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Gerstner, Franz Joseph von: Handbuch der Mechanik. Bd. 3: Beschreibung und Berechnung grösserer Maschinenanlagen. Wien, 1834.

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Kolbenreibung.
zional oder bei einer n fachen Druckhöhe auch n mal so gross sey. Einige Schriftsteller
wollen die Zunahme der Reibung nach der Geschwindigkeit berechnen, mit welcher das
Wasser am Umfange des Kolbens zu entweichen trachtet. Da sich diese Geschwindigkeit
wie die Quadratwurzel aus der Druckhöhe verhält, so wäre die Reibung des Kolbens
bei einer doppelten Druckhöhe nur [Formel 1] = 1,4 mal so gross, als bei der einfachen Druck-
höhe. Herr von Baader führt in seiner vollständigen Theorie der Saug- und Hebepumpen
an, dass die Reibung bei einer doppelten Druckhöhe der Erfahrung zu Folge beiläufig
1,5 mal so gross sey, als bei der einfachen Druckhöhe. So lange jedoch keine genauen, oft
wiederholten Beobachtungen hierüber vorliegen, wollen wir, wie Herr von Langsdorf,
Eytelwein
u. a. die Reibung der Kolben der Höhe der drückenden Wassersäulen propor-
zional annehmen.

§. 200.

Die Kolbenreibung ist nebst der Druckhöhe H auch dem Durchmesser D des Kolbens
oder eigentlich des Kolbenrohres, dann der Höhe h des Ringes, in welchem die Reibung
Statt findet, proporzional, weil mit Zunahme dieses Durchmessers und der Höhe h auch
die Anzahl der reibenden Punkte, folglich die Reibung wächst. Nennen wir den Rel-
bungskoeffizienten m', so ist die Kolbenreibung = 56,4 m' . D . H . h. Es wird am zweck-
mässigsten seyn, diese Reibung durch das Gewicht einer Wassersäule auszudrücken,
welche die innere Fläche des Kolbens F zur Basis und die Grösse x zur Höhe hat; die
Reibung ist also auch = 56,4 F . x = 56,4 . [Formel 2] . D2 . x und nach dem Obigen
= 56,4 m' . D . H . h. Hieraus folgt die Höhe der Wassersäule, welche die Grösse der Kol-
benreibung ausdrückt x = [Formel 3] . Setzen wir den Koeffizienten in diesem Ausdrucke
[Formel 4] = m, so ist die Höhe der Wassersäule, welche der Reibung am Kolben ent-
spricht, x = m · [Formel 5] und die Reibung selbst = 56,4 F . x = 56,4 F . m . [Formel 6] .

§. 201.

Zur Bestimmung des Koeffizienten m wurden an dem technischen Institute zu Prag
im Jahre 1830 mehrere Versuche angestellt, wovon wir einige anführen wollen.

Der messingene Zylinder, dessen man sich bediente, war gebohrt 2,5 N. Oe.
Fuss hoch und hatte einen Durchmesser von 33/4 Zoll = 5/16 Fuss. Eben so gross waren
die Durchmesser der Kolben, welche verschiedene Höhen oder Dicken hatten. An jedem
Kolben war eine schmiedeiserne 4 Fuss lange Kolbenstange befestigt. Auf diese Kolben-
stange wurde oben ein flaches Bret oder Waagschale zur Aufnahme der Gewichte ange-
bracht; das Gewicht des Kolbens sammt der Kolbenstange und dem Brete aber für sich
abgewogen. Mit dem untern Theile des Kolbenrohrs war ein Steigrohr von 36 Fuss Höhe
in Verbindung, welches durch einen Hahn von dem Zylinder abgeschlossen werden konnte.

Bei den Versuchen wurde nun das Steigrohr und Kolbenrohr mit Wasser gefüllt,
der Hahn abgeschlossen und auf die Waagschale ein Gewicht aufgelegt, welches etwas
grösser, als das Gewicht der drückenden Wassersäule war. Der Hahn wurde sodann geöff-
net, und das aufgelegte Gewicht so lange vermehrt, bis der Kolben eine gleichförmige
Bewegung nach abwärts annahm Hatte der Kolben den tiefsten Stand erreicht, so wurden

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Kolbenreibung.
zional oder bei einer n fachen Druckhöhe auch n mal so gross sey. Einige Schriftsteller
wollen die Zunahme der Reibung nach der Geschwindigkeit berechnen, mit welcher das
Wasser am Umfange des Kolbens zu entweichen trachtet. Da sich diese Geschwindigkeit
wie die Quadratwurzel aus der Druckhöhe verhält, so wäre die Reibung des Kolbens
bei einer doppelten Druckhöhe nur [Formel 1] = 1,4 mal so gross, als bei der einfachen Druck-
höhe. Herr von Baader führt in seiner vollständigen Theorie der Saug- und Hebepumpen
an, dass die Reibung bei einer doppelten Druckhöhe der Erfahrung zu Folge beiläufig
1,5 mal so gross sey, als bei der einfachen Druckhöhe. So lange jedoch keine genauen, oft
wiederholten Beobachtungen hierüber vorliegen, wollen wir, wie Herr von Langsdorf,
Eytelwein
u. a. die Reibung der Kolben der Höhe der drückenden Wassersäulen propor-
zional annehmen.

§. 200.

Die Kolbenreibung ist nebst der Druckhöhe H auch dem Durchmesser D des Kolbens
oder eigentlich des Kolbenrohres, dann der Höhe h des Ringes, in welchem die Reibung
Statt findet, proporzional, weil mit Zunahme dieses Durchmessers und der Höhe h auch
die Anzahl der reibenden Punkte, folglich die Reibung wächst. Nennen wir den Rel-
bungskoeffizienten μ', so ist die Kolbenreibung = 56,4 μ' . D . H . h. Es wird am zweck-
mässigsten seyn, diese Reibung durch das Gewicht einer Wassersäule auszudrücken,
welche die innere Fläche des Kolbens F zur Basis und die Grösse x zur Höhe hat; die
Reibung ist also auch = 56,4 F . x = 56,4 . [Formel 2] . D2 . x und nach dem Obigen
= 56,4 μ' . D . H . h. Hieraus folgt die Höhe der Wassersäule, welche die Grösse der Kol-
benreibung ausdrückt x = [Formel 3] . Setzen wir den Koeffizienten in diesem Ausdrucke
[Formel 4] = μ, so ist die Höhe der Wassersäule, welche der Reibung am Kolben ent-
spricht, x = μ · [Formel 5] und die Reibung selbst = 56,4 F . x = 56,4 F . μ . [Formel 6] .

§. 201.

Zur Bestimmung des Koeffizienten μ wurden an dem technischen Institute zu Prag
im Jahre 1830 mehrere Versuche angestellt, wovon wir einige anführen wollen.

Der messingene Zylinder, dessen man sich bediente, war gebohrt 2,5 N. Oe.
Fuss hoch und hatte einen Durchmesser von 3¾ Zoll = 5/16 Fuss. Eben so gross waren
die Durchmesser der Kolben, welche verschiedene Höhen oder Dicken hatten. An jedem
Kolben war eine schmiedeiserne 4 Fuss lange Kolbenstange befestigt. Auf diese Kolben-
stange wurde oben ein flaches Bret oder Waagschale zur Aufnahme der Gewichte ange-
bracht; das Gewicht des Kolbens sammt der Kolbenstange und dem Brete aber für sich
abgewogen. Mit dem untern Theile des Kolbenrohrs war ein Steigrohr von 36 Fuss Höhe
in Verbindung, welches durch einen Hahn von dem Zylinder abgeschlossen werden konnte.

Bei den Versuchen wurde nun das Steigrohr und Kolbenrohr mit Wasser gefüllt,
der Hahn abgeschlossen und auf die Waagschale ein Gewicht aufgelegt, welches etwas
grösser, als das Gewicht der drückenden Wassersäule war. Der Hahn wurde sodann geöff-
net, und das aufgelegte Gewicht so lange vermehrt, bis der Kolben eine gleichförmige
Bewegung nach abwärts annahm Hatte der Kolben den tiefsten Stand erreicht, so wurden

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[275/0311] Kolbenreibung. zional oder bei einer n fachen Druckhöhe auch n mal so gross sey. Einige Schriftsteller wollen die Zunahme der Reibung nach der Geschwindigkeit berechnen, mit welcher das Wasser am Umfange des Kolbens zu entweichen trachtet. Da sich diese Geschwindigkeit wie die Quadratwurzel aus der Druckhöhe verhält, so wäre die Reibung des Kolbens bei einer doppelten Druckhöhe nur [FORMEL] = 1,4 mal so gross, als bei der einfachen Druck- höhe. Herr von Baader führt in seiner vollständigen Theorie der Saug- und Hebepumpen an, dass die Reibung bei einer doppelten Druckhöhe der Erfahrung zu Folge beiläufig 1,5 mal so gross sey, als bei der einfachen Druckhöhe. So lange jedoch keine genauen, oft wiederholten Beobachtungen hierüber vorliegen, wollen wir, wie Herr von Langsdorf, Eytelwein u. a. die Reibung der Kolben der Höhe der drückenden Wassersäulen propor- zional annehmen. §. 200. Die Kolbenreibung ist nebst der Druckhöhe H auch dem Durchmesser D des Kolbens oder eigentlich des Kolbenrohres, dann der Höhe h des Ringes, in welchem die Reibung Statt findet, proporzional, weil mit Zunahme dieses Durchmessers und der Höhe h auch die Anzahl der reibenden Punkte, folglich die Reibung wächst. Nennen wir den Rel- bungskoeffizienten μ', so ist die Kolbenreibung = 56,4 μ' . D . H . h. Es wird am zweck- mässigsten seyn, diese Reibung durch das Gewicht einer Wassersäule auszudrücken, welche die innere Fläche des Kolbens F zur Basis und die Grösse x zur Höhe hat; die Reibung ist also auch = 56,4 F . x = 56,4 . [FORMEL] . D2 . x und nach dem Obigen = 56,4 μ' . D . H . h. Hieraus folgt die Höhe der Wassersäule, welche die Grösse der Kol- benreibung ausdrückt x = [FORMEL]. Setzen wir den Koeffizienten in diesem Ausdrucke [FORMEL] = μ, so ist die Höhe der Wassersäule, welche der Reibung am Kolben ent- spricht, x = μ · [FORMEL] und die Reibung selbst = 56,4 F . x = 56,4 F . μ . [FORMEL]. §. 201. Zur Bestimmung des Koeffizienten μ wurden an dem technischen Institute zu Prag im Jahre 1830 mehrere Versuche angestellt, wovon wir einige anführen wollen. Der messingene Zylinder, dessen man sich bediente, war gebohrt 2,5 N. Oe. Fuss hoch und hatte einen Durchmesser von 3¾ Zoll = 5/16 Fuss. Eben so gross waren die Durchmesser der Kolben, welche verschiedene Höhen oder Dicken hatten. An jedem Kolben war eine schmiedeiserne 4 Fuss lange Kolbenstange befestigt. Auf diese Kolben- stange wurde oben ein flaches Bret oder Waagschale zur Aufnahme der Gewichte ange- bracht; das Gewicht des Kolbens sammt der Kolbenstange und dem Brete aber für sich abgewogen. Mit dem untern Theile des Kolbenrohrs war ein Steigrohr von 36 Fuss Höhe in Verbindung, welches durch einen Hahn von dem Zylinder abgeschlossen werden konnte. Bei den Versuchen wurde nun das Steigrohr und Kolbenrohr mit Wasser gefüllt, der Hahn abgeschlossen und auf die Waagschale ein Gewicht aufgelegt, welches etwas grösser, als das Gewicht der drückenden Wassersäule war. Der Hahn wurde sodann geöff- net, und das aufgelegte Gewicht so lange vermehrt, bis der Kolben eine gleichförmige Bewegung nach abwärts annahm Hatte der Kolben den tiefsten Stand erreicht, so wurden 35*

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Zitationshilfe: Gerstner, Franz Joseph von: Handbuch der Mechanik. Bd. 3: Beschreibung und Berechnung grösserer Maschinenanlagen. Wien, 1834, S. 275. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gerstner_mechanik03_1834/311>, abgerufen am 22.11.2024.