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[Gellert, Christian Fürchtegott]: Das Leben der Schwedischen Gräfinn von G.***. Bd. 1. Leipzig, 1747.

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Gräfinn von G **
hatte nachsetzen lassen. Wir waren nun-
mehr in Liefland; allein ich war deswe-
gen noch nicht sicher. Der Prinz wollte
mich in seiner Gewalt haben. Mein Vet-
ter, der mich nach Schweden gebracht
hatte, war todt, und ich wußte nicht,
welches Land ich zu meinem Aufenthalte
aussuchen sollte. Mein getreuer Beglei-
ter sollte mein Rathgeber werden. Er
schlug mir Holland vor, weil er in Am-
sterdam Freunde hatte, und er versi-
cherte mich, daß es mir an diesem Orte
gefallen würde. Hier können sie sich,
sagte er, ein Paar Jahre aufhalten, bis
sich die Umstände in Schweden ändern.
Vielleicht glückt es ihnen, daß sie durch
Vorbitte mit der Zeit einen Theil von ih-
res Gemahls Vermögen zurück bekom-
men.

Die Furcht, in des rachgierigen Prin-
zen Hände zu fallen, machte mir alle
Länder angenehmer, als mein Vaterland.

Jch
D 4

Gräfinn von G **
hatte nachſetzen laſſen. Wir waren nun-
mehr in Liefland; allein ich war deswe-
gen noch nicht ſicher. Der Prinz wollte
mich in ſeiner Gewalt haben. Mein Vet-
ter, der mich nach Schweden gebracht
hatte, war todt, und ich wußte nicht,
welches Land ich zu meinem Aufenthalte
ausſuchen ſollte. Mein getreuer Beglei-
ter ſollte mein Rathgeber werden. Er
ſchlug mir Holland vor, weil er in Am-
ſterdam Freunde hatte, und er verſi-
cherte mich, daß es mir an dieſem Orte
gefallen würde. Hier können ſie ſich,
ſagte er, ein Paar Jahre aufhalten, bis
ſich die Umſtände in Schweden ändern.
Vielleicht glückt es ihnen, daß ſie durch
Vorbitte mit der Zeit einen Theil von ih-
res Gemahls Vermögen zurück bekom-
men.

Die Furcht, in des rachgierigen Prin-
zen Hände zu fallen, machte mir alle
Länder angenehmer, als mein Vaterland.

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D 4
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[55/0055] Gräfinn von G ** hatte nachſetzen laſſen. Wir waren nun- mehr in Liefland; allein ich war deswe- gen noch nicht ſicher. Der Prinz wollte mich in ſeiner Gewalt haben. Mein Vet- ter, der mich nach Schweden gebracht hatte, war todt, und ich wußte nicht, welches Land ich zu meinem Aufenthalte ausſuchen ſollte. Mein getreuer Beglei- ter ſollte mein Rathgeber werden. Er ſchlug mir Holland vor, weil er in Am- ſterdam Freunde hatte, und er verſi- cherte mich, daß es mir an dieſem Orte gefallen würde. Hier können ſie ſich, ſagte er, ein Paar Jahre aufhalten, bis ſich die Umſtände in Schweden ändern. Vielleicht glückt es ihnen, daß ſie durch Vorbitte mit der Zeit einen Theil von ih- res Gemahls Vermögen zurück bekom- men. Die Furcht, in des rachgierigen Prin- zen Hände zu fallen, machte mir alle Länder angenehmer, als mein Vaterland. Jch D 4

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Zitationshilfe: [Gellert, Christian Fürchtegott]: Das Leben der Schwedischen Gräfinn von G.***. Bd. 1. Leipzig, 1747, S. 55. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gellert_leben01_1747/55>, abgerufen am 21.11.2024.