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[Gessner, Christian Friedrich]: Die so nöthig als nützliche Buchdruckerkunst und Schriftgießerey. Bd. 1. Leipzig, 1740.

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von Erfindung der edlen Buchdruckerkunst.
len Eifer heraus, es muß wohl wahr seyn, denn son-
sten würden die Gespräche nicht öffentlich gedruckt
davon zu haben seyn. Die Nachbarin, welche mir
etwas klüger schiene, erwiederte, man druckt auch er-
dichtete Dinge, ja wohl gar offenbahre Unwahrhei-
ten. Sollte man nicht auch erdichtete Erzehlungen,
zumal von dem Ruhm seiner Vorfahren, in öffent-
lichen Stellen aufbehalten? Jch finde mehr Ursachen
solches von den Straßburgischen Chronicken zu beja-
hen, als zu verneinen. Woher will man mir erwei-
sen, daß diese Chronicken auf öffentlichem Befehl ge-
schrieben worden wären? Man weiß ja nicht einmal
wer die erste verfertiget, von der andern weiß man
zwar den Verfasser, alleine die Zeit, wenn dieser Herr
Baumeister Specklin gelebet, und seine Chronick
verfertiget, ist wiederum unbekannt. Aus Specklins
eigenen Worten sollte man freylich die Zeiten bey na-
he errathen können, wenn er gelebet; Denn er will ja
Mentelins erste Presse und die Art zu drucken gese-
hen haben, dahero er nicht lange nach Mentelins
Tod, oder vielleicht gar bey seinem Leben, gelebt zu
haben scheinet. Alleine, diesen Schein verdunckelt seine
Schreibart wiederum gäntzlich. Es erreichet solche
keineswegs diejenigen Zeiten, um welche Mentelin
gelebet haben soll, nemlich 1440. Dazumal war die
teutsche Sprache noch viel rauher, als Specklins
seine. Diese ist weit jünger. Je jünger sie aber ist,
desto weniger beweißt sie etwas. Komme ich erst
auf die Erzehlung selbsten, so gerathe ich völlig auf die
Gedancken, daß beyde Chronicken mit erdichteten,
oder gäntzlich verwirrten, Nachrichten angefüllet sind.
Mentelin soll der erste Erfinder gewesen seyn, und
war 1440. Dieses ist offenbar falsch. Jacob

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C 4

von Erfindung der edlen Buchdruckerkunſt.
len Eifer heraus, es muß wohl wahr ſeyn, denn ſon-
ſten wuͤrden die Geſpraͤche nicht oͤffentlich gedruckt
davon zu haben ſeyn. Die Nachbarin, welche mir
etwas kluͤger ſchiene, erwiederte, man druckt auch er-
dichtete Dinge, ja wohl gar offenbahre Unwahrhei-
ten. Sollte man nicht auch erdichtete Erzehlungen,
zumal von dem Ruhm ſeiner Vorfahren, in oͤffent-
lichen Stellen aufbehalten? Jch finde mehr Urſachen
ſolches von den Straßburgiſchen Chronicken zu beja-
hen, als zu verneinen. Woher will man mir erwei-
ſen, daß dieſe Chronicken auf oͤffentlichem Befehl ge-
ſchrieben worden waͤren? Man weiß ja nicht einmal
wer die erſte verfertiget, von der andern weiß man
zwar den Verfaſſer, alleine die Zeit, wenn dieſer Herr
Baumeiſter Specklin gelebet, und ſeine Chronick
verfertiget, iſt wiederum unbekannt. Aus Specklins
eigenen Worten ſollte man freylich die Zeiten bey na-
he errathen koͤnnen, wenn er gelebet; Denn er will ja
Mentelins erſte Preſſe und die Art zu drucken geſe-
hen haben, dahero er nicht lange nach Mentelins
Tod, oder vielleicht gar bey ſeinem Leben, gelebt zu
haben ſcheinet. Alleine, dieſen Schein verdunckelt ſeine
Schreibart wiederum gaͤntzlich. Es erreichet ſolche
keineswegs diejenigen Zeiten, um welche Mentelin
gelebet haben ſoll, nemlich 1440. Dazumal war die
teutſche Sprache noch viel rauher, als Specklins
ſeine. Dieſe iſt weit juͤnger. Je juͤnger ſie aber iſt,
deſto weniger beweißt ſie etwas. Komme ich erſt
auf die Erzehlung ſelbſten, ſo gerathe ich voͤllig auf die
Gedancken, daß beyde Chronicken mit erdichteten,
oder gaͤntzlich verwirrten, Nachrichten angefuͤllet ſind.
Mentelin ſoll der erſte Erfinder geweſen ſeyn, und
war 1440. Dieſes iſt offenbar falſch. Jacob

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[39/0075] von Erfindung der edlen Buchdruckerkunſt. len Eifer heraus, es muß wohl wahr ſeyn, denn ſon- ſten wuͤrden die Geſpraͤche nicht oͤffentlich gedruckt davon zu haben ſeyn. Die Nachbarin, welche mir etwas kluͤger ſchiene, erwiederte, man druckt auch er- dichtete Dinge, ja wohl gar offenbahre Unwahrhei- ten. Sollte man nicht auch erdichtete Erzehlungen, zumal von dem Ruhm ſeiner Vorfahren, in oͤffent- lichen Stellen aufbehalten? Jch finde mehr Urſachen ſolches von den Straßburgiſchen Chronicken zu beja- hen, als zu verneinen. Woher will man mir erwei- ſen, daß dieſe Chronicken auf oͤffentlichem Befehl ge- ſchrieben worden waͤren? Man weiß ja nicht einmal wer die erſte verfertiget, von der andern weiß man zwar den Verfaſſer, alleine die Zeit, wenn dieſer Herr Baumeiſter Specklin gelebet, und ſeine Chronick verfertiget, iſt wiederum unbekannt. Aus Specklins eigenen Worten ſollte man freylich die Zeiten bey na- he errathen koͤnnen, wenn er gelebet; Denn er will ja Mentelins erſte Preſſe und die Art zu drucken geſe- hen haben, dahero er nicht lange nach Mentelins Tod, oder vielleicht gar bey ſeinem Leben, gelebt zu haben ſcheinet. Alleine, dieſen Schein verdunckelt ſeine Schreibart wiederum gaͤntzlich. Es erreichet ſolche keineswegs diejenigen Zeiten, um welche Mentelin gelebet haben ſoll, nemlich 1440. Dazumal war die teutſche Sprache noch viel rauher, als Specklins ſeine. Dieſe iſt weit juͤnger. Je juͤnger ſie aber iſt, deſto weniger beweißt ſie etwas. Komme ich erſt auf die Erzehlung ſelbſten, ſo gerathe ich voͤllig auf die Gedancken, daß beyde Chronicken mit erdichteten, oder gaͤntzlich verwirrten, Nachrichten angefuͤllet ſind. Mentelin ſoll der erſte Erfinder geweſen ſeyn, und war 1440. Dieſes iſt offenbar falſch. Jacob Wim- C 4

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Zitationshilfe: [Gessner, Christian Friedrich]: Die so nöthig als nützliche Buchdruckerkunst und Schriftgießerey. Bd. 1. Leipzig, 1740, S. 39. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gessner_buchdruckerkunst01_1740/75>, abgerufen am 24.11.2024.