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Gercke, Hermann: Die Torpedowaffe. Berlin, 1898.

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Zweiter Abschnitt. Die verschiedenen, jetzt gebräuchlichen Torpedos.

Von lenkbaren Torpedos seien genannt Lay-, Sims-Edison-,
Nordenfeld-, Patrick-, Victoria- und Brennantorpedo, welch letzterer
von Maxim verbessert worden ist.

Von diesen Torpedos hat der zuerst genannte im chilenisch-
peruanischen Kriege auf peruanischer Seite Verwendung gefunden. Dem
Personal fehlte aber die Kenntniß der Waffe, und der Erfolg blieb aus
(vergl. S. 18). Der Torpedo wurde durch Kohlensäure getrieben, schwamm
an der Oberfläche und wurde vom festen Stande aus mit Kabeln ge-
steuert. Da die Waffe inzwischen veraltet ist, sei sie hier übergangen.

Der Sims-Edison- und der Nordenfeldtorpedo werden nur durch
Elektrizität, der Patricktorpedo durch Elektrizität und Kohlensäure,
der Victoriatorpedo durch Elektrizität und Preßluft, der Brennan-
torpedo durch mechanische Vorrichtungen getrieben.

Die lenkbaren Torpedos können von Schiffen oder Booten aus ent-
weder gar nicht, oder nur unter ganz bestimmten Bedingungen gebraucht
werden. Man findet sie daher nur als Küstenvertheidigungsmittel.

Diese Torpedos verlangen die rücksichtsvollste Behandlung,
bedingen große Kenntnisse des Bedienungspersonals, erfordern bei
den Zielstellen oder Beobachtungsstationen Dynamo- oder Dampf-
maschinen und haben außer ihrer Kostspieligkeit noch sonstige höchst
bedenkliche Nachtheile. Es dürfte namentlich schwer sein, mehrere
solcher Torpedos gleichzeitig an einer Stelle, d. h. sie also als zu-
sammenhängende Torpedobatterie zu verwenden. Nicht etwa, daß
Aufstellung etc. solches unmöglich machten, aber das Schießen dürfte
schwierig sein. Der Hauptvortheil der Torpedos, daß man dem
Feinde folgen kann, mag gelten. Es könnte aber das Treffen
schwieriger sein, als es den Anschein hat, man denke z. B. an
Pulverrauch. Trifft aber ein lenkbarer Torpedo nicht, so soll er
zur Station zurückkehren. Ist das Kabel dazu lang genug (was
keineswegs immer der Fall sein dürfte), so bildet es offenbar eine
Schleife. Ob diese Schleife für den Nachbartorpedo ein Hinderniß
bildet, bleibe dahingestellt. Jedenfalls können die Kabel sich ver-
wickeln, und wie lange Zeit es dauert, verwickelte Kabel wieder auf-
zurollen und zum Gebrauche wieder bereit zu stellen, ist unbestimmbar.
Auch dürfen die Kabel dabei nicht beschädigt werden.

Beim Brennantorpedo liegt die Leitung, wie später gezeigt
werden wird, über Wasser. Dieser Torpedo kann auch nicht zur

Zweiter Abſchnitt. Die verſchiedenen, jetzt gebräuchlichen Torpedos.

Von lenkbaren Torpedos ſeien genannt Lay-, Sims-Ediſon-,
Nordenfeld-, Patrick-, Victoria- und Brennantorpedo, welch letzterer
von Maxim verbeſſert worden iſt.

Von dieſen Torpedos hat der zuerſt genannte im chileniſch-
peruaniſchen Kriege auf peruaniſcher Seite Verwendung gefunden. Dem
Perſonal fehlte aber die Kenntniß der Waffe, und der Erfolg blieb aus
(vergl. S. 18). Der Torpedo wurde durch Kohlenſäure getrieben, ſchwamm
an der Oberfläche und wurde vom feſten Stande aus mit Kabeln ge-
ſteuert. Da die Waffe inzwiſchen veraltet iſt, ſei ſie hier übergangen.

Der Sims-Ediſon- und der Nordenfeldtorpedo werden nur durch
Elektrizität, der Patricktorpedo durch Elektrizität und Kohlenſäure,
der Victoriatorpedo durch Elektrizität und Preßluft, der Brennan-
torpedo durch mechaniſche Vorrichtungen getrieben.

Die lenkbaren Torpedos können von Schiffen oder Booten aus ent-
weder gar nicht, oder nur unter ganz beſtimmten Bedingungen gebraucht
werden. Man findet ſie daher nur als Küſtenvertheidigungsmittel.

Dieſe Torpedos verlangen die rückſichtsvollſte Behandlung,
bedingen große Kenntniſſe des Bedienungsperſonals, erfordern bei
den Zielſtellen oder Beobachtungsſtationen Dynamo- oder Dampf-
maſchinen und haben außer ihrer Koſtſpieligkeit noch ſonſtige höchſt
bedenkliche Nachtheile. Es dürfte namentlich ſchwer ſein, mehrere
ſolcher Torpedos gleichzeitig an einer Stelle, d. h. ſie alſo als zu-
ſammenhängende Torpedobatterie zu verwenden. Nicht etwa, daß
Aufſtellung etc. ſolches unmöglich machten, aber das Schießen dürfte
ſchwierig ſein. Der Hauptvortheil der Torpedos, daß man dem
Feinde folgen kann, mag gelten. Es könnte aber das Treffen
ſchwieriger ſein, als es den Anſchein hat, man denke z. B. an
Pulverrauch. Trifft aber ein lenkbarer Torpedo nicht, ſo ſoll er
zur Station zurückkehren. Iſt das Kabel dazu lang genug (was
keineswegs immer der Fall ſein dürfte), ſo bildet es offenbar eine
Schleife. Ob dieſe Schleife für den Nachbartorpedo ein Hinderniß
bildet, bleibe dahingeſtellt. Jedenfalls können die Kabel ſich ver-
wickeln, und wie lange Zeit es dauert, verwickelte Kabel wieder auf-
zurollen und zum Gebrauche wieder bereit zu ſtellen, iſt unbeſtimmbar.
Auch dürfen die Kabel dabei nicht beſchädigt werden.

Beim Brennantorpedo liegt die Leitung, wie ſpäter gezeigt
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[48/0062] Zweiter Abſchnitt. Die verſchiedenen, jetzt gebräuchlichen Torpedos. Von lenkbaren Torpedos ſeien genannt Lay-, Sims-Ediſon-, Nordenfeld-, Patrick-, Victoria- und Brennantorpedo, welch letzterer von Maxim verbeſſert worden iſt. Von dieſen Torpedos hat der zuerſt genannte im chileniſch- peruaniſchen Kriege auf peruaniſcher Seite Verwendung gefunden. Dem Perſonal fehlte aber die Kenntniß der Waffe, und der Erfolg blieb aus (vergl. S. 18). Der Torpedo wurde durch Kohlenſäure getrieben, ſchwamm an der Oberfläche und wurde vom feſten Stande aus mit Kabeln ge- ſteuert. Da die Waffe inzwiſchen veraltet iſt, ſei ſie hier übergangen. Der Sims-Ediſon- und der Nordenfeldtorpedo werden nur durch Elektrizität, der Patricktorpedo durch Elektrizität und Kohlenſäure, der Victoriatorpedo durch Elektrizität und Preßluft, der Brennan- torpedo durch mechaniſche Vorrichtungen getrieben. Die lenkbaren Torpedos können von Schiffen oder Booten aus ent- weder gar nicht, oder nur unter ganz beſtimmten Bedingungen gebraucht werden. Man findet ſie daher nur als Küſtenvertheidigungsmittel. Dieſe Torpedos verlangen die rückſichtsvollſte Behandlung, bedingen große Kenntniſſe des Bedienungsperſonals, erfordern bei den Zielſtellen oder Beobachtungsſtationen Dynamo- oder Dampf- maſchinen und haben außer ihrer Koſtſpieligkeit noch ſonſtige höchſt bedenkliche Nachtheile. Es dürfte namentlich ſchwer ſein, mehrere ſolcher Torpedos gleichzeitig an einer Stelle, d. h. ſie alſo als zu- ſammenhängende Torpedobatterie zu verwenden. Nicht etwa, daß Aufſtellung etc. ſolches unmöglich machten, aber das Schießen dürfte ſchwierig ſein. Der Hauptvortheil der Torpedos, daß man dem Feinde folgen kann, mag gelten. Es könnte aber das Treffen ſchwieriger ſein, als es den Anſchein hat, man denke z. B. an Pulverrauch. Trifft aber ein lenkbarer Torpedo nicht, ſo ſoll er zur Station zurückkehren. Iſt das Kabel dazu lang genug (was keineswegs immer der Fall ſein dürfte), ſo bildet es offenbar eine Schleife. Ob dieſe Schleife für den Nachbartorpedo ein Hinderniß bildet, bleibe dahingeſtellt. Jedenfalls können die Kabel ſich ver- wickeln, und wie lange Zeit es dauert, verwickelte Kabel wieder auf- zurollen und zum Gebrauche wieder bereit zu ſtellen, iſt unbeſtimmbar. Auch dürfen die Kabel dabei nicht beſchädigt werden. Beim Brennantorpedo liegt die Leitung, wie ſpäter gezeigt werden wird, über Waſſer. Dieſer Torpedo kann auch nicht zur

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Zitationshilfe: Gercke, Hermann: Die Torpedowaffe. Berlin, 1898, S. 48. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gercke_torpedowaffe_1898/62>, abgerufen am 27.11.2024.