[Gellert, Christian Fürchtegott]: Das Leben der Schwedischen Gräfinn von G.***. Bd. 1. Leipzig, 1747.Leben der Schwedischen es gewiß gethan haben, wenn meine Um-stände und die Liebe mir zur Ehe gera- then hätten. Die Liebe und meine Phi- losophie sind einander gar nicht zuwider. Eine recht zufriedene Ehe bleibt nach allen Aussprüchen der Vernunft die größte Glückseligkeit des gesellschaftlichen Lebens. Zeigen sie mir nur eine Per- son, die mir anständig ist, und die ihnen die Versicherung giebt, daß sie mich zu besitzen wünscht: so werde ich sie, so bald ich sie kenne, mit der größten Zu- friedenheit zu meiner Gattinn wählen. Wir haben alle eine Pflicht, uns das Leben so vergnügt und anmuthig zu machen, als es möglich ist. Und wenn es wahrscheinlich ist, daß es durch die Liebe geschehen kann: so sind wir auch zur Liebe und Ehe verbunden. Allein, versetzte ich, sie haben ja, so lange ich sie kenne, gegen unser Geschlecht sehr gleichgültig zu seyn geschienen; wie kömmt es denn, daß sie der Liebe itzt das Wort reden?
Leben der Schwediſchen es gewiß gethan haben, wenn meine Um-ſtände und die Liebe mir zur Ehe gera- then hätten. Die Liebe und meine Phi- loſophie ſind einander gar nicht zuwider. Eine recht zufriedene Ehe bleibt nach allen Ausſprüchen der Vernunft die größte Glückſeligkeit des geſellſchaftlichen Lebens. Zeigen ſie mir nur eine Per- ſon, die mir anſtändig iſt, und die ihnen die Verſicherung giebt, daß ſie mich zu beſitzen wünſcht: ſo werde ich ſie, ſo bald ich ſie kenne, mit der größten Zu- friedenheit zu meiner Gattinn wählen. Wir haben alle eine Pflicht, uns das Leben ſo vergnügt und anmuthig zu machen, als es möglich iſt. Und wenn es wahrſcheinlich iſt, daß es durch die Liebe geſchehen kann: ſo ſind wir auch zur Liebe und Ehe verbunden. Allein, verſetzte ich, ſie haben ja, ſo lange ich ſie kenne, gegen unſer Geſchlecht ſehr gleichgültig zu ſeyn geſchienen; wie kömmt es denn, daß ſie der Liebe itzt das Wort reden?
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Leben der Schwediſchen
es gewiß gethan haben, wenn meine Um-
ſtände und die Liebe mir zur Ehe gera-
then hätten. Die Liebe und meine Phi-
loſophie ſind einander gar nicht zuwider.
Eine recht zufriedene Ehe bleibt nach
allen Ausſprüchen der Vernunft die
größte Glückſeligkeit des geſellſchaftlichen
Lebens. Zeigen ſie mir nur eine Per-
ſon, die mir anſtändig iſt, und die ihnen
die Verſicherung giebt, daß ſie mich zu
beſitzen wünſcht: ſo werde ich ſie, ſo
bald ich ſie kenne, mit der größten Zu-
friedenheit zu meiner Gattinn wählen.
Wir haben alle eine Pflicht, uns das
Leben ſo vergnügt und anmuthig zu
machen, als es möglich iſt. Und wenn
es wahrſcheinlich iſt, daß es durch die
Liebe geſchehen kann: ſo ſind wir auch
zur Liebe und Ehe verbunden. Allein,
verſetzte ich, ſie haben ja, ſo lange ich
ſie kenne, gegen unſer Geſchlecht ſehr
gleichgültig zu ſeyn geſchienen; wie kömmt
es denn, daß ſie der Liebe itzt das Wort
reden?
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