu&#x017F;tande einen weit geringern Raum einnimmt, als da es in Gasge&#x017F;talt vorhanden war. In den mehre&#x017F;ten Fa&#x0364;llen zieht &#x017F;ich die&#x017F;es Wa&#x017F;&#x017F;er in das Ru&#x0364;ckbleib&#x017F;el des verbrannten Ko&#x0364;rpers, als eine Art von we&#x017F;entlichem oder Kry&#x017F;talli&#x017F;ationswa&#x017F;&#x017F;er, und |verko&#x0364;rpert &#x017F;ich damit &#x017F;o, daß man es gar nicht mehr darinn erkennen kan; aber es vermehrt das ab&#x017F;olute Gewicht die&#x017F;es Ko&#x0364;rpers gerade um &#x017F;o viel, als &#x017F;ein eignes betra&#x0364;gt. Oft verbindet &#x017F;ich auch ein<lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[914/0926] aus dem Schwefel mit Waſſer verbunden, von welchem letztern die Gewichtszunahme herruͤhrt. Dieſer Erklaͤrung zufolge bleibt das Phlogiſton in der ſchwefelſauren Luft, welche bey der Verbrennung des Schwefels entſteht. Bey andern Verbrennungen, z. B. der des Phosphors, ſoll es Stickgas bilden, indem ſich das Bindungsmittel der dephlogiſtiſirten Luft mit dem Phlogiſton und Waſſerdunſte vereiniget. Ueberhaupt ſoll allemal blos Stickgas entſtehen, wenn der brennende Koͤrper bey ſeiner Zerſetzung keine andere Subſtanz, als Phlogiſton, von ſich giebt. Dieſer Theil des Syſtems aber moͤchte nach den entſcheidenden Verſuchen uͤber das gaͤnzliche Verſchwinden der Lebensluft ſchwerlich laͤnger beſtehen koͤnnen. Nach Herrn Prof. Voigts Theorie von zween Brennſtoffen, welche in den Zuſaͤtzen zu dem Art. Phlogiſton (oben S. 705.) vorgetragen iſt, enthaͤlt der brennende Koͤrper den maͤnnlichen, die Luft den weiblichen Brennſtoff. Die ſogenannte Lebensluft, oder nach Herrn Voigts Benennung das weibliche Brenngas, iſt nichts anders, als eine chemiſche Verbindung von Waſſer und weiblichem Brennſtoff. Durch die Entzuͤndung entſteht eine wirkſame Paarung beyder Stoffe, welche Erſchuͤtterung des Lichtſtoffs und Trennung der uͤbrigen Theile des maͤnnlichen Brennſtoffs von der Subſtanz des Koͤrpers zur Folge hat. Die Paarung beyder Stoffe verbreitet ſich immer weiter, und es wird zugleich alles Waſſer niedergeſchlagen, welches den weiblichen Brennſtoff in der Luft gebunden hielt. Geſchieht nun die Verbrennung unter einer geſperrten Glocke, ſo muß das Volumen ſowohl, als das abſolute Gewicht der darinn befindlichen Luft vermindert werden, weil das niedergeſchlagene oder ausgeſchicdene Waſſer im tropfbaren Zuſtande einen weit geringern Raum einnimmt, als da es in Gasgeſtalt vorhanden war. In den mehreſten Faͤllen zieht ſich dieſes Waſſer in das Ruͤckbleibſel des verbrannten Koͤrpers, als eine Art von weſentlichem oder Kryſtalliſationswaſſer, und |verkoͤrpert ſich damit ſo, daß man es gar nicht mehr darinn erkennen kan; aber es vermehrt das abſolute Gewicht dieſes Koͤrpers gerade um ſo viel, als ſein eignes betraͤgt. Oft verbindet ſich auch ein

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Bibliothek des Max-Planck-Instituts für Wissenschaftsgeschichte : Bereitstellung der Texttranskription. (2015-09-02T12:13:09Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2015-09-02T12:13:09Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): keine Angabe; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): wie Vorlage; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: wie Vorlage; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: keine Angabe; Zeichensetzung: keine Angabe; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch05_1799
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch05_1799/926
Zitationshilfe: Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 5. Leipzig, 1799, S. 914. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gehler_woerterbuch05_1799/926>, abgerufen am 22.11.2024.