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Gessert, Ferdinand: Ueber den Begriff und die Wichtigkeit der Schulzucht besonders für die Volksschulen. Münster, 1826.

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Daher zerfällt der Begriff der Gemeinsamkeit in
diese drei: Ordnung, Reinlichkeit, Sittsamkeit. Die
Ordnung verlangt Beobachtung des Raumes, daß
jeder Schüler und jedes Ding, welches er braucht,
seinen gewissen Platz habe und stets bekomme,
ebenso Beobachtung der Zeit, wie die Geschäfte der
Schule auf einander folgen, und wie lange sie im
Ganzen und Einzelnen dauern sollen. Die Rein-
lichkeit
fodert, daß ein jeder Acht habe auf sich
selbst sowol hinsichtlich seines Leibes und seiner Klei-
dung als auch wegen des Orts und der Geräthe der
Schule. Die Sittsamkeit befiehlt ihm seinen Mit-
genossen Achtung zu erweisen, in Geberde, Wort und
That das Unanständige zu unterlassen und das Gezie-
mende zu vollbringen. Alle Vorschriften und Ein-
richtungen, welche dies bezwecken, werden das erste
Kapitel der Schulzucht ausmachen. Weiter kann es
aber auch nichts ertheilen, weil hier noch nicht von
dem Unterschiede zwischen dem Lehrer und den Schü-
lern die Rede ist, als nur in so fern diese an jenen
wie Glieder an das Haupt sich anschließen; ja auch
nicht einmal die innere Verschiedenheit und Güte der
einzelnen Schüler kommt hier in Betracht, sondern
allein die gleichen Rechte und Pflichten derselben als
Theile einer gesitteten Gesellschaft. Deshalb kann
man sagen, daß alle in diesem Kapitel aufzustellende
Regeln mehr einen verneinenden Character haben müs-
sen als einen bestimmenden, daß sie meistens nur
verlangen können: Du sollst das nicht thun! weil ja
in jeder Gesellschaft (und je mehr, je gesitteter sie ist)
der einzelne Theilnehmer, wenn er das unterläßt,

Daher zerfaͤllt der Begriff der Gemeinſamkeit in
dieſe drei: Ordnung, Reinlichkeit, Sittſamkeit. Die
Ordnung verlangt Beobachtung des Raumes, daß
jeder Schuͤler und jedes Ding, welches er braucht,
ſeinen gewiſſen Platz habe und ſtets bekomme,
ebenſo Beobachtung der Zeit, wie die Geſchaͤfte der
Schule auf einander folgen, und wie lange ſie im
Ganzen und Einzelnen dauern ſollen. Die Rein-
lichkeit
fodert, daß ein jeder Acht habe auf ſich
ſelbſt ſowol hinſichtlich ſeines Leibes und ſeiner Klei-
dung als auch wegen des Orts und der Geraͤthe der
Schule. Die Sittſamkeit befiehlt ihm ſeinen Mit-
genoſſen Achtung zu erweiſen, in Geberde, Wort und
That das Unanſtaͤndige zu unterlaſſen und das Gezie-
mende zu vollbringen. Alle Vorſchriften und Ein-
richtungen, welche dies bezwecken, werden das erſte
Kapitel der Schulzucht ausmachen. Weiter kann es
aber auch nichts ertheilen, weil hier noch nicht von
dem Unterſchiede zwiſchen dem Lehrer und den Schuͤ-
lern die Rede iſt, als nur in ſo fern dieſe an jenen
wie Glieder an das Haupt ſich anſchließen; ja auch
nicht einmal die innere Verſchiedenheit und Guͤte der
einzelnen Schuͤler kommt hier in Betracht, ſondern
allein die gleichen Rechte und Pflichten derſelben als
Theile einer geſitteten Geſellſchaft. Deshalb kann
man ſagen, daß alle in dieſem Kapitel aufzuſtellende
Regeln mehr einen verneinenden Character haben muͤſ-
ſen als einen beſtimmenden, daß ſie meiſtens nur
verlangen koͤnnen: Du ſollſt das nicht thun! weil ja
in jeder Geſellſchaft (und je mehr, je geſitteter ſie iſt)
der einzelne Theilnehmer, wenn er das unterlaͤßt,

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[23/0031] Daher zerfaͤllt der Begriff der Gemeinſamkeit in dieſe drei: Ordnung, Reinlichkeit, Sittſamkeit. Die Ordnung verlangt Beobachtung des Raumes, daß jeder Schuͤler und jedes Ding, welches er braucht, ſeinen gewiſſen Platz habe und ſtets bekomme, ebenſo Beobachtung der Zeit, wie die Geſchaͤfte der Schule auf einander folgen, und wie lange ſie im Ganzen und Einzelnen dauern ſollen. Die Rein- lichkeit fodert, daß ein jeder Acht habe auf ſich ſelbſt ſowol hinſichtlich ſeines Leibes und ſeiner Klei- dung als auch wegen des Orts und der Geraͤthe der Schule. Die Sittſamkeit befiehlt ihm ſeinen Mit- genoſſen Achtung zu erweiſen, in Geberde, Wort und That das Unanſtaͤndige zu unterlaſſen und das Gezie- mende zu vollbringen. Alle Vorſchriften und Ein- richtungen, welche dies bezwecken, werden das erſte Kapitel der Schulzucht ausmachen. Weiter kann es aber auch nichts ertheilen, weil hier noch nicht von dem Unterſchiede zwiſchen dem Lehrer und den Schuͤ- lern die Rede iſt, als nur in ſo fern dieſe an jenen wie Glieder an das Haupt ſich anſchließen; ja auch nicht einmal die innere Verſchiedenheit und Guͤte der einzelnen Schuͤler kommt hier in Betracht, ſondern allein die gleichen Rechte und Pflichten derſelben als Theile einer geſitteten Geſellſchaft. Deshalb kann man ſagen, daß alle in dieſem Kapitel aufzuſtellende Regeln mehr einen verneinenden Character haben muͤſ- ſen als einen beſtimmenden, daß ſie meiſtens nur verlangen koͤnnen: Du ſollſt das nicht thun! weil ja in jeder Geſellſchaft (und je mehr, je geſitteter ſie iſt) der einzelne Theilnehmer, wenn er das unterlaͤßt,

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Zitationshilfe: Gessert, Ferdinand: Ueber den Begriff und die Wichtigkeit der Schulzucht besonders für die Volksschulen. Münster, 1826, S. 23. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gessert_schulzucht_1826/31>, abgerufen am 21.11.2024.