Gehler, Johann Samuel Traugott: Physikalisches Wörterbuch, oder, Versuch einer Erklärung der vornehmsten Begriffe und Kunstwörter der Naturlehre. Bd. 5. Leipzig, 1799.
Herr de Luc nimmt also die Sonnenstralen ausserhalb der Atmosphären der Weltkörper nicht für erwärmend, sondern blos für leuchtend an. Auf hohen Bergen gewähren sie mehr Helligkeit, und dennoch weniger Wärme: es läßt sich denken, daß in einer großen Höhe der Atmosphäre die Erwärmung ganz aufhöre, dagegen Erleuchtung und Vermögen, im Brennpunkte zu zünden, immer bleiben. Jetiefer das Sonnenlicht fällt, desto schwächer wird es, und bey seiner Ankunft auf der Erdfläche wird es fast von allen Körpern absorbirt; alsdann ist Erregung der Wärme die vorzüglichste Wirkung der Sonnenstralen. Wären die Sonnenstralen das Feuer (der Wärmestoff) selbst, so müßte nach Sonnenuntergang keine Spur von Wärme mehr in der Atmosphäre seyn; denn was hielte das Sonnenlicht ab, mit eben der Geschwindigkeit zu entfliehen, mit der es ankam? Mitten im Sommer würden starke Hitze und plötzlicher Frost abwechseln. Entspringt aber die Wärme aus der Verbindung des Lichts mit der Wärmematerie, so wird das erstere durch diese Verbindung gezwungen, länger um die Erde und in ihr zu verweilen. Der Schatten eines kleinen Körpers bringt das Quecksilber in einem an freyer Sonne hängenden Thermometer nicht zum Fallen, wohl aber der Schatten größerer Körper, der die ganze Luft vor den Stralen der Sonne schützt -- ein Beweis, daß diese Stralen auf das Thermometer nicht durch eine eigne Wärme, sondern erst mittelbar durch die in der Luft erregte wirken. Noch eine Erfahrung des Hrn. de Saussure, welche Hr. de Luc zu Bestätigung dieser Sätze nützt, findet sich in dem Zus. des Art. Wärmesammler. Die Sonnenstralen bringen also Wärme hervor, aber sie sind nicht der Wärmestoff selbst; denn sobald sie Wärme erzeugen, werden sie ihrer vorigen Eigenschaft beraubt, sie stralen und leuchten nicht mehr. Die Sonnenstralen äußern aber ihre Wirkung auf eine doppelte Art. Erstlich bilden sie neues Feuer, und zweytens dehnen sie das schon vorhandene noch mehr aus, welche Eigenschaft sie mit allen fortleitenden
Herr de Luc nimmt alſo die Sonnenſtralen auſſerhalb der Atmoſphaͤren der Weltkoͤrper nicht fuͤr erwaͤrmend, ſondern blos fuͤr leuchtend an. Auf hohen Bergen gewaͤhren ſie mehr Helligkeit, und dennoch weniger Waͤrme: es laͤßt ſich denken, daß in einer großen Hoͤhe der Atmoſphaͤre die Erwaͤrmung ganz aufhoͤre, dagegen Erleuchtung und Vermoͤgen, im Brennpunkte zu zuͤnden, immer bleiben. Jetiefer das Sonnenlicht faͤllt, deſto ſchwaͤcher wird es, und bey ſeiner Ankunft auf der Erdflaͤche wird es faſt von allen Koͤrpern abſorbirt; alsdann iſt Erregung der Waͤrme die vorzuͤglichſte Wirkung der Sonnenſtralen. Waͤren die Sonnenſtralen das Feuer (der Waͤrmeſtoff) ſelbſt, ſo muͤßte nach Sonnenuntergang keine Spur von Waͤrme mehr in der Atmoſphaͤre ſeyn; denn was hielte das Sonnenlicht ab, mit eben der Geſchwindigkeit zu entfliehen, mit der es ankam? Mitten im Sommer wuͤrden ſtarke Hitze und ploͤtzlicher Froſt abwechſeln. Entſpringt aber die Waͤrme aus der Verbindung des Lichts mit der Waͤrmematerie, ſo wird das erſtere durch dieſe Verbindung gezwungen, laͤnger um die Erde und in ihr zu verweilen. Der Schatten eines kleinen Koͤrpers bringt das Queckſilber in einem an freyer Sonne haͤngenden Thermometer nicht zum Fallen, wohl aber der Schatten groͤßerer Koͤrper, der die ganze Luft vor den Stralen der Sonne ſchuͤtzt — ein Beweis, daß dieſe Stralen auf das Thermometer nicht durch eine eigne Waͤrme, ſondern erſt mittelbar durch die in der Luft erregte wirken. Noch eine Erfahrung des Hrn. de Sauſſure, welche Hr. de Luc zu Beſtaͤtigung dieſer Saͤtze nuͤtzt, findet ſich in dem Zuſ. des Art. Waͤrmeſammler. Die Sonnenſtralen bringen alſo Waͤrme hervor, aber ſie ſind nicht der Waͤrmeſtoff ſelbſt; denn ſobald ſie Waͤrme erzeugen, werden ſie ihrer vorigen Eigenſchaft beraubt, ſie ſtralen und leuchten nicht mehr. Die Sonnenſtralen aͤußern aber ihre Wirkung auf eine doppelte Art. Erſtlich bilden ſie neues Feuer, und zweytens dehnen ſie das ſchon vorhandene noch mehr aus, welche Eigenſchaft ſie mit allen fortleitenden <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0946" xml:id="P.5.934" n="934"/><lb/> machen koͤnnen, antreffen, als in der dichtern und feuchtern Luft nahe an der Erdflaͤche.</p> <p>Herr <hi rendition="#b">de Luc</hi> nimmt alſo die Sonnenſtralen auſſerhalb der Atmoſphaͤren der Weltkoͤrper nicht fuͤr <hi rendition="#b">erwaͤrmend,</hi> ſondern blos fuͤr <hi rendition="#b">leuchtend</hi> an. Auf hohen Bergen gewaͤhren ſie mehr Helligkeit, und dennoch weniger Waͤrme: es laͤßt ſich denken, daß in einer großen Hoͤhe der Atmoſphaͤre die Erwaͤrmung ganz aufhoͤre, dagegen Erleuchtung und Vermoͤgen, im Brennpunkte zu zuͤnden, immer bleiben. Jetiefer das Sonnenlicht faͤllt, deſto ſchwaͤcher wird es, und bey ſeiner Ankunft auf der Erdflaͤche wird es faſt von allen Koͤrpern abſorbirt; alsdann iſt Erregung der Waͤrme die vorzuͤglichſte Wirkung der Sonnenſtralen.</p> <p>Waͤren die Sonnenſtralen das Feuer (der Waͤrmeſtoff) ſelbſt, ſo muͤßte nach Sonnenuntergang keine Spur von Waͤrme mehr in der Atmoſphaͤre ſeyn; denn was hielte das Sonnenlicht ab, mit eben der Geſchwindigkeit zu entfliehen, mit der es ankam? Mitten im Sommer wuͤrden ſtarke Hitze und ploͤtzlicher Froſt abwechſeln. Entſpringt aber die Waͤrme aus der Verbindung des Lichts mit der Waͤrmematerie, ſo wird das erſtere durch dieſe Verbindung gezwungen, laͤnger um die Erde und in ihr zu verweilen.</p> <p>Der Schatten eines kleinen Koͤrpers bringt das Queckſilber in einem an freyer Sonne haͤngenden Thermometer nicht zum Fallen, wohl aber der Schatten groͤßerer Koͤrper, der die ganze Luft vor den Stralen der Sonne ſchuͤtzt — ein Beweis, daß dieſe Stralen auf das Thermometer nicht durch eine eigne Waͤrme, ſondern erſt mittelbar durch die in der Luft erregte wirken. Noch eine Erfahrung des Hrn. <hi rendition="#b">de Sauſſure,</hi> welche Hr. <hi rendition="#b">de Luc</hi> zu Beſtaͤtigung dieſer Saͤtze nuͤtzt, findet ſich in dem Zuſ. des Art. <hi rendition="#b">Waͤrmeſammler.</hi></p> <p>Die Sonnenſtralen bringen alſo Waͤrme hervor, aber ſie ſind nicht der Waͤrmeſtoff ſelbſt; denn ſobald ſie Waͤrme erzeugen, werden ſie ihrer vorigen Eigenſchaft beraubt, ſie ſtralen und leuchten nicht mehr. Die Sonnenſtralen aͤußern aber ihre Wirkung auf eine doppelte Art. Erſtlich bilden ſie neues Feuer, und zweytens dehnen ſie das ſchon vorhandene noch mehr aus, welche Eigenſchaft ſie mit allen fortleitenden<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [934/0946]
machen koͤnnen, antreffen, als in der dichtern und feuchtern Luft nahe an der Erdflaͤche.
Herr de Luc nimmt alſo die Sonnenſtralen auſſerhalb der Atmoſphaͤren der Weltkoͤrper nicht fuͤr erwaͤrmend, ſondern blos fuͤr leuchtend an. Auf hohen Bergen gewaͤhren ſie mehr Helligkeit, und dennoch weniger Waͤrme: es laͤßt ſich denken, daß in einer großen Hoͤhe der Atmoſphaͤre die Erwaͤrmung ganz aufhoͤre, dagegen Erleuchtung und Vermoͤgen, im Brennpunkte zu zuͤnden, immer bleiben. Jetiefer das Sonnenlicht faͤllt, deſto ſchwaͤcher wird es, und bey ſeiner Ankunft auf der Erdflaͤche wird es faſt von allen Koͤrpern abſorbirt; alsdann iſt Erregung der Waͤrme die vorzuͤglichſte Wirkung der Sonnenſtralen.
Waͤren die Sonnenſtralen das Feuer (der Waͤrmeſtoff) ſelbſt, ſo muͤßte nach Sonnenuntergang keine Spur von Waͤrme mehr in der Atmoſphaͤre ſeyn; denn was hielte das Sonnenlicht ab, mit eben der Geſchwindigkeit zu entfliehen, mit der es ankam? Mitten im Sommer wuͤrden ſtarke Hitze und ploͤtzlicher Froſt abwechſeln. Entſpringt aber die Waͤrme aus der Verbindung des Lichts mit der Waͤrmematerie, ſo wird das erſtere durch dieſe Verbindung gezwungen, laͤnger um die Erde und in ihr zu verweilen.
Der Schatten eines kleinen Koͤrpers bringt das Queckſilber in einem an freyer Sonne haͤngenden Thermometer nicht zum Fallen, wohl aber der Schatten groͤßerer Koͤrper, der die ganze Luft vor den Stralen der Sonne ſchuͤtzt — ein Beweis, daß dieſe Stralen auf das Thermometer nicht durch eine eigne Waͤrme, ſondern erſt mittelbar durch die in der Luft erregte wirken. Noch eine Erfahrung des Hrn. de Sauſſure, welche Hr. de Luc zu Beſtaͤtigung dieſer Saͤtze nuͤtzt, findet ſich in dem Zuſ. des Art. Waͤrmeſammler.
Die Sonnenſtralen bringen alſo Waͤrme hervor, aber ſie ſind nicht der Waͤrmeſtoff ſelbſt; denn ſobald ſie Waͤrme erzeugen, werden ſie ihrer vorigen Eigenſchaft beraubt, ſie ſtralen und leuchten nicht mehr. Die Sonnenſtralen aͤußern aber ihre Wirkung auf eine doppelte Art. Erſtlich bilden ſie neues Feuer, und zweytens dehnen ſie das ſchon vorhandene noch mehr aus, welche Eigenſchaft ſie mit allen fortleitenden
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