Gerstäcker, Friedrich: Germelshausen. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 21. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 21–119. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.Dieses aber lag viel näher, als Arnold dem Klange der gesprungenen Glocke nach vermuthet hatte, denn das, was der junge Mann von weitem nur für ein Erlendickicht gehalten, zeigte sich, als sie näher kamen, als eine heckenumzogene Reihe von Obstbäumen, hinter denen dicht versteckt, aber im Norden und Nordosten von weiten Feldern umgeben, das alte Dorf mit seinem niedrigen Kirchthurme und seinen rauchgeschwärzten Häusern lag. Hier auch betraten sie zuerst eine gut angelegte und feste Straße, an beiden Seiten mit Obstbäumen bepflanzt. Ueber dem Dorfe aber hing der düstere Höhenrauch, den Arnold schon von weitem gesehen, und brach das helle Sonnenlicht, das nur mit einem gelblich unheimlichen Scheine auf die alten, grauen, verwitterten Dächer fallen konnte. -- Arnold aber hatte für das Alles kaum einen Blick, denn die an seiner Seite hinschreitende Gertrud faßte, als sie sich den ersten Häusern näherten, langsam seine Hand, und diese in der ihren haltend, schritt sie mit ihm in die nächste Straße ein. Ein wunderbares Gefühl durchzuckte den jungen, lebensfrischen Burschen bei der Berührung dieser warmen Hand, und unwillkürlich fast suchte sein Blick dem des jungen Mädchen zu begegnen. Aber Gertrude schaute nicht zu ihm hinüber; das Auge züchtig am Boden haftend, führte sie den Gast ihres Vaters Hause zu, und Arnolds Aufmerksamkeit wurde endlich auch auf die ihm begegnenden Dorfbewohner gelenkt, die alle still an ihm vorüber gingen, ohne ihn zu grüßen. Dieses aber lag viel näher, als Arnold dem Klange der gesprungenen Glocke nach vermuthet hatte, denn das, was der junge Mann von weitem nur für ein Erlendickicht gehalten, zeigte sich, als sie näher kamen, als eine heckenumzogene Reihe von Obstbäumen, hinter denen dicht versteckt, aber im Norden und Nordosten von weiten Feldern umgeben, das alte Dorf mit seinem niedrigen Kirchthurme und seinen rauchgeschwärzten Häusern lag. Hier auch betraten sie zuerst eine gut angelegte und feste Straße, an beiden Seiten mit Obstbäumen bepflanzt. Ueber dem Dorfe aber hing der düstere Höhenrauch, den Arnold schon von weitem gesehen, und brach das helle Sonnenlicht, das nur mit einem gelblich unheimlichen Scheine auf die alten, grauen, verwitterten Dächer fallen konnte. — Arnold aber hatte für das Alles kaum einen Blick, denn die an seiner Seite hinschreitende Gertrud faßte, als sie sich den ersten Häusern näherten, langsam seine Hand, und diese in der ihren haltend, schritt sie mit ihm in die nächste Straße ein. Ein wunderbares Gefühl durchzuckte den jungen, lebensfrischen Burschen bei der Berührung dieser warmen Hand, und unwillkürlich fast suchte sein Blick dem des jungen Mädchen zu begegnen. Aber Gertrude schaute nicht zu ihm hinüber; das Auge züchtig am Boden haftend, führte sie den Gast ihres Vaters Hause zu, und Arnolds Aufmerksamkeit wurde endlich auch auf die ihm begegnenden Dorfbewohner gelenkt, die alle still an ihm vorüber gingen, ohne ihn zu grüßen. <TEI> <text> <body> <div type="chapter" n="0"> <pb facs="#f0018"/> <p>Dieses aber lag viel näher, als Arnold dem Klange der gesprungenen Glocke nach vermuthet hatte, denn das, was der junge Mann von weitem nur für ein Erlendickicht gehalten, zeigte sich, als sie näher kamen, als eine heckenumzogene Reihe von Obstbäumen, hinter denen dicht versteckt, aber im Norden und Nordosten von weiten Feldern umgeben, das alte Dorf mit seinem niedrigen Kirchthurme und seinen rauchgeschwärzten Häusern lag.</p><lb/> <p>Hier auch betraten sie zuerst eine gut angelegte und feste Straße, an beiden Seiten mit Obstbäumen bepflanzt. Ueber dem Dorfe aber hing der düstere Höhenrauch, den Arnold schon von weitem gesehen, und brach das helle Sonnenlicht, das nur mit einem gelblich unheimlichen Scheine auf die alten, grauen, verwitterten Dächer fallen konnte. — Arnold aber hatte für das Alles kaum einen Blick, denn die an seiner Seite hinschreitende Gertrud faßte, als sie sich den ersten Häusern näherten, langsam seine Hand, und diese in der ihren haltend, schritt sie mit ihm in die nächste Straße ein.</p><lb/> <p>Ein wunderbares Gefühl durchzuckte den jungen, lebensfrischen Burschen bei der Berührung dieser warmen Hand, und unwillkürlich fast suchte sein Blick dem des jungen Mädchen zu begegnen. Aber Gertrude schaute nicht zu ihm hinüber; das Auge züchtig am Boden haftend, führte sie den Gast ihres Vaters Hause zu, und Arnolds Aufmerksamkeit wurde endlich auch auf die ihm begegnenden Dorfbewohner gelenkt, die alle still an ihm vorüber gingen, ohne ihn zu grüßen.</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [0018]
Dieses aber lag viel näher, als Arnold dem Klange der gesprungenen Glocke nach vermuthet hatte, denn das, was der junge Mann von weitem nur für ein Erlendickicht gehalten, zeigte sich, als sie näher kamen, als eine heckenumzogene Reihe von Obstbäumen, hinter denen dicht versteckt, aber im Norden und Nordosten von weiten Feldern umgeben, das alte Dorf mit seinem niedrigen Kirchthurme und seinen rauchgeschwärzten Häusern lag.
Hier auch betraten sie zuerst eine gut angelegte und feste Straße, an beiden Seiten mit Obstbäumen bepflanzt. Ueber dem Dorfe aber hing der düstere Höhenrauch, den Arnold schon von weitem gesehen, und brach das helle Sonnenlicht, das nur mit einem gelblich unheimlichen Scheine auf die alten, grauen, verwitterten Dächer fallen konnte. — Arnold aber hatte für das Alles kaum einen Blick, denn die an seiner Seite hinschreitende Gertrud faßte, als sie sich den ersten Häusern näherten, langsam seine Hand, und diese in der ihren haltend, schritt sie mit ihm in die nächste Straße ein.
Ein wunderbares Gefühl durchzuckte den jungen, lebensfrischen Burschen bei der Berührung dieser warmen Hand, und unwillkürlich fast suchte sein Blick dem des jungen Mädchen zu begegnen. Aber Gertrude schaute nicht zu ihm hinüber; das Auge züchtig am Boden haftend, führte sie den Gast ihres Vaters Hause zu, und Arnolds Aufmerksamkeit wurde endlich auch auf die ihm begegnenden Dorfbewohner gelenkt, die alle still an ihm vorüber gingen, ohne ihn zu grüßen.
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